Bankett mit Papst im Pferdestall

23. Juni 2017 | von

Im Rom der Renaissance ging es, zumindest in Adelskreisen, hoch her. Was sich auch auf die Essgewohnheiten auswirkte.

30. April 1518. Agostino Chigi, genannt Il Magnifico (der Prächtige), einer der reichsten Männer der Renaissancezeit, Bankier der Päpste und Förderer der berühmtesten Künstler und Literaten seiner Epoche, hat an diesem Tag zu einem Gastmahl geladen, von dem man Jahrhunderte später noch reden wird. Anwesend sind unter anderem Papst Leo X. in persona sowie vierzehn Kardinäle, darunter auch Agostinos Großneffe, Kardinal Fabio. Das Bankett findet in der berühmten Villa Farnese statt, allerdings nicht in einer der prächtig ausgemalten Räumlichkeiten, sondern in einem Nebengebäude, das mittels kostbarer Wandteppiche zu einem Festsaal umfunktioniert wurde. Angesichts der erlesenen Speisen und Getränke, der golddurchwirkten Tischdecken, des güldenen Tafelgeschirrs und der das Mahl begleitenden Musik sieht sich der Papst zu einem milden Tadel veranlasst: Es hätte dieses Aufwands wirklich nicht bedurft; ob es sich dabei vielleicht um ein Zeichen mangelnder Vertrautheit handle? Worauf Il Magnifico lächelnd antwortet, er habe sich schon zu viel Vertraulichkeit erlaubt, indem er seine Heiligkeit zu einem Festmahl in seinem Pferdestall geladen habe. Dann lässt er die Wandteppiche abnehmen, sodass sich den erstaunten Anwesenden die nackten Wände und die Futterkrippen präsentieren.

Saltimbocca alla romana 
Dabei handelt es sich um eine Römer-Spezialität; insofern passt das Gericht zu dieser Geschichte. Pro Person klopfen wir 2-3 dünne Kalbsschnitzelchen flach, belegen sie mit einer Scheibe Rohschinken und mit einem großen frischen Salbeiblatt. Beides mit einem Zahnstocher auf den Schnitzeln befestigen. Die Schnitzel mit etwas Mehl bestäuben und beidseitig knapp 2 Minuten in heißer Butter braten. Mit Salz und Pfeffer würzen und warm stellen. ½ Glas trockenen Weißwein (besser noch Marsala) in die Pfanne gießen, erhitzen und etwa 30 g eiskalte Butter dazugeben und untermischen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken und die Soße über die Saltimbocca gießen. 
Noch heute erinnert man sich in Rom einiger anderer rauschender Feste, zu denen Agostino Chigi in die Farnesina lud. Umgeben von Bildern mit barbusigen Göttinnen und aufreizenden Liebesszenen ließen sich die Gäste, zumeist in der damals nach dem Tiber hin offenen Loggia, mit luxuriösen Gerichten verwöhnen. Nach beendeter Tafel ahnten alle, dass ein einmaliges Ereignis unwiederbringlich zu Ende war. Aber selbst dieses Gefühl wurde noch symbolisch zelebriert, indem die Gäste aufgefordert wurden, die goldenen Teller und das Silberbesteck in den Tiber zu werfen. Nur wenige wussten, was viele bloß vermuteten, dass nämlich der Hausherr vorher Netze in den Fluss gespannt hatte, um später den Symbolwert dieses Rituals wieder in reelle Währung zurückzuverwandeln.
Chigis Leben ist anhand einer umfangreichen Quellensammlung rekonstruierbar, die sein Großneffe Fabio Chigi, in arte später als Papst Alexander VII. bekannt, zusammengetragen hat. Das Dokument befindet sich heute in der Vatikanischen Apostolischen Bibliothek.

Zuletzt aktualisiert: 12. August 2017
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