Achtung, die Frauen!

17. August 2020 | von

Alle paar Wochen steht ein Haarschnitt an – auch bei unserem Zwischenrufer. Manchmal ergeben sich interessante Gespräche...

Zum Friseur hatte ich nie gewollt. Die Atmosphäre von Friseursalons gefiel mir ebenso wenig wie die Aussicht, dass eine fremde Person an meinem Kopf herumschnippeln würde. Abgesehen davon schien mir das ganze Haareschneiden sowieso zu teuer, so dass es für mich mehr als in Ordnung war, dass meine Mutter mir die ganze Kindheit hindurch den Kopf scherte. Irgendwann hatte sie wahrscheinlich mal genug davon und ich wurde mit zum Friseur geschleppt – und war dann überraschenderweise ganz zufrieden. Zu meiner Friseurin von damals habe ich bis heute ein freundschaftliches Verhältnis, und immer, wenn es geht, schaue ich dort noch vorbei und lasse mir die Haare schneiden. Durch Umzüge und Versetzungen ist das freilich nicht immer so einfach, und so begann eine Phase, wo es klar war, dass ich jetzt erst einmal nicht zur gewohnten Friseurin würde gehen können. Weil ich keinen festen Salon suchen wollte, wählte ich die Risiko-Variante: alle fünf bis sechs Wochen ein anderer Friseur. Eines der entscheidenden Kriterien dabei: zu teuer dürfte es nicht sein. 

Keine Lust zum Reden
Wohl der Hauptgrund, weshalb ich nicht allzu gern zum Friseur gehe: die Unterhaltungen. Vor allem mit fremden Personen will ich nicht unbedingt über meine Lebensentscheidung „Kloster“ reden, und mit dem Wetter ist man oft schnell durch. Andere Standardthemen wie „Kinder“, „Partnerschaft“ oder „mein nächster Traumurlaub“ fallen bei mir naturgemäß weg. 
Aber wie so oft, wenn man sich vor irgendetwas fürchtet: Ich habe tatsächlich fast immer positive Erfahrungen gemacht. Einmal habe ich eine Friseurin getroffen, die fast zur gleichen Zeit wie ich in Australien war, vor zig Jahren; der Vater einer anderen wohnte ganz in der Nähe unseres Klosters, und grundsätzlich stieß das Thema „Kloster“ durchaus auf Respekt. 

Kein Verständnis fürs Kloster
Einmal allerdings, bei einem syrischen Friseur, konnte der überhaupt nicht fassen, wie ein Mensch ins Kloster gehen kann. Zuerst musste ich einigermaßen umständlich erklären, was Kloster überhaupt bedeutet. Und als er das (für ihn) Entscheidende dann begriffen hatte, dass wir nämlich nicht heiraten, war Schneidepause. So etwas, war er überzeugt, könne ja überhaupt nicht funktionieren. Man müsse ja schließlich auch essen und trinken – eine Frau zu haben, kam dann gleich an dritter Stelle. Und wo in Klosterführungen und Schülerfragerunden Menschen ihre Fragen zu diesem Gelübde meist in Watte packen und extrem vorsichtig formulieren, kannte er keine Hemmungen und bohrte mit seinem gebrochenen Deutsch auch nach intimen Details. Mit meinen Standardantworten, dass ja auch nicht alle Ehen glücklich und erfüllt wären, dass Heiraten also auch keine Glücksgarantie sei und so weiter, war er nicht zufriedenzustellen. Meine Lebensentscheidung „Kloster“ war für ihn vermutlich genauso unverständlich wie mir sein Frauenbild befremdlich vorkam. 
Irgendwann hatte er dann auch genug von seiner Befragung und widmete sich wieder meinem Kopf, um mir dann irgendwann stolz sein Ergebnis zu präsentieren. „Ja, gut, passt – vielen Dank!“ und dann wollte ich auch möglichst schnell raus aus dem Laden. Er aber wollte mir noch einen Tipp mit auf den Weg geben: „Achtung, die Frauen!“ Und als ich ihn fragend anschaute, was er damit denn nun meinen würde, erklärte er: Nun hätte ich ja einen neuen Haarschnitt und dadurch offensichtlich meine Attraktivität – ihm sei Dank! – gesteigert, so dass ich mich vor den Frauen besonders in Acht nehmen müsse. Daraufhin erklärte ich ihm, dass ich jetzt, weil sowieso Winter war, meine Mütze aufsetzen würde und dann könne nichts passieren. 
Und nach diesem Haarschnitt beschloss ich dann, dass jetzt mit der Risiko-Variante erst einmal wieder Schluss wäre. Den nächsten Termin ließ ich mir wieder bei meiner Lieblingsfriseurin geben. Da weiß man halt doch, was man hat. 
 

Zuletzt aktualisiert: 17. August 2020
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