Leuchtkraft des Lebens

29. April 2018 | von

Ein Künstler steht im Zentrum des folgenden Beitrags: Wir erinnern zum 125. Geburtstag an Joan Miró.

Seine Bilder sind reine Magie. Bunt, fröhlich, von der Kunst des katalanischen Volkes inspiriert, dem er entstammt, stehen sie für eine Mischung aus lebensfroher Sinnlichkeit und sensitiver, naturverbundener Spiritualität. Joan Miró, der am 20. April 1893 in Barcelona geboren wurde und am 25. Dezember 1983 in Palma auf Mallorca starb, feiert in diesem Jahr gleich zwei Jubiläen, gedenkt die Kunstwelt doch seines 125. Geburtstages ebenso wie seines 35. Todestages.

Krank vor Sehnsucht
Wie viele Kinder, begann auch Joan früh mit dem Zeichnen. Seine ersten erhaltenen Bilder stammen aus dem Jahr 1901. Unterstützt wurde er von seinem Vater, einem Goldschmied und Uhrmacher, der sich wohl eher als ehrbarer Handwerker denn als Künstler sah, jedoch nicht. Joan fügte sich, lernte Kaufmann und arbeitete zwei Jahre lang als Buchhalter. Nebenbei nahm er Kunstunterricht. Die Schule, an der er studierte, war berühmt. Pablo Picassos Vater hatte dort gelehrt, und der Meister selbst war dort Schüler gewesen. Die Sehnsucht des jungen Mannes nach künstlerischem Ausdruck muss enorm gewesen sein. Denn als er ein Jahr lang versuchte, nur der zu sein, den sein Vater in ihm sehen wollte, wurde er krank. Er erlitt einen Nervenzusammenbruch und bekam Typhus, sodass er seinen Beruf aufgeben musste. Seine Familie hatte inzwischen einen Bauernhof bei Tarragona erworben, und in der Ruhe der farbenreichen, von strahlendem Licht erhellten Natur erholte Miró sich langsam. Was ihm seine Lebensfreude endgültig wiedergab, war das Einverständnis seiner Eltern, Kunst zu studieren. Francesc Galí, an dessen privater Kunstschule er sich einschrieb, erklärte Mirós Vater schnell, dass der junge Mann hochbegabt sei und lehrte ihn alles über die damals federführende französische Kunst und die Architektur des weltberühmten Künstlers Antoni Gaudí.

Wurzeln, Zweige, Blüten
In einer weiteren Ausbildungsphase im Cercle Artistic de Sant Lluc, einer freien Zeichenakademie, förderten seine Lehrer die Pflege des mediterranen Erbes. Neues um der Neuheit willen fanden sie weniger spannend als ein Weiterwachsen aus den eigenen Wurzeln heraus. Miró war ein selbstkritischer junger Künstler mit einem guten Gespür für das, was in ihm steckte. Deshalb brachte es ihn zur Verzweiflung, wenn er die Diskrepanz zwischen Ausdruckswillen und künstlerischer Fertigkeit erlebte. „Ich verfügte nicht über die bildnerischen Mittel, um mich auszudrücken und fühlte mich deshalb elend. Manchmal schlug ich, verzweifelt, wie ich war, den Kopf gegen die Wand“, erzählte er später über diese Phase. Dass er dennoch auf dem richtigen Weg war, zeigten Erfolge wie die erste Einzelausstellung seiner Werke oder der Ankauf eines Selbstbildnisses durch Pablo Picasso. Joan Miró konnte sich, auch wenn er eher ärmlich lebte, ein kleines Atelier in Paris leisten und lebte nun abwechselnd in Spanien und Frankreich. Dies änderte sich erst, als der spanische Bürgerkrieg ausbrach und Miró, inzwischen mit Pilar Juncosa Iglesias verheiratet, mit der er eine Tochter hatte, mit seiner Familie ganz nach Paris zog. Dass Miró mit seinen ausdrucksstarken Bildern ganz oben in der Kunstszene angekommen war, zeigt die Präsentation seines Monumentalgemäldes „Der Schnitter“, auch „Katalanischer Bauer“ genannt, neben Picassos „Guernica“ und Calders Quecksilberspringbrunnen im spanischen Pavillon auf der Weltausstellung in Paris 1937. 

Lebensraum und Kunstwerk
Die Besetzung Frankreichs durch die Truppen der deutschen Wehrmacht nötigte Miró und seine Familie zu einem erneuten Umzug. Sie gingen zurück nach Spanien und lebten dort erst in Palma, später in Mirós Elternhaus in Barcelona. Der Wechsel des Lebensumfeldes und der Tod seiner Mutter lassen sich auch an einem Wandel der Ausdrucksmittel ablesen. Miró arbeitete nun mit Keramik und modellierte kleine Figuren, die drei Jahre nach Kriegsende in Paris ausgestellt wurden. Sein inzwischen weltweites Renommee als Künstler zeigen Aufträge wie der zur Gestaltung des Wandbildes für das Terrace Plaza Hotel in Cincinnati, an dessen Entwürfen der Maler neun Monate lang in einem New Yorker Studio arbeitete. Miró entwickelt seine Fähigkeiten als Gestalter von Skulpturen weiter, aber er malt auch. Umso mehr, als er sich 1956 endgültig niederlässt. Seine von Josep Lluís Sert erbaute Werkstatt in Cala Major, einem Verwaltungsbezirk von Palma, bietet viel Platz. Mit ihr erfüllt der Künstler sich einen Traum, den er bereits 1938 in einem autobiografischen Text für die Zeitschrift XXe Siècle formuliert: „Mein Traum, wenn ich mich einmal irgendwo wirklich niederlassen kann, ist, eine große Werkstatt zu haben, nicht so sehr wegen der Beleuchtung, (...) sondern um Platz zu haben für viele Leinwände, denn je mehr ich arbeite, desto mehr Lust habe ich zu arbeiten.“

Zuletzt aktualisiert: 29. April 2018
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