Das Wasser der Päpste

31. Juli 2015 | von

Die Brunnen in Rom sind eine Lebensader der italienischen Metropole. Bei einem Gang durch die Stadt begegnet man ihnen auf Schritt und Tritt.




Vor fast 150 Jahren haben die Päpste die politische Verantwortung für die Ewige Stadt an Italien abgetreten. Doch eine ihrer weltlichen Maßnahmen wirkt noch heute nach und beschert ihnen die Dankbarkeit der Römer: Sie haben das imponierende Netz, das die Stadt bereits in der Antike mit Wasser versorgte, erneuert und perfektioniert. Und schufen damit die einzigartige Brunnenwelt in der Stadt am Tiber, aber vor allen sorgten sie dafür, dass deren Bewohner und Besucher überall mit diesem wichtigen „Lebensmittel“ versorgt wurden und werden.







Wasser auf Schritt und Tritt



Wer sich von der Stadt – von wo auch immer – auf den Weg nach St. Peter aufmacht, braucht auf die Wasserspender nicht zu verzichten. Nur wenige Schritte vom Palast der Glaubenskongregation entfernt befindet sich bei der Via di Porta Cavalleggeri eine viel frequentierte Bushaltestelle. An der wehrhaften Mauer des Vatikans bietet ein Brunnen den aussteigenden Fahrgästen willkommene Erfrischung. Hier standen einst Kaserne und Reitstall der Leibgarde des Papstes – übrig geblieben ist der Brunnen. Ihn, so verrät eine lateinische Inschrift, ließ Pius IV. (1560-1565) „zum öffentlichen Nutzen und zur Zweckmäßigkeit der berittenen Leibgarde“ errichten. In unseren Tagen steht er noch immer in Diensten, jedoch mit dem Vorteil, dass ihn sich Mensch und Tier nicht mehr teilen müssen. 



Pilger und Touristen, die vom Centro Storico kommend den Weg über die Brücke Viktor Emanuels II. zum Vatikan einschlagen, können auf der Via della Conciliazione einen Halt einlegen und sich beim Palazzo della Rovere das kühle Nass aus dem Maul eines Dragone (Drachen), eines Wappentiers Papst Pauls V. (1605-1621), spenden lassen. Wer von der Engelsburg aus durch den Borgo Pio zur Basilika des Apostelfürsten schlendert, den erfrischt der letzte unter dem seligen Pius IX. (1846-1878) im alten Kirchenstaat errichtete Brunnen. Die Benutzer der Metrolinie A können sich, nachdem sie die Piazza del Risorgimento überquert und die Via di Porta Angelica durchschritten haben, beim Passetto, dem historischen Fluchtgang vom Vatikan zur Engelsburg, am Tiara-Brunnen laben. Er wurde von der römischen Stadtverwaltung errichtet, als sich 1929 der Heilige Stuhl und Italien aussöhnten und der Vatikanstaat entstand.





Vatikanische Wasserspender



Auf seinen 44 Hektar verfügt der kleinste Staat der Erde über mehr als 100 Brunnen. Das nicht trinkbare Wasser des Vatikans kommt aus der Acqua Paola, das aus dem Braccianer See über das antike Aquädukt des Kaisers Trajan herangeführt wird, das 1611 von Papst Paul V. erneuert worden war – während das Trinkwasser aus anderen ehemaligen „päpstlichen“ Wasserleitungen stammt. „Acqua potabile“ (Trinkwasser) erhalten Besucher des Petersplatzes aus den Nasoni, Wasserspendern in der Form von „großen Nasen“, die in den Kolonnadenumgängen angebracht sind. Der Genuss des Wassers der beiden berühmten Brunnen auf dem Petersplatz ist indessen nicht zu empfehlen.







Brunnen außer Betrieb



Vom rechten Brunnen der Piazza ist eine hübsche Anekdote überliefert. Als Papst Pius’ XII. (1939-1958) eines Tages aus den Fenstern seines Palastes auf den Petersplatz hinunterschaute, sah er, dass aus ihm keine Wasserfontäne hervorschoss. Die Männer der päpstlichen Feuerwehr waren sofort zur Stelle. Sie schraubten die Rohre des Brunnens auf – und fanden einen Aal. Er dürfte aus dem nördlich von Rom gelegenen Bracciano-See in eines der großen Rohre gelangt sein.  Ob der Aal von den Feuerwehrleuten wieder ausgesetzt wurde oder in einem vatikanischen Kochtopf landete – darüber findet sich keine Notiz. 







Brunnen mit Bienen und Galeeren



Der Großteil der päpstlichen Brunnen innerhalb der vatikanischen Mauern ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Mit einigen wenigen Ausnahmen. Die Besucher der Vatikanstadt, die zum Fotodienst des Osservatore Romano in der Via del Pellegrino eilen, um ein Bild von der wöchentlichen Generalaudienz des Papstes zu erwerben, kommen an dem „Bienen-Brunnen“ Papst Urbans VIII. (1623-1644) vorbei. Ursprünglich entströmte das kühlende Wasser den aus dem Stein herausgearbeiteten Bienen, den Wappentieren des Pontifex; heute fließt es aus einem bronzenen Rohr in die Kehlen durstiger Passanten und der dort ihren Dienst tuenden vatikanischen Gendarmen. 



Bei geführten Touren durch den Vatikan gelangt man bisweilen zur Fontana della Galera. Der Brunnen aus dem 17. Jahrhundert präsentiert die aufwendige Nachbildung einer päpstlichen Galeere – mit Matrosenfiguren bemannt und kleinen Kanonen ausgestattet, aus denen Wasser hervorschießt. Ein Distichon, ein zweizeiliger Vers, erklärt dem überraschten Besucher: „Die päpstlichen Kriegsschiffe speien keine Flammen, sondern süßes Wasser, in dem das Feuer des Krieges erlöscht.“


Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016