Heilige für Herd und Hirschbraten

01. Januar 1900 | von

Ein Bildnis des heiligen Wüstenvaters Antonius ohne das kleine Schwein zu seinen Füßen ist genau so frustrierend wie Weihnachten ohne Schnee. Antonius, um 251 geboren, verstarb im hohen Alter von 105 Jahren. Der Überlieferung zufolge, hatte der Wüstenvater gelegentlich harte Kämpfe mit allerlei Dämonen auszufechten. Dies wiederum führte dazu, dass die Volksfantasie in dem ihm von den Künstlern beigesellten Schwein einen verkleideten Teufel sah.

Antoniusschwein. In Wirklichkeit jedoch geht dieses Schwein auf den Antoniterorden zurück, der gegen Ende des 11. Jahrhunderts in Frankreich gegründet wurde. Dessen Mitglieder widmeten sich der Krankenpflege. Dafür stand ihnen das Privileg zu, ihre Schweine frei weiden zu lassen. Darauf, und nicht auf die Biographie des Heiligen geht die Bezeichnung Antoniusschwein zurück. Ein solches wurde später in manchen Gegenden mit öffentlichen Mitteln gekauft und hatte an der Kirche seinen Stall. Am 23. Dezember wurde das Antoniusschwein gesegnet, geschlachtet und an die Armen verteilt.
Doch mit dem Verteilen allein ist es noch nicht getan. Die Speisen müssen ja auch zubereitet werden. Denen, die das besorgen, steht außer ihrem Schutzengel noch eigens ein Schutzpatron oder eine Schutzpatronin zur Seite.

Stoßseufzer am Herd. Köchinnen senden mit Vorteil einen Stoßseufzer zur heiligen Marta, die gelegentlich mit einem Kochlöffel dargestellt wird, den sie auch selber rührte, während ihre Schwester Maria Jesu Worten lauschte. Etwas makaber hingegen mutet das Motiv an, welches die Köche veranlasst, zum heiligen Laurentius Zuflucht zu nehmen. Der wurde einer alten Überlieferung zufolge auf einem Rost verbrannt. Dies führte dazu, dass die Künstler ihn mit einem Gitterrost in den Händen darstellen und dass die Köche ihn zu ihrem Schutzpatron erwählten.
Andere Heilige fristen in der Küche eher ein Schattendasein. Es gilt dies für den heiligen Ulrich von Augsburg (gest. 793). Ihm sollen ruchlose Gesellen an einem Freitag Fleisch vorgesetzt haben, um seine Tugend zu prüfen. Doch der am Fasttag verbotene Braten verwandelte sich in einen Fisch. Was zur Folge hatte, dass Ulrich in den Geruch der Heiligkeit und die Fischliebhaber zu einem Schutzherrn kamen.

Heiliger mit Hirsch. Die Jäger hingegen (wie überhaupt alle auf Wildgerichte Versessene) haben im heiligen Hubertus einen wackeren Gewährsmann gefunden.

Sein Mandat erhielt er, obwohl er selber für die Jägerei nie etwas übrig hatte. Die letzten Lebenstage verbrachte er nicht auf der Pirsch, sondern beim Fischfang.
Am 3. November 743, 16 Jahre nach Hubertus’ Tod, wurden seine Gebeine in das Ardennenkloster zu Andage übertragen, wo er früher als Glaubensbote gewirkt hatte. In diesem Heiligtum suchte man schon um die Mitte des 10. Jahrhunderts Heilung vor Tollwut. Da gerade die Weidmänner häufig von dieser Krankheit befallen wurden, ergab es sich von selbst, dass Hubertus mehr und mehr zu ihrem Schutzpatron avancierte.

Patronin der Bäcker. Weniger lose ist die Verbindung, welche die heilige Elisabeth (1207 bis 1231) zur Küche unterhält. In gewisser Weise steht sie direkt neben dem Backofen, ist sie doch nicht nur die Schutzheilige Thüringens, die Patronin der Witwen und Waisen, sondern auch die Schirmherrin der Bäcker, weil sie in Notzeiten an die Armen Brot verteilte.
Manche Heilige kamen ganz ohne Kochherd aus, so etwa der 861 im Finstern Wald (heute: Maria Einsiedeln) ermordete Einsiedler Meinrad, der sich der Legende zufolge die tägliche Brotration von einem ein Raben einfliegen ließ, oder der Pestheilige Rochus, dem ein Hündlein jeden Tag ein Laibchen Brot zutrug. Andere wiederum wurden angeblich von Engeln ernährt, so Maria Magdalena, nachdem sie sich in die raueste Wildnis zurückgezogen hatte. Diese Überlieferung entlehnt die Legende, die sich bekanntlich wenig um Urheberrechte schert, der Lebensgeschichte der Maria von Ägypten; auch sie sollen Engeln mit überirdischer Nahrung versehen haben.

Honigsüßes Gotteswort. In der Tat lebt der Mensch ja nicht vom Brot allein, sondern auch vom Wort aus Gottes Munde.
Auf dieses Grundnahrungsmittel und nicht etwa auf einen süßen Nachtisch verweist der Bienenkorb,  mit dem der

heilige Ambrosius von Mailand gelegentlich dargestellt wird. Als der junge Ambrosius einst mit offenem Mund im Hof des väterlichen Palastes schlief, ließ sich ein Bienenschwarm auf seinem Gesicht nieder, wobei die Bienen aus seinem Munde ein und aus schwärmten. Der Bienenkorb gilt als Sinnbild des Fleißes, der Bildung und der Beredsamkeit. Tatsächlich war Ambrosius ein derart wortgewaltiger Prediger, dass er sogar auf einen berühmten, damals noch ungetauften Rhetorikprofessor namens Augustinus den nachhaltigsten Eindruck machte. Der wiederum erinnert sich in seiner Autobiographie (Bekenntnisse), wie er als Knabe einst aus einem fremden Garten Birnen gestohlen hatte, die nicht minder köstlich schmeckten als die gehaltvollen Sermones seines Lehrers Ambrosius.
Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016