Die Heilige Pforte - Unbekanntes und Kurioses

Die Wochen des Jahreswechsels sind die Zeit der Öffnung der Heiligen Pforten in Rom und in aller Welt. Diese stehen nur in „Heiligen Jahren“ zum Durchgang offen. Die Zeremonie des Öffnens verläuft aber beileibe nicht immer wie im Protokoll vorgesehen.
29. Dezember 2015 | von

Schon die Öffnung der ersten Heiligen Pforte am Vorabend des Weihnachtsfestes 1499 war von einem Zwischenfall begleitet. Die Aufzeichnungen des Päpstlichen Zeremonienmeisters berichten von der Anordnung, „dass bei Strafe des Lebensverlustes niemand vor Seiner Heiligkeit durch die Pforte hindurchgehe, vielmehr solle ein Teil der Arbeiter von innen, der andere von außen her durchbrechen, wobei die Palastwache die Arbeiter auf der Innenseite beaufsichtige und aufpasse, dass keiner durchginge... Während die Pforte in Sankt Peter niedergelegt wurde, ermahnte ich und ließ der Papst ständig ermahnen, es solle sich niemand herausnehmen, vor ihm hindurchzugehen. Trotzdem lief ein Arbeiter von der Innenseite aus Gedankenlosigkeit rasch einmal durch, um ein Stück Holz von draußen zu holen. Ich hielt ihn zurück, tadelte ihn und er ging nicht wieder hinein.“ Die Reaktion des Zeremonienmeisters fiel also milde aus. Und auch Papst Alexander VI. (1492-1503) dachte nicht daran, die angekündigte drastische Sanktion gegen den Arbeiter auch wirklich zu verhängen.

 

 

 

 

Streit ums Andenken

 

 

Am Ende eines jeden Jubiläumsjahres werden in die Heiligen Pforten der vier römischen Erzbasiliken Kassetten mit Gedenkmünzen eingelassen. Als man am Heiligabend 1649 die Heilige Pforte in Santa Maria Maggiore für die Feier der Öffnung vorbereitete, kam es zu einem peinlichen Zwischenfall. Nach altem Brauch standen die Münzen des vorigen Heiligen Jahres den Domherren der jeweiligen Gotteshäuser zu. Bei der Feier war auch Donna Olimpia Maidalchini, die Schwägerin von Papst Innozenz X. (1644-1655), anwesend, eine Dame, die in der Ewigen Stadt den Ruf genoss, über ihren Schwager und die Römische Kurie einen beträchtlichen Einfluss auszuüben. 

 

Als man die Münzen der Mauer entnahm, bestand sie energisch darauf, dass diese ihrem Neffen, dem Erzpriester der Kirche, Francesco Maidalchini, zuständen und auszuhändigen seien. Als sich die Kanoniker diesem „Wunsch“ verständlicherweise widersetzten, kam es zu Handgreiflichkeiten, an denen sich die Adelige in persona beteiligte. Der Dompropst der Erzbasilika wurde von ihr sogar zu Boden gestoßen und verletzt. Die Römer, für ihre Spottlust bekannt, nannten die herrschsüchtige Schwägerin des Papstes von da ab nur noch Olim Pia, „die einst Fromme“. 

 

Voreiliger Gehorsam

 

 

Am Heiligabend des Jahres 1649 kam es in St. Paul vor den Mauern ebenfalls zu einem äußerst kuriosen Vorfall. Als der Dekan des Heiligen Kollegiums, der neunzigjährige Kardinal Marcello Lante, als Päpstlicher Legat vor der Heiligen Pforte der Basilika eintraf, fand er sie zu seiner großen Verwunderung schon offen vor. Die Maurer im Inneren des Gotteshauses hatten Geräusche, die sie von außerhalb gehört hatten, für die Hammerschläge des Legaten gehalten und unverzüglich damit begonnen, die Mauer niederzureißen. So war der greise Purpurträger gezwungen, die Zeremonie an einer kleinen, eilends errichteten Scheinmauer nochmals zu vollziehen. 

 

Papst Pius XI. (1922-1939) kam die seltene Ehre zu, als erster Papst in der Geschichte zweimal ein Heiliges Jahr auszurufen und zweimal die Heilige Pforte in St. Peter öffnen zu dürfen (1925 und 1933). Der kostbar verzierte und vergoldete Hammer mit einem Elfenbeingriff, den der Papst bei diesen beiden Zeremonien benutzte, war ein Geschenk der Katholischen Aktion Italiens gewesen. Pius XI. galt als ein energischer Papst mit ungewöhnlichem Durchsetzungsvermögen. Im Außerordentlichen Heiligen Jahr 1933 schlug er mit dem Hammer so heftig gegen die Pforte, dass ein Stück von ihm abbrach.  

 

Pannen und Mühen

 

 

Nachdem Paul VI. (1963-1978) am Abend des 24. Dezembers 1974 mit einem Hammer dreimal symbolisch gegen die Porta Santa der Vatikanischen Basilika geschlagen hatte, zogen Arbeiter der Dombauhütte von St. Peter das Mauerwerk herunter. Teile des Verputzes und kleine Mauerstücke fielen auf die Mitra und den Chormantel Pauls VI. Die assistierenden Kardinal-diakone wichen ein wenig zurück, der Papst aber verharrte ohne Anzeichen eines Erschreckens im Gebet. 

 

 

Am ersten Weihnachtstag des Jahres 1999 begab sich Johannes Paul II. (1978-2005) zur Lateranbasilika, um die dortige Heilige Pforte für das Jubiläumsjahr 2000 zu öffnen. Der Papst war von Krankheit schwer gezeichnet und musste sich für den Weg dorthin des Papamobils bedienen. Dem Papamobil misslang die Auffahrt zum Atrium des Gotteshauses. Es kämpfte mit der Steigung – und kapitulierte schließlich. Der Wagen des Papstes blieb stehen. Der Heilige Vater war gezwungen, auszusteigen und den restlichen Weg zu Fuß zurückzulegen. Zu seiner Begleitung sagte er: „Nun bin ich ein echter Pilger!“

 

Zuletzt aktualisiert: 17. Oktober 2016
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