Fußball im Vatikan

05. Mai 2014 | von

Die Päpste, der Vatikan und der Fußball. Wie kommt dies zusammen? Sehr gut sogar! Die kommende Fußballweltmeisterschaft in Brasilien wird daher auch rund um Sankt Peter aufmerksame Zuschauer finden. Und die Frage, ob man für Fußballer beten darf, hat Papst Franziskus für sich bereits positiv beantwortet.



Bereits im späten Mittelalter machte der „calcio fiorentino“, der „Florentiner Fußball“, von sich reden. Mit ihm trat erstmals, so bezeugen es offizielle Urkunden, der Vatikan „aufs Spielfeld“. 1521 fand eine Partie im Belvedere-Hof des päpstlichen Palastes statt. Von einem Turm aus verfolgte Papst Leo X. (1513-1521), ein gebürtiger Florentiner, das Spiel.



FLORENTINER WAREN DIE ERSTEN

Der „Calcio“ war in Florenz ursprünglich nur den obersten Adelsschichten vorbehalten gewesen; man spielte ihn in Livree oder im Kostüm. Trotz der vornehmen Kleidung war er ein sehr rabiater Sport, der mit harten Bandagen geführt wurde. Er erinnerte mehr an das heutige Rugby als an das uns vertraute Fußballspiel.

Drei Päpste haben in ihrer Jugend am „calcio fiorentino“ teilgenommen. Sie kamen alle aus Florenz: Klemens VII. (1523-1534), Leo XI. (1605) und Urban VIII. (1623-1644).

Eine Geschichte des vatikanischen Fußballs ist noch nicht geschrieben worden. Man weiß jedoch, dass Papst Pius IX. (1846-1878), als er zu Beginn seiner Laufbahn dem römischen „Ospizio San Michele“, einer großen Sozialeinrichtung des Kirchenstaates, als Leiter vorstand, den dort lebenden Jugendlichen und jungen Männern das Ballspiel erlaubte. Die Anschaffung der Bälle hatte der künftige Papst mit Geldern aus seiner Privatschatulle ermöglicht.



SCHWEIZER GARDISTEN DOMINIEREN

Die Fußball-Pioniere des Vatikans jedoch waren die Schweizergardisten. Schon 1924/25 gab es eine Art Fußballclub. Offiziell begründet wurde der „FC Guardia Svizzera“ aber erst 1975. Der Club spielte vatikanintern gegen Mannschaften der päpstlichen Gärtner und Arbeiter der Dombauhütte von Sankt Peter. Sogar Siege gegen „Auslandsmannschaften“ gab es: Im Dezember 1980 fegte man das Team der Deutschen Botschaft mit 9 : 0 vom Platz!

In den 70er Jahren begann man, eine eigene vatikanische Fußball-Liga aufzustellen – unter anderen aus der Schweizergarde, der Gendarmerie, Radio Vatikan und dem „Osservatore Romano“. Sergio Valci, Mitbegründer der Liga, erklärte damals: „Wir mussten etwas für die körperliche Fitness der Vatikan-Mitarbeiter tun. Außerdem wollten wir das Gemeinschaftsgefühl unter den Angestellten fördern.“



FÜNF GEGEN FÜNF

Im Jahre 1993 stellte man, bedingt durch Spielermangel, bei den meisten Turnieren und Meisterschaften auf „Calcetto“ (Mini-Fußball) um. Bei dieser Variation des Fußballs spielen fünf Mann gegen fünf Gegner auf einem kleineren Feld. „Länderspiele“ sind äußerst selten. 1994 traf der Vatikan auf ein Team der Republik San Marino. Der Endstand des Spieles lautete: 0 : 0. Und einmal gab es sogar eine denkwürdige Begegnung des Vatikans mit einer italienischen Auswahlmannschaft. 4 : 1 ging die Partie aus! 



MINI-FIFA SCHEITERT

Am 12. Dezember 2003 wurde unter Federführung des Anwalts Luc Misson die „NF Board“ gegründet. Die neue Organisation wollte Regionen und Kleinstaaten, die von der „FIFA“ aus verschiedensten Gründen nicht genommen wurden, in einen eigenen Weltfußball-Verband zusammenführen. Der Vatikan war von Anfang an als potentielles Mitglied der „Mini-FIFA“ ins Auge gefasst worden. Doch der Vatikanstaat musste bisher leider passen. Die Nationalspieler hätten alle die Staatsbürgerschaft des Vatikans vorweisen müssen. Und diese besaßen nur die Schweizergardisten. Das Kommando der Garde teilte zu seinem Leidwesen mit, dass es aus dienstlichen Gründen unmöglich sei, elf oder mehr Leute auf längere Zeit hierfür freizustellen.



EHRENMITGLIED BALD HEILIGER

Johannes Paul II. war ein bekennender Fußballfan gewesen und hatte in seiner Jugend in seinem Geburtsort Wadowice Fußball gespielt. Als Papst wurde er Ehrenmitglied des „FC Barcelona“ und von „Real Madrid“. Während seines Deutschlandbesuchs im Jahre 1987 hatte Papst Johannes Paul II. im Gelsenkirchener Parkstadion eine Messe gefeiert; bei dieser Gelegenheit ernannte ihn auch „Schalke 04“ zum Ehrenmitglied. Sebastian Kehl und Christoph Metzelder, Spieler des Fußball-Bundesligisten „Borussia Dortmund“, überreichten Johannes Paul II. im Januar 2005 eine Urkunde, die ihn „honoris causa“ bei Borussia Dortmund aufnahm. Im Jubiläumsjahr 2000 hatte sich Johannes Paul II. zur Heilig-Jahr-Feier der Sportler ins römische Olympiastadion begeben. Nach einer Messe wohnte der Papst einem Spiel zwischen der italienischen Fußball-Nationalmannschaft unter deren Trainer Giovanni Trapattoni und einer „All Stars“-Elf der in Italien spielenden ausländischen Profis bei. Der Papst beobachtete die Partie von einem Thronsessel auf der Ehrentribüne aus; neben ihm hatte IOC-Präsident Juan Antonio Samaranch Platz genommen. Beide sahen ein Fußballspiel, bei dem die beiden Torhüter dafür sorgten, dass es am Ende 0 : 0 hieß. Mit Rücksicht auf den Papst hatte man die Spielzeiten auf je 30 Minuten verkürzt.



IST PELÉ BRASILIANER?

Von Benedikt XVI. ist bekannt, dass er sportlichen Disziplinen nicht mit überaus großem Engagement zugetan war. Dennoch gab es Beziehungen zum Fußball-Sport. So fanden Reporter heraus, dass der ehemalige Fußball-Weltmeister Paul Breitner weitläufig mit dem Papst verwandt ist. 2005 durften Kinder im Rahmen einer Generalaudienz dem Papst ihre Fußball-Künste vorführen. Dem Spiel auf dem Petersplatz wohnten 26.000 Gläubige bei. Beim Weltjugendtag in Köln traf Benedikt XVI. mit der Fußball-Legende Pelé zusammen. Als der Brasilianer dem Papst vorgestellt wurde, fragte der Papst: „Und Sie sind Brasilianer?“ Erst die Auskunft eines Nebenstehenden offenbarte Benedikt XVI., dass er soeben mit dem besten Fußballer der Welt sprach. Ja, er sei ein „tifoso“ (Fußballfan), gab hingegen der Staatssekretär des Papstes, Kardinal Tarcisio Bertone, zu. Im ballbegeisterten Italien kennt man Bertone nicht nur als Mann der Kirche; in der Vergangenheit hatte er für den Rundfunk und das Fernsehen Spiele seines Lieblingsteams „Juventus Turin“ kommentiert. „Ich glaube, der Regisseur dieses großen Spiels ist Gott, der uns die Fähigkeit gibt, unsere Möglichkeiten und unsere Talente einzubringen“, betonte der Kardinal in einem Interview. Die damalige „Nummer Zwei“ des Vatikans gilt auch als Initiator des „Clericus-Cup“, einer kirchlichen Fußballmeisterschaft, in der sich Seminaristen und junge Priester in Rom miteinander messen.



DIE „HEILIGEN“ VON BUENOS AIRES

Papst Franziskus liebt den Fußball. Gegenüber der Presse gestand er, dass er schon als Neunjähriger ein leidenschaftlicher Anhänger des Erstliga-Vereins „Atlético San Lorenzo de Almagro“ (Buenos Aires) gewesen sei; die Tifosi seines Heimatclubs nennen sich „Santos“, die „Heiligen“. 2008 feierte Kardinal Jorge Bergoglio mit ihnen zur 100-Jahr-Feier des Vereins eine Messe. Die Spieler überreichten dabei dem Vereinsmitglied mit der Nummer 88.235 das blau-rote Clubtrikot.

Im August des vergangenen Jahres „besetzten“ die Spieler der argentinischen Nationalmannschaft den Apostolischen Palast. Der Papst hatte ihnen eine Sonderaudienz gewährt. Ihrem Stürmer Ezequil „El Pocho“ Lavezzi versicherte der Heilige Vater dabei, die Spiele der kommenden Fußball-Weltmeisterschaft aufmerksam zu verfolgen – und auch ein Gebet für das Team zu

sprechen.



Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016