Im Wandel der Zeiten

18. April 2006 | von

Seit 950 Jahren wird im Stift Lambach gebetet und gearbeitet. Auch das Schulwesen ist dem Kloster ein Anliegen geblieben. Zum Jubiläum präsentiert eine Ausstellung die sehenswerten Archive, Kunstwerke und Gebäude.

„In Fluss – am Fluss“ lautet der Titel einer Jubiläumsausstellung in dem 950 Jahre alten Benediktinerstift Lambach. Es liegt zwischen dem Eisenbahnknotenpunkt Attnang – Puchheim und der oberösterreichischen Bezirksstadt Wels. Der Titel der Schau, so vermerkt es Prior Pater Maximilian Neulinger und Dr. Klaus Landa, von der Ausstellungsleitung, bezieht sich auf die einzigartige Lage des Stiftes direkt über der Traun. Die gesamte Südfront der Stiftsanlage spiegelt sich im Wasser dieses Flusses. Die lange Geschichte des Hauses wiederum zeigt ein Kloster in Fluss durch die Jahrhunderte, mit vielen Höhen und manchen Tiefen.

Studienfreunde. Zwei Bischöfe, Adalbero von Würzburg und Altmann von Passau, sowie eine erkleckliche Anzahl der 58 bisher amtierenden Äbte prägten die Geschicke Lambachs. Adalbero, Sohn des Grafen Arnold von Lambach–Wels, und der aus einem fränkischen Geschlecht stammenden Ehegattin Reginlind, studierte in Würzburg und Paris und wurde Bischof von Würzburg. In seiner langen Regierungszeit erbaute er den Würzburger Dom und kümmerte sich besonders um die Reform des Klosters Münsterschwarzach. Das von seinem Vater als Kollegiatsstift für zwölf Weltpriester ererbte Familiengut wandelte er auf Rat des Passauer Bischofs und mit Zustimmung von Papst Gregor VII. in eine Benediktinerabtei um, wozu er Mönche der cluniacensischen Richtung aus Münsterschwarzach berief. Bischof Altmann, Studienfreund Adalberos, weihte die erste romanische Kirche 1089, ein Jahr vor Adalberos Tod. Adalbero befand sich an seinem Lebensende in Lambach, weil er von Kaiser Heinrich IV. wegen des Investiturstreites von Würzburg vertrieben worden war.

Im Wandel. Das Kloster erlebte unmittelbar nach Gründung eine Blütezeit. Es konnte von sich aus das heute berühmte Kloster Melk an der Donau besiedeln. Auch die faszinierende Dreifaltigkeitskirche im nahe gelegenen Stadl-Paura, berühmt durch ihren dreieckigen Grundriss, ließen die Lambacher Mönche bauen. Papst Pius II. (Enea Silvio Piccolomini) verlieh dem Abt das Recht, die Pontifikalien (Mitra und Stab) zu tragen. Schon im 12. Jahrhundert führte die Abtei eine Schreiberschule, wie überhaupt das Schulwesen immer ein Anliegen des Klosters war.
Schwierige Zeiten erlebten die Klosterinsassen zur Zeit der Glaubensspaltung wie durch Plünderungen des bayrischen Heeres, aber auch durch die Bauernaufstände und die napoleonischen Kriege. Napoleon selbst schlug zweimal sein Quartier in Lambach auf. Die Klosteraufhebung durch Kaiser Joseph II. konnte durch den persönlichen Einsatz des Abtes verhindert werden. 1938 wurde das Kloster von der Deutschen Wehrmacht beschlagnahmt, 1942 von den Nationalsozialisten aufgehoben, 1945 wiederhergestellt.

Wertvolle Fresken. Das aus dem 12. Jahrhundert stammende Kloster wurde mehrmals umgebaut, barockisiert und zu einer großartigen Anlage ausgebaut. Kunstsinnige Äbte, die sich durch ihre Auftragsvergaben an bedeutende Künstler ihrer Zeit verpflichtet fühlten, den christlichen Glauben für das einfache Volk leicht erfassbar darstellen zu lassen, kümmerten sich um die Ausgestaltung des Klosters und der Kirche. Sowohl in der Stiftskirche wie in vielen Räumen der Anlage überwiegen Fresken. Ein am Ende des vorigen Jahrhunderts freigelegter Freskenzyklus mit romanischen Wandmalereien im Westchor des Stiftes gilt als der wertvollste Fund der Romanik im süddeutschen Raum. Ein großartiges Fresko in der Bibliothek zeigt den zwölfjährigen Jesus lehrend im Tempel und daneben die abendländischen Kirchenväter Gregor, Augustinus, Hieronymus, Ambrosius und vier Kirchenlehrer aus dem Benediktinerorden.

Blickpunkte. Die Säulenhalle der Stiftskirche (Mariazell nachahmend) mit dem Bild Mariä Himmelfahrt ist aus Marmor. Die Bibliothek umfasst 50.000 Bände. Im Stiftsarchiv befinden sich 2.800 wertvolle Urkunden, das Musikarchiv beherbergt die einzige vorhandene Abschrift der Lambacher-Symphonie von Mozart. Das Barocktheater wurde 1770 mit dem Stück „Der kurzweilige Hochzeitsvertrag“ eröffnet. Den Anlass dafür bot die Nächtigung der Marie Antoinette, Tochter Maria Theresias, auf ihrer Hochzeitsfahrt nach Paris. Das Theater wird seit 2003 wieder mit einem eigenen Ensemble bespielt.
Außer drei kleinen Innenhöfen birgt das Klosterareal auch drei große Höfe, den Klosterhof, den Kreuzgarten und den Konventsgarten. Im letzteren fallen sechs Barockzwerge ins Auge. In der Gärtnerei stehen Steinfiguren, die sich auf die vier Elemente beziehen. Zu diesen und vielen anderen Kostbarkeiten kommt auch das auf der Westseite des Klosters befindliche marmorne Stiftsportal mit der Inschrift „BENEDIC DOMINE DOMUM ISTAM – SERVIRE SUPERIS BEATA EST SERVITUS“ (Segne, Herr, dieses Haus – dem Höchsten zu dienen ist ein glückliches Dienen, eine glückliche Knechtschaft). Zum benediktinischen Wahlspruch „Ora et labora“ kommt für die Lambacher Mönche noch das glückliche Dienen.

Das Stift heute. 16 Angehörige des Klosters, davon elf Patres, leisten unter dem seit 1986 regierenden Abt Gotthard Schafelner ihre Dienste im Stift und den fünf inkorporierten Pfarren. Von dem 550 Hektar großen Grundbesitz sind mehr als zwei Drittel wenig ertragreicher Wald. Das Stift beherbergt eine vom Land Oberösterreich betriebene landwirtschaftliche Fachschule und führt selbst ein Realgymnasium und eine Handelsakademie. In den Schulen und Betrieben beschäftigt das Stift mehr als hundert Menschen.
Die umfangreiche Jubiläumsausstellung ist bis Ende Oktober geöffnet.

 

 

Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016