Liebe Freunde!

01. Januar 1900 | von

Nachdem Paulus auf der Straße nach Damaskus berufen, von Christus ergriffen wurde, begann er nicht sofort mit seiner Missionstätigkeit. Wie der Apostel, dem das Thema des Monats dieser Ausgabe gewidmet ist, in seinem Brief an die Galater (1,17-18) schreibt, zog (ich) nach Arabien und kehrte dann wieder nach Damaskus zurück. Er begab sich also erst drei Jahre später nach Jerusalem, um Petrus zu treffen und sich mit ihm zu beraten. Über diese erste Phase im Leben des Neu-Konvertiten schweigen die Quellen. Wir können davon ausgehen, dass er in dieser Zeit seine Begegnung mit Christus reflektierte, die christliche Botschaft verinnerlichte und sich auf die Aufgaben vorbereitete, die ihm der heilige Geist aufgetragen hatte. In gewisser Weise war dieser Lebensabschnitt zwischen Arabien und Damaskus für Paulus eine Wüstenzeit, die Phase einer innerlich abgeschrittenen Strecke, die ihn auf den Weg des Missionars hin zu den Städten der griechisch-römischen Welt vorbereitete.
Vor Paulus begab sich Jesus, geleitet vom Geist, zum Auftakt seines öffentlichen Wirkens in die Wüste. Dort bekräftigte er seine Treue zum Vater, widerstand den Versuchungen der weltlichen Macht und bereitete sich so auf seinen Weg vor, der von der Verkündigung des Evangeliums bestimmt war. Ein Gang, der Demut verlangte, der Jesus dem Unverständnis und der Feindseligkeit der Menschen aussetzte und ihn bis zur Passion letztlich zur Auferstehung brachte.
Auf dieses Beispiel des Meisters gründet sich offenbar ein Gesetz für die christliche Lebensführung: Ohne eine stille Vorbereitungsphase mit Gebet und Meditation gibt es kein persönliches Wachstum, kann dem Nächsten nichts wahrhaft Gutes getan werden, können keine Früchte der Menschlichkeit und Schönheit reifen.
Nur in der Wüste (damit sind auch die Inseln der Stille gemeint, die wir in gewissen Momenten in unseren Häusern schaffen) setzen wir uns ohne Verkleidung dem Licht Gottes aus und können so viel klarer den Sinn unseres irdischen Lebens erfassen und erkennen, welche Straße Gott jedem Einzelnen von uns weist.
Wie viele andere Schüler Jesu hat dies auch der heilige Antonius erfahren: in den Jahren, in denen er sich in Lissabon und Coimbra kulturell und im Gebet auf sein künftiges Leben vorbereitete, dann – als er Franziskaner geworden war – während seines Rückzugs nach Montepaolo. Wieder eine Zeit, die in Stille getaucht und dennoch sehr produktiv war. Aus dieser Stille heraus berief ihn Gott zu einem neuen, leidenschaftlichen Träger des Evangeliums, um die Früchte seiner Kontemplation auch den anderen zu schenken.
Eine Zeit der Vorbereitung und des aufmerksamen Lauschens auf Gottes Stimme ist ein Geschenk, das auch uns gegeben wird: in der Fastenzeit. In diesen 40 Tagen kann unser Christen-Leben an Tiefe und Schönheit gewinnen. Aus dieser Erfahrung können wir neue Energien für einen Neuanfang schöpfen. In diesem Sinne ist der Aufruf des Papstes zum Abschluss des Jubiläumsjahres 2000 zu verstehen, eine Wiederholung der Einladung Jesu an Simon Petrus auf dem See Genezareth (Lk 5,4): Fahr hinaus! (duc in altum!).
Liebe Freunde des Sendboten, mit den brüderlichen Grüßen der Franziskaner-Konventualen der Basilika des heiligen Antonius verbinde ich den Wunsch, dass Sie eine fruchtbare österliche Bußzeit durchlaufen, die Ihnen zu einer Quelle der Freude im Herrn und zu einem Kraftspeicher für kommende schwere Tage werden möge.
Pace e bene!

Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016