Christen sind Friedenstreiber

24. August 2020 | von

Frieden ist ein zerbrechliches Gut - selbst wenn wir ihn in unseren Breiten nun schon so lange genießen dürfen, oft vielleicht sehr unbewusst. Der Bamberger Erzbischof erinnert an die christliche Verpflichtung zum Frieden. 

Vor 75 Jahren, am 8. Mai 1945, ging der Zweite Weltkrieg zu Ende. Dieser Tag wird mit den Worten des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizäcker als ein „Tag der Befreiung“ bezeichnet, weil er Deutschland und die ganze Welt von den kriegstreibenden Nationalsozialisten und ihrer Ideologie befreit hat. Auch dieser wichtige Gedenktag ist 2020 der Corona-Pandemie weitgehend zum Opfer gefallen. Zwar wurden an den Denkmälern der Opfer von Krieg und Gewalt Kränze niedergelegt und Gedenkminuten gehalten und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sowie andere Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland haben Reden gehalten, aber ohne Beteiligung von Mitwirkenden oder Zuschauern. Ebenso wurde im Ausland, zum Beispiel in Frankreich und Russland, des Kriegsendes vor 75 Jahren gedacht. Auch die Kirchen haben mit einem ökumenischen Gottesdienst in Berlin – ohne mitfeiernde Gläubige – für das Ende des Zweiten Weltkriegs gedankt. 

Wort der Bischöfe
Die deutschen Bischöfe haben am 29. April 2020 ein „Wort zum Ende des Zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren“ veröffentlicht mit dem Titel „Deutsche Bischöfe im Weltkrieg“. Es thematisiert „das Verhalten der katholischen Bischöfe während des Zweiten Weltkriegs“. Es wird als Eingeständnis von Versagen gewertet; die Bischöfe haben sich nicht entschieden genug gegen den Krieg von 1939 bis 1945 eingesetzt.
Wie alle Aktivitäten und Initiativen zum Ende des Zweiten Weltkriegs, ist auch dieses Wort der Bischöfe ohne große Resonanz in der Öffentlichkeit geblieben. Sicher, die Corona-Pandemie bedrückt uns zurzeit sehr. Aber es gibt weitere „Pandemien“ in unserer Welt und in unserer Zeit, denen wir Aufmerksamkeit widmen müssen. Kriege sind eine der schlimmsten Pandemien, die immer wieder ausbrechen und von denen es auch derzeit viele Hotspots gibt, zum Beispiel im Sudan und im Südsudan, in Nigeria, in Libyen, im Jemen und in Syrien; auch in Asien und in Europa werden Kriege geführt: Der Krieg in der Ukraine um die Krim geht weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit weiter. 
Über Einzelheiten des „Wortes der deutschen Bischöfe zum Ende des Zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren“ kann man unterschiedlicher Meinung sein. Aber die „Lehren für die Zukunft“, die es im IV. Teil nennt, müssen uns bewegen. Die deutschen Bischöfe wollen mit dieser Veröffentlichung aufrütteln und zum Nachdenken über die Bewahrung des Friedens beitragen. 

Kriegs- und Friedenstreiber
Im Zusammenhang mit Krieg sprechen wir immer wieder von „Kriegstreibern“. Gemeint sind die, die Kriege vom Zaun brechen und führen, meist aus eigensüchtigen, machtpolitischen, materialistischen und nationalistischen Gründen. Von denen gibt es auch heute im Jahr 2020 zu viele. Das Evangelium ruft uns auf, „Friedenstreiber“ zu sein. Aber auch Christen, beziehungsweise solche, die diesen Namen trugen und tragen, haben sich an Kriegen mit allen Folgen von Tötungen und Vernichtungen mitschuldig gemacht, indem sie sie selbst führten, daran teilnahmen oder zumindest nicht deutlich genug die Stimme dagegen erhoben. Das bekennt das Wort der deutschen Bischöfe im Blick auf die Vergangenheit und ruft dazu auf, dass jeder Christ und jede Christin – ganz besonders die Verantwortungsträger in der Kirche – „Friedenstreiber“ sein müssen, entsprechend der Forderung Jesu Christi: „Steck dein Schwert in die Scheide; denn alle, die zum Schwert greifen, werden durch das Schwert umkommen“ (Mt 26,52). Sie ist auch eine deutliche Mahnung, jeden Krieg zu verhindern, weil das gezogene Schwert, das geladene Gewehr, die abgeworfene Bombe immer nur Unheil bringen und Menschen vernichten.

Krieg: immer ungerecht
Christen haben bis in die jüngste Vergangenheit vom „gerechten Krieg“ gesprochen, der kriegerisches Handeln um eines legitimen Zieles willen und um Unrecht zu überwinden, erlaubt. Das war (vielleicht) in einer Zeit, in der Mann gegen Mann gekämpft wurde, um der Selbstverteidigung willen von Personen, aber auch von Nationen, verständlich und hinnehmbar, obwohl schon immer vom Geist des Evangeliums nicht getragen. Heute, mit den modernen Möglichkeiten der Kriegsführung, durch Bomben, sogar Atombomben, unbemannten Drohne, die töten etc., kann es keinen gerechten Krieg geben. Vielmehr ist eindeutig festzustellen: Krieg ist immer ungerecht, weil er Menschen bedroht, schädigt und tötet, auch solche, die mit dem Anlass und Ziel der Kampfhandlungen nichts zu tun haben. Es gibt keinen gerechten Krieg! Wir Christen sind gefordert, jeden Krieg zu vermeiden und jede Feindseligkeit im Keim zu ersticken. Christen müssen Friedenstreiber sein, denn es gibt nur gerechten Frieden, der aber stets neu errungen und gepflegt werden muss. 
Dazu bekennen sich die Bischöfe in ihrem Wort zum Ende des Zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren.

Zahlreiche kirchliche Stellungnahmen und Studien befassen sich mit dem Verhältnis der katholischen Kirche zum Nationalsozialismus. Noch nie jedoch haben sich die deutschen Bischöfe ausführlich und systematisch zur Haltung ihrer Vorgänger zum Zweiten Weltkrieg geäußert. Die Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz hat sich deshalb entschieden, anlässlich des 75. Jahrestags des Kriegsendes ein Wort zum Thema „Deutsche Bischöfe im Weltkrieg“ zu veröffentlichen. Es richtet sich an Kirchengemeinden und katholische Organisationen ebenso wie an die weiter gefasste kirchliche und gesellschaftliche Öffentlichkeit.
Zum Download verfügbar ist es unter www.dbk.de. Es kann dort auch als Broschüre bestellt werden.

 

Zuletzt aktualisiert: 24. August 2020
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