Ein Krankenhaus geht in Betrieb

18. November 2019 | von

Ich kann mich noch gut erinnern, als Br. Marian Gołąb vor längerer Zeit in meinem Büro im Kloster Schwarzenberg saß – mit dabei eine kleine gelbe Mappe, darin die Projektbeschreibung für ein Krankenhaus in Matugga, Uganda – einem Ort, von dem ich bis dahin noch nie etwas gehört hatte.
Br. Marian freilich war dieser Ort bestens vertraut. Denn bevor er im März 2016 zum Provinzialminister der Krakauer Provinz gewählt worden war, hatte er mehrere Jahre als Missionar in Uganda gearbeitet, und das afrikanische Land ist ihm bis heute eine Herzensangelegenheit. Nun sammelte er also Spendenzusagen für das Krankenhausprojekt, je mehr, desto besser. Meine Motivation, etwas über den eigenen Tellerrand hinaus zu tun, war groß, und bei den Brüdern meines Konvents stieß ich zum Glück auf offene Ohren: Ja, wir unterstützen das Projekt! Und so haben wir begonnen, Geld für „unser“ Krankenhaus in Matugga zu sammeln und durften uns rasch freuen über eine Welle der Unterstützung, die bis heute nicht abgeebbt ist.

Gute Voraussetzungen
Ein Pluspunkt unseres Spendenprojekts war von Beginn an Br. Stanislaus Strojecki, der über ein Jahrzehnt im Kloster Neustadt/Waldnaab gewirkt hat und der nach dem Ende seiner letzten Amtszeit als Guardian die Erlaubnis erhielt, als Missionar nach Uganda zu gehen – für ihn ein Lebenstraum und für uns die zusätzliche Gewissheit, dass wir uns darauf verlassen können, dass das Geld auch tatsächlich ankommt und zweckbestimmt verwendet wird. Obendrein hat die Präsenz der polnischen Franziskaner-Minoriten in Uganda einen guten Ruf. Erst seit 2001 ist unser Orden dort präsent, doch die Brüder konnten schon drei Niederlassungen gründen und freuen sich über einige „einheimische“ Berufungen: Gute Zeichen dafür, dass der Orden dauerhaft Fuß fassen kann. Neben den pastoralen Diensten haben sie auch bereits Erfahrungen mit Einrichtungen der Gesundheitsfürsorge gesammelt und sind bestens mit den Gegebenheiten vor Ort vertraut. Was kann man sich noch mehr wünschen, um einem Projekt Vertrauen zu schenken?

Medizinische Notwendigkeiten
Die Ausgangssituation hat gestimmt und der Bedarf nach einem Krankenhaus lag auf der Hand. In Matugga, einer 30.000 Einwohner zählenden Stadt, unterhalten die Brüder einen Konvent. Dort gibt es bislang nur ein kleines staatliches Krankenhaus, das aber hoffnungslos überlastet ist. Schwerere medizinische Fälle müssen sowieso in die 20 Kilometer entfernte Hauptstadt Kampala überwiesen werden. Abgesehen von den hohen Kosten kann eine solche Fahrt bei schlechten Straßenverhältnissen oder unzureichenden Verkehrsmitteln schnell lebensbedrohlich werden. Es liegt nahe, dass die Brüder hier Abhilfe schaffen wollten.

Kurze Bauzeit
Schon kurz nach unserer ersten größeren Überweisung erhielten wir die Nachricht: Der erste Spatenstich ist erfolgt! Dank des Internets erhielten wir regelmäßig Informationen über den Baufortschritt und konnten uns überzeugen, dass unser Einsatz sich lohnt. Am 16. September dann die erfreuliche Nachricht: Das Krankenhaus ist in Betrieb! Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass mit den Bauarbeiten erst Ende des Jahres 2017 begonnen worden war. Nicht einmal zwei Jahre wurden benötigt, bis das Krankenhaus mit Erwachsenenabteilung, Kinderstation und Kreißsaal fertig gestellt war. 
Die finanzielle Verantwortung tragen die Franziskaner-Minoriten. Im Betrieb des Krankenhauses werden sie von Fachkräften und Immaculata-Schwestern unterstützt. Sie alle zusammen freuten sich am 21. September über die erste Geburt im neuen Krankenhaus. Ein gesundes Mädchen erblickte das Licht der Welt und wurde auf den Namen Wanda Clara getauft. Die Verbindung zu „Clara“dürfte aufgrund des franziskanischen Hintergrunds des Hospitals auf der Hand liegen. Aber was hat es mit „Wanda“ auf sich?

Eine Polin als Patronin
Namenspatronin des Krankenhauses ist die polnische Ärztin und Missionarin Wanda Maria Błeńska. 1911 in Posen geboren, studierte sie Medizin und arbeitete anschließend im städtischen Krankenhaus von Toruń (Thorn). Während des 2. Weltkriegs beteiligte sie sich an Untergrundaktionen gegen die Nationalsozialisten, die sie letztlich für einige Monate ins Gefängnis brachten. Nach dem Krieg hielt sie sich für einige Zeit in Deutschland auf, wo sie ihren Bruder in Kriegsgefangenschaft besuchte, anschließend ging sie nach England, bevor sie schließlich auf Einladung eines Bischofs nach Uganda ging, um dort in einer Lepraklinik zu arbeiten. Bis heute ist sie dort als „polnische Mutter der Leprakranken“ ein Begriff. Erst im Alter von 82 Jahren kehrte sie in ihre polnische Heimat zurück, wo sie im hohen Alter von 103 Jahren am 27. November 2014 starb. Wie die Bilanz eines erfüllten Lebens lesen sich ihre Sätze: „Es war großartig, eine Ärztin im Missionsgebiet zu sein. Denn dort heilst du nicht nur Krankheiten, sondern auch die Seele. Ich weiß nicht, wie vielen Patienten ich mit Medikamenten helfen konnte – ich weiß aber auch nicht, wie viele Heilung fanden, weil ich für sie gebetet habe!“

Krankenhaus als Lebensretter
Die polnische Ärztin Wanda wird den Mitarbeitern/innen des neuen Krankenhauses gewiss ein Vorbild sein. Schon bei der Inbetriebnahme gab Br. Wojciech Ulman dem Team mit auf den Weg: „Wer seine Arbeit nicht liebt, der wird nicht lange Bestand haben!“ Die offizielle Einweihung des Krankenhauses wird übrigens am 1. Dezember 2019 gefeiert. Dann wird auch der Krakauer Provinzialminister zugegen sein – und sicher auch schon der ein oder andere Patient, der dem Krankenhaus sein Leben zu verdanken hat.

Zuletzt aktualisiert: 18. November 2019
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