Der Entdecker der Altersdemenz

27. Mai 2014 | von

Wenn heute der Name Alzheimer fällt, wird er zunächst mit der Krankheit verbunden, die nach Alois Alzheimer benannt wurde und deren Entdeckung zu einem Meilenstein der Neurologie zählt. Weit weniger bekannt ist jedoch der Mensch hinter dem Namen. Er wurde vor 150 Jahren in Mainfranken geboren.



Geboren wurde Alois Alzheimer am 14. Juni 1864 in Marktbreit, einem kleinen fränkischen Ort am Main. Er war der älteste Sohn des Notars Eduard Alzheimer und seiner zweiten Ehefrau, Barbara Theresia Busch. Nach dem Abitur 1883 absolvierte er ein Medizinstudium zunächst in Berlin, dann in Tübingen und schließlich in Würzburg. 1888 schloss er seine medizinische Ausbildung mit Doktorarbeit und dem medizinischen Staatsexamen ab.



IRRE UND EPILEPTIKER

Seine Berufslaufbahn begann Alois Alzheimer als Assistenzarzt in Frankfurt. Die Einrichtung trug den Namen „Anstalt für Irre und Epileptiker“ und galt in damaliger Zeit als fortschrittlich, da sie die Patienten nicht nur verwahren, sondern auch mit zeitgemäßen Behandlungsmethoden versorgen wollte.

Alzheimer hatte in Frankfurt nicht nur Kontakt mit den Patienten, sondern es ergab sich auch die Möglichkeit zu histologischen und mikroskopischen Untersuchungen. Bei letzteren arbeitete er mit dem Oberarzt Franz Nissl, einem der bedeutendsten Histologen seiner Zeit, auf fruchtbare Art und Weise zusammen. Sie erforschten die Histopathologie des Gehirns und  die anatomischen Ursachen neurologischer Erkrankungen.

Auch im Privatleben waren die Frankfurter Jahre zunächst eine glückliche Zeit für Alois Alzheimer. 1895 heiratete er die zum evangelischen Glauben konvertierte Jüdin Cecilie Geisenheimer. Den Eheleuten wurden drei Kinder geboren. Leider verstarb

Cecilie bereits 1901 und Alzheimer stürzte sich in seiner Trauer in die Arbeit.



PATIENTIN AUGUSTE D.

In dieser Zeit lernte er eine Patientin kennen, die seinen Namen berühmt werden lassen sollte: Auguste D. Die 51-jährige Frau fiel ihrer Familie durch ein seltsam verändertes Verhalten auf. Die einstmals ordentliche und fleißige Ehefrau wurde zunächst grundlos eifersüchtig, vergaß Kochrezepte, vernachlässigte die Arbeiten im Haus und litt zunehmend unter paranoiden Vorstellungen. Auguste D. wurde von ihrem verzweifelten Ehemann in die Frankfurter „Anstalt für Irre und Epileptiker“ gebracht. Über die Gespräche mit ihr führte Alzheimer ausführlich Protokoll. Nie zuvor hatte er eine Patientin mit ähnlichen Symptomen gesehen.

Ihm fiel auf, dass die Patientin selbst auf einfache Fragen, wie z. B. der nach dem Namen des Ehemannes, falsch antwortete und darüber hinaus zeitlich und örtlich verwirrt schien. Oft sprach sie Wörter falsch aus oder las sie als einzelne Buchstaben vor. Beim Schreiben vergaß sie teilweise ganze Silben oder wiederholte sie.



KÖNIGLICH-PSYCHIATRISCHE KLINIK

Ein interessantes Angebot führte Alois Alzheimer 1902 weg aus Frankfurt. Der bekannte Psychiater Emil Kraepelin rief ihn zunächst zu sich nach Heidelberg. Als Kraepelin an die Königliche Psychiatrische Klinik in München wechselte, begleitete ihn Alzheimer. Am neuen Wirkungsort standen ihm die vielfältigen Möglichkeiten des großen anatomischen Labors der Klinik zur Verfügung und er konnte sich zügig habilitieren. 

Über den sich weiter verschlechternden Krankheitsverlauf im Falle Auguste D. hielt man ihn auf dem Laufenden. Seine ehemalige Patientin zog sich immer mehr zurück und lag schließlich nur noch zusammengekauert im Bett. Kurz vor ihrem 56. Geburtstag verstarb sie.

Alzheimer untersuchte das Gehirn der Verstorbenen. Was er vorfand, war ein Zustand verbreiteter Atrophie. Der Forscher fertigte histologische Schnitte an, um das Gehirn genauer zu untersuchen. Der mikroskopische Befund zeigte sehr viele abgestorbene Nervenzellen. Darüber hinaus fielen noch weitere Veränderungen ins Auge. Dazu zählten abnorm verdickte Neurofibrillen. Plaqueartige Ablagerungen, verteilt über die gesamte Hirnrinde, ergänzten das Bild. Damit zeigten sich am Gehirn der Patientin die Veränderungen, die heute als typisch für die Alzheimer´sche Krankheit angesehen werden.



SPÄTE ANERKENNUNG

1906 ging Alois Alzheimer mit seinen Beobachtungen während einer „Irrenärzte“-Versammlung in Tübingen an die Öffentlichkeit, traf aber auf wenig Interesse seiner Kollegen. Niemand wollte seinen Beitrag veröffentlichen. Erst die Initiative Kraepelins, der die Ergebnisse Alzheimers in die Neuauflage seines Lehrbuchs der Psychiatrie aufnahm, bereitete ab 1910 der Anerkennung der neuen Krankheit den Weg. Alzheimer selbst veröffentlichte die erste ausführliche Fallbeschreibung im Jahr 1911.

1912 wurde Alois Alzheimer zum Professor und Leiter der renommierten psychiatrischen Klinik der Friedrich-Wilhelms-Universität in Breslau berufen. Leider war seine Gesundheit seit dem Umzug derart stark angeschlagen, dass er sich nicht mehr erholen konnte und am 19. Dezember 1915 verstarb. Er wurde im Hauptfriedhof von Frankfurt am Main neben seiner Gattin beigesetzt.





Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016