Frauengrabmäler im Petersdom

23. Dezember 2004 | von

Die Markgräfin Mathilde von Canossa, die Exkönigin Christine von Schweden und die polnische Prinzessin Maria Clementina Sobieski haben mindestens drei Dinge gemeinsam. Sie waren adeligen Geblüts. Ihre Köpfe sind von keinem Heiligenschein umgeben. Dennoch wurden sie alle in der Peterskirche zu Rom beigesetzt.
Letzteres hängt damit zusammen, dass die drei, und das wäre dann eine vierte Gemeinsamkeit, in der Politik eine gewisse Rolle spielten.

Markgräfin Mathilde. Die Erste von Ihnen, Mathilde von Canossa hatte zur Zeit des Investiturstreites manches gewichtige Wort mitzureden, wenn die Päpste kirchenpolitische Entscheidungen trafen. Bekanntlich ging es damals um die Frage, ob es den Landesfürsten oder dem Papst zustehe, die Bischöfe zu ernennen. Ihren Höhepunkt erreichte die Kontroverse im späten 11. Jahrhundert unter König Heinrich IV. und Papst Gregor VII. Dieser veröffentlichte 1075 ein Dekret, in welchem er die Einsetzung von Bischöfen und Äbten durch Laien unter Androhung der Exkommunikation verbot. Das war Heinrich IV. nun doch ein bisschen zu viel. Um Gregor in seine Schranken zu weisen, berief er im Januar 1076 eine Reichssynode nach Worms ein, welche den Papst für abgesetzt erklärte. Worauf dieser Heinrich kurzerhand mit dem Kirchenbann belegte. Darauf drohten die Fürsten, die damit von ihrem Treueid entbunden waren, dem König die Gefolgschaft aufzukündigen. In seiner verzweifelten Lage sah Heinrich keinen anderen Ausweg, als sich dem Papst zu unterwerfen. Der Papst befand sich gerade in Canossa, auf der Bergfeste der mächtigen Markgräfin Mathilde. Dort erschien Heinrich im Januar 1077 an drei aufeinander folgenden Tagen, Einlass heischend und um die Lösung vom Kirchenbanne flehend. Am vierten Tag erst gewährte ihm der Papst die Lossprechung und reichte ihm zum Zeichen der Versöhnung das Abendmahl.

Denkmal der Papsttreuen. Diese Zeremonie ist im Petersdom im Bogen des zweiten Zwischenpfeilers im rechten Seitenschiff auf Mathildes Sarkophag festgehalten. Das Relief zeigt den König im Bußgewand; rechts im Bild drängt Mathilde einen Kardinal zurück, um sich ungestört an dieser Szene ergötzen zu können. Über dem Sarkophag selber erhebt sich ihr Standbild, das ihre Rolle im Investiturstreit auf eine schon fast befremdliche Weise zum Ausdruck bringt. Mit der rechten Hand nämlich hebt die Markgräfin das Zepter, während sie in der Linken den Petrusschlüssel und die päpstliche Tiara hält – gerade so als wäre der Papst von Dero Gräflichen Gnaden in sein Amt eingesetzt worden!
Nach ihrem Tod im Jahre 1115 wurde Mathilde in der Abtei San Benedetto Po bei Mantua begraben, welche sie zu Lebzeiten mit zahlreichen Schenkungen ausgestattet hatte. Wie aber kam sie zu ihrer Grabstätte im Petersdom?
Zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges, als die Schweden die katholischen Stellungen im Reich immer mehr schwächten, wollte der damalige Papst, Urban VIII., Mathilde von Canossa als einer kompromisslosen Verteidigerin der römischen Interessen ein bleibendes Denkmal setzen. 1633 ließ er die sterblichen Überreste der Gräfin nach Rom überführen. Am 10. März 1634 erfolgte die feierliche Beisetzung in Sankt Peter.

Exzentrische Schwedenprinzessin. In unmittelbarer Nähe dieses Grabmonuments befindet sich auch das Denkmal für Christine von Schweden. 1626 als einziges Kind König Gustav Adolfs II. geboren, übernahm sie als 18-Jährige die Herrschaft. 1654 verzichtete sie auf den Thron. Ein Jahr später schwor sie in Innsbruck dem protestantischen Glauben ab und bekannte sich zur katholischen Doktrin – und stattete kurz danach dem Papst einen Besuch ab.
Am 26. Dezember 1655 zog Christine durch die neu hergerichtete Porta del Popolo feierlich in die Stadt ein. Papst Alexander VII. schickte ihr eine vergoldete Kutsche entgegen. Zur Verwunderung der riesigen Zuschauermenge jedoch zog Christine es vor, im Herrensitz auf einem Schimmel in die Ewige Stadt einzureiten. Spätestens jetzt hätte der Papst erkennen müssen, dass er eine etwas exzentrische Dame in sein Propagandaprogramm einbezogen hatte. Wegen ihres unsteten Charakters und ihrer lockeren Sitten brachte sie ihren Gönner schon bald von einer Verlegenheit in die andere. In Rom verbreitete sich immer mehr die Ansicht, die fremdländische Adelige sei pazza da legare , so verrückt, dass man ihr eigentlich Fesseln anlegen müsste. Begreiflich daher, dass Christine in Rom immer mehr als Belastung empfunden wurde. Dem Rat, sich in ein Kloster zurückzuziehen, mochte die adelige Dame nicht folgen. Im Februar 1689 erkrankte sie an einer Wundrose und verstarb schon am 19. April.
Ihr Grabdenkmal in der Petersbasilika wurde erst 1702 vollendet. Ein Profilporträt der Verstorbenen überragt den Sarkophag, dessen Relief zeigt, wie sie dem falschen Glauben abschwört. Die wenigsten wissen, dass der Schrein leer ist. Tatsächlich nämlich wurde Christine von Schweden in den Vatikanischen Grotten beigesetzt.

Thronverzicht aus Kirchentreue. Das dritte in der Peterskirche errichtete Grabdenkmal für eine Frau erinnert an Maria Clementina Sobieski, eine fromme Enkelin Königs Johann III. Sobieski, des letzten polnischen Königs. Diese wurde 1702 geboren. Als 16-Jährige reiste sie von Polen nach Rom, um den dort im Exil lebenden englischen Thronprätendenten Jakob Francis Edward Stuart (1688-1766) zu heiraten. Auf dem Weg zum Traualtar allerdings hatte sie ein paar ernsthafte Hindernisse zu überwinden. In Innsbruck nämlich ließ der österreichische Kaiser, ein Gegner und Feind des Hauses Stuart, die junge Adelige arretieren. Unter abenteuerlichen Umständen gelang es Maria Clementina zu fliehen und sich nach einer fünf Tage dauernden Verfolgungsjagd über den Brenner und die Alpen im Kirchenstaat in Sicherheit zu bringen. 1735 starb sie im Alter von gerade 33 Jahren. Ihr Grabmonument erinnert gleichzeitig auch an die letzten Nachfahren der königlichen Familie der Stuarts, die wegen ihrer Treue zur katholischen Kirche auf den Thron verzichten mussten.

Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016