Brauchtum rund um die Taufe

12. Juni 2012 | von

Was hat es mit dem weißen Taufkleid auf sich? Seit wann sind Patengeschenke üblich? Woraus besteht eine Taufgarnitur? Darüber und über vieles mehr informiert eine Sonderausstellung in Basel.



Wer erfahren möchte, wie es im vorletzten Jahrhundert bei einer Taufe zuging, greift am besten zu einer der bekanntesten Erzählungen des Schweizer Schriftstellers Jeremias Gotthelf (1797-1854). Die trägt den Titel Die schwarze Spinne und setzt auch gleich mit einer Kindstaufe ein. Wichtig ist, dass das Kind nicht etwa in einem Leiterwägelchen zur Kirche gefahren, sondern dorthin getragen wird, „weil es sonst träge wird und sein Lebtag die Beine nicht recht brauchen lernt“. Zum ganzen Drumherum gehören bei diesem Anlass neben einem Festessen auch die Geschenke, welche die Patin mitbringt, nämlich „eine Kleidung für das Kind, schöne weiße Strümpfe, ein Kränzchen und eine Spitzenkappe mit prächtigen, schwarzseidenen Haarschnüren, ein weißes Tauftuch mit schwarzen Quasten, sowie ein blanker Neutaler, eingewickelt in den schön gemalten Taufspruch“.

 

EINE BEMERKENSWERTE AUSSTELLUNG

Die Nöte der Patin, welche ohnehin schon aufgeregt ist, steigern sich ins Unermessliche, weil man vergessen hat, ihr den Namen des Bübchens mitzuteilen, den sie dem Pfarrer ins Ohr flüstern muss. Fragen darf sie auf keinen Fall, wenn sie das Kind nicht unglücklich machen will. Denn, dies die allgemeine Überzeugung, „sobald eine Gotte (Patin) nach des Kindes Namen fragt, wird dieses zeitlebens neugierig“. Zum Glück, das sei hier gerade noch verraten, ist der Pfarrer informiert.

Dass eine Taufe eine ernste Sache ist, wird kein aufrechter Christenmensch in Abrede stellen. Diese Ernsthaftigkeit kommt auch auf alten Tauffotos zum Ausdruck, dort aber weniger aus theologischen, denn aus zeitbedingten Gründen. Mehrere solcher Aufnahmen sind gegenwärtig in der Ausstellung Taufe und vieles mehr in Basel zu sehen (siehe Kasten). Und die stammen allesamt aus einer Zeit, in der die Menschen den Finger noch nicht dauernd am Drücker hatten, sondern sich in den Sonntagsstaat warfen, bevor sie sich ablichten ließen. Das kam selten genug vor. Und niemandem wäre es auch nur im Traum eingefallen, während einer Taufe zu fotografieren.



WEISSES TAUFKLEID

Allein schon die 25 Reborn-Puppen lohnen einen Besuch dieser Ausstellung. Sie entstanden Anfang der 1990er Jahre in den USA. Dank ihnen kommen die alten weißen Taufkleider besonders zur Geltung. Diese versinnbildlichen entgegen einer weitverbreiteten Ansicht nicht die Unschuld, sondern verweisen auf ein Pauluswort und auf die frühkirchliche Taufpraxis. So fordert der Völkerapostel seine Glaubensgeschwister auf: „Legt den alten Menschen ab und zieht den neuen Menschen an, der nach dem Bild Gottes geschaffen ist“ (Epheser 4,22.24)! Dieses Wort hat die Kirche in den ersten Jahrhunderten im Taufritus anschaulich umgesetzt. Damals stiegen die (meist erwachsenen!) Täuflinge während der Feier der Osternacht ins Taufbecken und empfingen das Sakrament durch Eintauchen. Anschließend wurden sie mit weißen Gewändern bekleidet, welche sie bis zum folgenden Sonntag trugen – daher die Bezeichnung dominica in albis (Weißer Sonntag).

Die Ausstellung Taufe und vieles mehr birgt Exponate aus der Zeit von 1680 bis 1960. Zu sehen sind jede Menge alter Babyrasseln, Patenteller, wunderbar gearbeiteter Taufgarnituren bestehend aus Steckkissen, Hemdchen und Häubchen oder Taufmäntelchen für die kalte Jahreszeit. Ausgestellt sind überdies goldbeschriftete Erinnerungsteller („Von meiner Pathe“), aber auch eingravierte Tauftassen und -becher, welche zeitlebens an das wichtige Ereignis erinnern sollten.



PATENPFENNIG UND TAUFBRIEF

Besondere Aufmerksamkeit verdienen die auch von Jeremias Gotthelf erwähnten Taufbriefe, in denen der Pate oder die Patin ihre Wünsche für die Täuflinge festhielten. Die ursprünglich handgeschriebenen wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts allmählich von gedruckten abgelöst. Einer theologischen Prüfung halten die zumeist in Versform abgefassten Texte allerdings nicht in jedem Fall stand – so etwa wenn es heißt: „Mein liebes Pathchen! / Alles Heil und jeder Segen / kommt vom Herrn, der nur die Frommen liebt. / Wandle hier auf seinen Wegen / und du findest reichen Segen. 1884.“ Da stellt sich schon die Frage, ob der Vater in Jesu Gleichnis vom verlorenen Sohn diesen erst nach dessen Um- und Heimkehr liebte … Nicht ganz unwichtig war der dem Brief beigelegte ‚Patenpfennig‘. Der Brauch, Patengeschenke zu überreichen, kam im 13. Jahrhundert auf. Geldgeschenke waren erst seit dem 15. Jahrhundert üblich. Und die am meisten verbreitete Hülle war eben der Taufbrief. Der älteste bekannte dieser Art stammt aus Zabern im Elsass; er wurde 1593 geschrieben.

Außer dem Taufbrief war zeitweise auch das Taufbüchlein in Schwang. Die Einbände wurden teilweise mit feinster Seide überzogen und gelegentlich sogar bedruckt – ein Hinweis darauf, dass die Eltern des Täuflings sich nicht in irgendeiner Fabrik abrackerten, sondern sich in besseren Kreisen bewegten. Was übrigens schon für Gotthelfs Taufgesellschaft zutrifft, die sich, dem Taufschmaus nach zu urteilen, aus überaus wohlhäbigen Bauersleuten zusammensetzt.



Taufe und vieles mehr.

Sonderausstellung

Spielzeug Welten Museum Basel

Steinenvorstadt 1, 4051 Basel

Telefon: 0041/61/2259595

www.spielzeug-welten-museum-basel.ch

Noch bis 7. Oktober 2012, täglich von 10-18 Uhr.

Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016