Der nimmermüde Wundertäter

15. Dezember 2025 | von

Wenn auf die Fürsprache des hl. Antonius Wunder geschehen, dann bleibt das nicht folgenlos: Jedes Wunder zieht Kreise und trägt dazu bei, den Paduaner Heiligen noch bekannter und beliebter zu machen.

Der Anhang der Benignitas berichtet im 3. Abschnitt über ein „wundersames Gespräch des Wucherers Jacopino da Cartura“:

23.12 Der Laie, Br. Jacopino da Cartura, erzählte, dass er aus folgendem Grund in den Orden eingetreten sei. Im Laufe seines Lebens war er ein zügelloser Wucherer gewesen; aber durch göttlichen Willen hatte er keine Kinder, die bisweilen den Weg des Heils für manche blockieren.
23.13 Seine Frau hingegen war eine aufrichtige Gläubige, und durch sie konnte er, wie der Apostel schreibt, zur Erlösung gelangen. Tatsächlich betete sie unablässig zu Gott und zum heiligen Antonius und besuchte jeden Tag die Kirche des Heiligen, damit Gott sich aus Liebe zu seinem Auserwählten herablasse, ihren Mann zu bekehren.
23.14 Dieser hingegen besuchte nicht nur nie den Heiligen, sondern misshandelte sogar die Pilger und verspottete überall seine Wunder.
23.15 Eines Tages jedoch, als er von der aufdringlichen Beharrlichkeit seiner Frau besiegt war, ging er zur Kirche Sankt Anton. Genau in diesem Moment wurde ein Mann, der einen verkrampften und ausgetrockneten Arm hatte, wie ein trockenes und krummes Holz, am Grab des Heiligen geheilt.
23.16 Als der Geheilte laut aufschrie, während sich seine Nerven entspannten, eilten alle Anwesenden in der Wallfahrtskirche herbei, um das Wunder zu sehen, und zusammen mit den anderen eilte auch Jacopino dorthin.
23.17 Und er begann, den Kranken aufmerksam zu beobachten, der ein glühendes Gesicht hatte und vor Schmerzen keuchte, und bemerkte, wie sich sein Arm zusehends ausdehnte und sich reichlich mit Fleisch und Blut füllte, als ob eine Wurst gestopft wird. 
23.18 Als Jacopino ein solches Wunder sah, kehrte er direkt nach Hause zurück. Und nun, in seiner Seele verwandelt, sagte er zu seiner Frau: „Frau, es ist nicht mehr an der Zeit, hier zu bleiben.“ 
23.19 Und er kam sofort zur Ordnung und gab etwa 20.000 Lire des mit Wucher angehäuften Geldes zurück. Im Gegenzug zog sich die Frau glücklich zu den Nonnen von Santa Chiara zurück.

„Der ungläubige Mann ist durch die Frau geheiligt“, heißt es im 1. Korintherbrief (1 Kor 7,14), das sind die Worte des Apostels Paulus, auf die in Benignitas 23.13 und übrigens schon in der Assidua 42.2 angespielt wird.
Tatsächlich lässt sich in der Chronik des Konvents von Padua nachweisen, dass dort in den Jahren 1272 bis 1279 ein Frater Jacobinus de Carturio gelebt hat. Die Bekehrung des Wucherers erinnert an die biblische Geschichte von Zachäus, der vom unrechtmäßig erworbenen Geld einen Großteil zurückgab. Jedenfalls erfolgte die wundersame Konversion des Ausbeuters durch die inständigen Gebete seiner Frau, die dann selbst ins Kloster eintrat und Klarissin wurde. Die Heilung eines steifen Armes, die der Bekehrte zuvor beobachtete (Benignitas 23.15), ist ein neuer Zusatz, der bei den anderen Biografien nicht zu finden ist.

IV. Der Minorit Theoderich, der von Blindheit geheilt wurde
23.20 Ein Bruder des Minoritenordens namens Theoderich war seit zwei Jahren auf dem linken Auge blind. Er pilgerte unter großen Gefahren für seine Sicherheit aus Apulien zum Grab des hl. Antonius.
23.21 Er hielt sich einige Zeit im Franziskanerkloster von Padua auf, besuchte oft andächtig die Grabstätte des Heiligen und flehte dort beharrlich um die Gnade der Heilung.
23.22 Als er schließlich die ersehnte Sehkraft wiedererlangt hatte, kehrte er glücklich und dankbar in seine Heimatregion zurück, aus der er gekommen war.

Dieselbe Geschichte begegnet uns fast wortwörtlich in einer weiteren Biografie des hl. Antonius, im sogenannten Dialogus (Dial. 14.1-2). Das inständige Gebet des Kranken und die Nähe zum hl. Antonius an dessen Grab haben auf wundersame Weise die Blindenheilung bewirkt.

V. Schiffbrüchige vor dem Untergang gerettet
23.23 Eine Gruppe von etwa 26 Männern und Frauen segelte vom Ort Sankt Hilarius, der zum Bistum Padua gehört, nach Venedig und erreichte bei Sonnenuntergang die Ortschaft Sankt Georg in Alga.
23.24 An diesem Punkt brach ein heftiger Sturm aus, begleitet von einem Wolkenbruch, während sich ringsum eine Decke der Finsternis zusammenbraute und Gegenwinde wehten, so dass das Schiff, da es nicht in der Lage war, anzulegen, von den Wellen hin und her geschleudert wurde.
23.25 Die Seeleute, die den bevorstehenden Tod erwarteten und sich jeglicher menschlicher Hilfe beraubt fühlten, begannen, ihre Sünden in einer öffentlichen Beichte offenzulegen. Und nachdem sie von einem anwesenden Priester die Absolution erhalten hatten, riefen sie einmütig unter Weinen und lautem Wehklagen den Schutz des seligen Antonius an und gelobten, das eine oder das andere zu opfern. 
23.26 O Macht des seligen Vaters! O ehrwürdige Barmherzigkeit von ihm! Als ihr Leben in Gefahr war, kam ihnen sofort die erbetene Tugend des Allerhöchsten dank der Verdienste seines Heiligen entgegen.
23.27 Zuerst wurde die Unruhe gestillt; dann strahlte vom Schiff ein außergewöhnliches Licht aus, das denen zugutekam, die sich in der Dunkelheit verirrt hatten, und sie mit unglaublicher Geschwindigkeit und unversehrt zum Hafen der Erlösung führte, wo das geheimnisvolle Licht verschwand.
23.28 Die Geretteten, die sich auf wundersame Weise durch die Führung des heiligen Mannes aus den Klauen des Todes gerettet wussten, erwiesen ihm dankbar ein feierliches Lob­opfer.
Die Rettung der Seeleute bei Sturm aus der Macht des Todes ist bereits in der Assidua (Ass 43.2-7) so berichtet. Die erzählte Geschichte erinnert auch sehr stark an die biblische Erzählung vom Seesturm, bei dem die Jünger mit dem Gegenwind zu kämpfen hatten, z. B. im Markus-Evangelium (Mk 4, 35-41).

VI. Wiederauferstehung des Handwerker-Sohns
23.29 Ein Holzhandwerker in der Provinz Treviso hatte sich aus aufrichtiger Frömmigkeit den seligen Antonius zum Beschützer erwählt.
23.30 Er hatte einen kleinen Sohn, den er sehr liebte. Gott nahm ihn ihm durch den Tod, der das Schicksal aller ist.
23.31 Wie üblich waren die Verwandten gerade dabei, die Leiche zu begraben, als der Vater, entschlossen, den leblosen Körper zu erhalten, mit glühender Zuversicht zu den Umstehenden sagte: „Ich bin sicher, dass der selige Antonius, den ich immer mit völliger Hingabe geliebt habe, Mitleid mit meinem Schmerz haben und den Jungen wieder zum Leben und zur Gesundheit zurückbringen wird.“
23.32 Es war bereits der dritte Tag vergangen, doch der Verstorbene zeigte keinerlei Anzeichen von Leben; so verspotteten Freunde und Nachbarn die Einfachheit dieses gerechten Mannes, der darauf wartete, dass dieser drei Tage alte Leichnam wieder zum Leben erwachte, obwohl er bereits Gestank verbreitete, wie Lazarus.
23.33 Schließlich kam die wunderbare Macht des Schöpfers dank der Verdienste des heiligen Antonius plötzlich dem Handwerker zu Hilfe, der im Gebet und unerschütterlichen Glauben ausharrte. Unter dem Erstaunen und der Freude aller Anwesenden erholte sich der junge Mann und wurde wieder gesund.
23.34 Die Umstehenden priesen Gott mit Lobgesängen angesichts des Wunders, da er es sich zur Ehre gemacht hatte, einen gebrochenen Vater so liebevoll zu trösten und seinen Heiligen durch die Auferstehung des Jungen so wunderbar zu verherrlichen.

Totenerweckungen gehören zu den größten Wundern, die Jesus als Gottessohn vollbringen konnte. Der ausdrückliche Bezug auf den dritten Tag erinnert an die Auferstehung Jesu selbst. Deutlich erkennbar ist in 23.32 die Anspielung auf die Erweckung des Lazarus im Johannes-Evangelium (Joh 11,1-46). Lazarus war bereits vier Tage im Grab und seine Leiche verbreitete daher einen entsprechenden Verwesungsgeruch.
 

 

Zuletzt aktualisiert: 15. Dezember 2025
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