Kleine Schritte der Liebe

15. Dezember 2003 | von

Russland macht gerade einen rasanten Wandel durch, und den  Menschen wird keine Zeit gegeben, diesen nachzuvollziehen. Vor allem junge Leute laufen dabei Gefahr, sich von falschen Lichtern blenden zu lassen. Tanja, Rafail, Grischa, Ira und Natascha haben einen Weg gefunden, der von wahren Werten abgesteckt ist: Glaube an Gott, Gemeinschaft und Liebe.    

Moskau. Wintersemester 1991/92. Meine Studenten an der Lomonossow-Universität sind mit rührender Ernsthaftigkeit bei der Sache. Ich beobachte  bei meinen Vorlesungen der deutschen Sprache, wie konzentriert sie sich auf die Veranstaltung vorbereitet haben und aktiv teilnehmen.
Elf Jahre später... Von 25 eingeschriebenen Teilnehmern kommen nur 10 regelmäßig zum Unterricht. Andere entschuldigen sich wegen angeblicher Krankheit oder bleiben einfach weg. Viele Studenten zählen auf die massive finanzielle Unterstützung der Eltern, Bestechungen bei Prüfungen sind längst keine Seltenheit mehr. Ich spüre in  vielen meiner Studenten eine tief sitzende, zuweilen fatalistisch getönte Lustlosigkeit. 

Rasanter Wandel. Ich lebe seit 1991 in Russland und bin Zeugin einer rasanten Veränderung, die das ganze Land erfasst hat. Die Jugendlichen sind naturgemäß die unmittelbar Betroffenen dieses beschleunigten Wandels. Sie suchen nach positiven Leitbildern. Doch gerade daran herrscht großer Mangel, denn auch die Älteren kämpfen um ihre neu zu gewinnende Identität in Beruf und Familie. Für das Gespräch mit der jungen Generation, die Auseinandersetzung mit deren berechtigten Fragen und kritischen Anliegen bleibt also kaum mehr Raum. So wächst nicht zuletzt auch eine Entfremdung zwischen Jung und Alt.
 Die starke “Verwestlichung” des Landes und der Wunsch nach einem sorgenfreien, materiell befriedeten Leben drohen seine unvergleichlich imposante Kultur und Geistesgeschichte auszuhöhlen. Man hat diesem Russland  durch die sich überschlagenden Ereignisse der Zeitgeschichte buchstäblich keine Zeit gegeben, in die neue Welt hineinzuwachsen.

Natascha bleibt sich treu . Aber es gibt Ausnahmen: Natascha zum Beispiel. Nicht ohne Eleganz entsichert die junge, zierliche Frau ihre Dienstwaffe. Ebenso gelassen wie konzentriert absolviert sie ihre Schiessübungen. Lange schon ist den männlichen Kollegen jede herablassende, spöttische Bemerkung vergangen. Sie respektieren ihre Kollegin. Natascha ist Polizistin. In wenigen Jahren hat sie bereits Karriere gemacht, und das bei der Polizei, deren Ruf in Russland alles andere als schmeichelhaft ist. Sie gilt als bestechlich.
 Zweifellos: Natascha hat sich durchgesetzt in diesem männlich dominierten Beruf. Dabei aber ist sie sich selbst immer treu geblieben. Selbstbewusst weist sie auf die drei Sterne an den Schulterstücken ihrer Uniform: Loyalität, sagt sie nicht ohne Stolz. “Loyalität ist alles”. Und fährt dann fort: Ich bemühe mich, pünktlich zur Arbeit zu kommen und meinen Dienst so gewissenhaft wie möglich zu erledigen. Weil ich genau weiß, was ich will, bereiten mir vermeintliche banale oder nervtötende Arbeiten keinerlei Probleme: Ein Protokoll aufzunehmen oder” – Natascha setzt ein entwaffnendes Lächeln auf – “auch schon mal für meine Vorgesetzten Kaffee zu kochen. – Wie wär´s: Möchtest du eine Tasse?” So entspinnt sich ein angeregtes Gespräch am Schreibtisch der jungen Polizistin. Die Dienststelle im Moskauer Vorort Domodedovo ist an diesem frühen Abend nur schwach besetzt.
 
Mobbing und Gegenmittel . “Eine meiner Kolleginnen”, beginnt Natascha, “war mir total unsympathisch. Vera Petrowna redete hinter meinem Rücken schlecht über mich und meine Familie und verbreitete die wildesten Gerüchte über mein Privatleben.
Umso dankbarer war ich, als ich in ein anderes Revier versetzt wurde. Als ich am ersten Tag jedoch das neue Büro betrat, stellte ich zu meinem großen Entsetzen fest, dass mein Schreibtisch ausgerechnet direkt neben dem einer unerwarteten Kollegin stand: nämlich Vera Petrowna. Da lacht sie: “Meine Geschichte mit Vera war ganz offensichtlich noch nicht abgeschlossen.”
 Natascha beschloss also, diese Herausforderung anzunehmen. Eines Morgens stellte sie der Kollegin einfach einen Blumenstrauß auf den Schreibtisch  und begann, manchmal in der Mittagspause nach den Kindern  zu fragen. Ich erfuhr von den Problemen in ihrer Familie. Der Mann trinkt und ihr ältester Sohn hat Kontakte zur Moskauer Drogenszene. Oft schläft sie nachts vor Sorgen nicht, und da ist schon klar, dass sie in der Arbeit meistens mit den Nerven völlig fertig ist.  Jetzt arbeitet Natascha bereits ein Jahr in der neuen Dienststelle. Eigentlich war es gar nicht so schwer, Kontakt zu Vera Petrowna zu finden. Mittlerweile habe ich entdeckt, worüber sie sich freut, und oft lachen wir zusammen über eine Situation im Büro. Zu ihrem Geburtstag bekam Natascha von ihren Kollegen ein Armband geschenkt. Mit dir wird die Arbeit zum Vergnügen, hatte ihr beim Überreichen Vera Petrowna gesagt.

Gebet der Polizistin. In all ihrer Nüchternheit ist Natascha ein sehr einfühlsamer, sensibler Mensch. Das zeigt sich nicht zuletzt in ihren Gedichten. “Dieses hier habe ich nach den Ereignissen des 11. September 2001 geschrieben”, sagt sie und öffnet ein kleines Notizbuch. “Damals habe ich mir auf diese Weise den Schock von der Seele geschrieben. Mein Gedicht bezeugt unser aller Verletzlichkeit. Aber erinnert auch an unsere Würde. Eine Würde, die uns niemand nehmen kann. In dieser Haltung habe ich an die Opfer der Anschläge gedacht. Ich war voller Trauer, doch während ich schrieb, ist in mir auch eine neue Zuversicht entstanden, eine unvergleichlich starke, nämlich schmerzgeborene Hoffnung.”
“Das ist wie ein Gebet”, sage ich in das Schweigen hinein, das uns auf einmal umgibt. Natascha schaut mich an: “Ja, wenn ich schreibe, spüre ich, wie sich die Worte in mir formen. So als ob ein Anderer in mir zu sprechen beginnt.“
 
Wettstreit der Liebe.  Aus ihr heraus würde es ihr nämlich kaum gelingen, so optimistisch zu sein, erklärt Natascha. Als sie 8 Jahre alt war, lernte ihre Familie Menschen kennen, die mit dem Evangelium Ernst machten. „Ich war damals ja noch klein, und erinnere mich hauptsächlich daran, dass unsere neuen Freunde viel mit mir spielten, und wir zusammen immer überlegten, wie wir die anderen glücklich machen können. Ich begann, meiner Mutter beim Abwasch zu helfen, nicht immer mit meinem kleinen Bruder zu zanken. In der Schule machte ich meiner Banknachbarin die Hausaufgaben und verlieh auch schon einmal mein Lieblingsbuch.  Dann erzählte ich alles meinen Freunden und sie erzählten mir von ihren  kleinen Schritten der Liebe, wie wir das damals nannten. Es war ein richtiger Wettstreit… toll. Jetzt treffe ich mich einmal in der Woche mit einer Gruppe von Jugendlichen. Jeden Monat leben wir zusammen nach einem Wort aus dem Evangelium und erzählen uns dann, ob und wie es uns gelungen ist, es in unserem Alltag umzusetzen. Nach diesen Treffen habe ich immer neuen Schwung!

Gitarrist für Gott. In dieser Gruppe hat Natascha damals auch Grigori kennen gelernt, den heute 30-jährigen Konzertgitarristen. Langhaarig, bekleidet mit einem weißen offenen Hemd und engen schwarzen Hosen unterscheidet er sich kaum von den anderen Jugendlichen der russischen Hauptstadt. Seine Welt sind die Konzertsäle  in Moskau und  Tourneen durch ganz Russland. Auf den ersten Blick denkt niemand daran, dass Grischa sein wahres Ideal nicht primär in der Musik sieht.
 Grischa – Gitarrist für Gott stellt sich der junge Musiker bei unserer Begegnung im Café gegenüber dem Moskauer Konservatorium auf der Gerzenstrasse  etwas selbstironisch vor. Grigori erzählt mir, wie er in einem dramatischen Augenblick seines Lebens einen jungen Italiener kennen lernte, der ihn beeindruckte, weil er mehr über Russland, die Geschichte und Kultur dieses Landes wusste als er selbst. “Giovanni sah aus wie alle, war aber irgendwie anders. Unsere Freundschaft weitete sich schnell auch auf andere Jugendliche aus, mit denen wir uns regelmäßig trafen. Wir wussten, dass Giovanni katholischer Christ ist, und wenn wir mehr über Glauben  und Kirche wissen wollten, bombardierten wir ihn mit Fragen.“
 
Liebe und Nähe zum Herrn. Grischa wurde fast etwas neidisch, wenn er sah, wie Giovanni und die anderen Jungen seiner Gruppe in den Gottesdienst gingen. Er begriff, dass es nicht in erster Linie um einen Ausdruck der Frömmigkeit ging, sondern um eine tiefe, ins Absolute geweitete Erfahrung der Freundschaft, der Freundschaft mit Gott und untereinander. Und Grischa spürte, dass ihm das Studium der Bücher nicht mehr genügen konnte. Er wollte mehr. Er wollte einen persönlichen Kontakt zu diesem Gott, der eine solche Gemeinschaft, eine solche Freundschaft ermöglicht.
“Wir haben begonnen, von den Sakramenten zu sprechen. In der russisch-orthodoxen Kirche wird die Liturgie in Altkirchenslawisch gefeiert, und das ist für viele unverständlich. Mit Giovanni studierten wir den Aufbau, die Symbole und die Texte der Liturgie. So wurde alles viel verständlicher.”
Grischa ist bewegt, als er fortfährt: “Ich erinnere mich noch an das Osterfest, als ich zum ersten Mal in meiner Kirche zur Beichte und zur Kommunion gegangen bin. Die Liebe und Nähe meines katholischen Freundes hat mir die Liebe und Nähe Gottes gebracht.”

Pausenlektüre Evangelium . Diese einschneidende Erfahrung hatte Auswirkungen auf das berufliche und private Leben des jungen Gitarristen. “Mit meiner Band sind wir oft auf Tournee und wahrend der tage- und nächtelangen Bahnfahrten wird viel getrunken. Wodka und Bier lassen schnell die Stimmung umschlagen. Ich versuche, diese mitunter kritischen Situationen zu meistern, indem ich das Gespräch auf andere Themen lenke oder einfach auch nur ein Kartenspiel mit meinen Kollegen beginne. In verschiedenen Momenten, wenn ich allein bin, eine Pause habe oder auf meinen Auftritt warte, lese ich immer wieder im Evangelium oder bete.
Als Grigori Irina, seine spätere Frau, kennen lernte, wurde ihm klar, dass er nicht, wie viele andere, mit ihr zusammenziehen wollte, ohne sich fest zu binden. Nach reiflichem Überlegen heirateten sie standesamtlich und kirchlich, ein in der Musik- und Künstlerszene eher ungewöhnliches Ereignis. “Ich habe den Glauben durch einen glaubwürdigen Menschen gefunden, und das Leben mit Gott in der Kirche und in der Gemeinschaft bedeutet mir alles. Ich will zeigen, dass Christsein faszinierend und befreiend ist. Klar, ich muss dafür auch Verantwortung auf mich nehmen, aber ich bin ja nicht allein. Die Gemeinschaft, der ich angehöre, stärkt mich. Wir sind wie eine Jazzband. Jeder improvisiert, spielt frei auf seinem Instrument – als Variation ein und desselben Themas. So fügen sich die ständig neuen Klänge zu einer einzigartigen Harmonie.

Taufe mit 18. Tatiana wirft ihre langen blonden Haare zurück und erwischt im letzten Moment ihren kleinen Sohn, der dabei ist, auf einen wackligen Hocker zu klettern. Für uns war es von Anfang an klar, dass unsere Kinder religiös aufwachsen sollen”, sagt die junge hübsche Frau, bei der niemand vermuten würde, dass sie bereits Mutter zweier Söhne von sechs und acht Jahren ist. “Ich selbst hatte ein Kindheit ohne Gott, denn meine Mutter war Staatsbedienstete und hätte vermutlich ihre Stellung verloren, wenn sie meine Schwester Lida und mich religiös erzogen hatte.
Mit 16 bekam Tanja eine neue Klassenkameradin, Dori, die ihr nach und nach vom Evangelium erzählt. Dori war mir so sympathisch, weil sie lebte, was sie sagte.
Als Tanja an ihrem 18. Geburtstag in der russisch-orthodoxen Kirche getauft wurde, war das zunächst ein Schock für die ganze Familie. Aber auf Tanjas Gesicht lag ein solches strahlendes Lächeln, dass auch ihre Mutter zugeben musste, ihre Tochter noch nie so glücklich gesehen zu haben.
“Kurz darauf habe ich Rafail kennen gelernt, und ziemlich schnell haben wir beschlossen, zu heiraten. Ich wusste, dass ich auch in religiöser Hinsicht einen Schritt ins Ungewisse tat, denn ich war noch jung im Glauben und konnte nicht ahnen, dass im ständigen Dialog mit Rafail, der Protestant ist, unsere Ehe eine ökumenische Dimension bekommen sollte, die uns beide sehr bereichert.”

Lichtvolles Abenteuer. In den folgenden vier Jahren wurden Jakop und Danilo geboren, die Tanja und Rafail in der orthodoxen Kirche taufen ließen. Die kleine Familie wohnte in einer hübschen 3-Zimmer-Wohnung, Rafail hatte ein Auto und eine gut bezahlte Arbeit und Tanja hatte eine vielversprechende Karriere bei einer deutschen Firma begonnen.
“Eigentlich konnte es uns nicht besser gehen. Und da traf es uns unerwartet, als Rafail und ich, unabhängig voneinander, den Wunsch verspürten, noch intensiver für Gott zu leben. Wir waren bereit, unser Leben für ihn einzusetzen und wollten nicht in einer bürgerlichen Mittelmäßigkeit versinken. In den gemeinsamen Jahren hatten wir uns eng einer Gemeinschaft angeschlossen, die wir von Dori kennen gelernt hatten, und die uns durch ihr Leben für Gott überzeugte und begeisterte.”
Tanjas Verwandte mussten einen neuen Schock verkraften, als sie ihnen mitteilte: “Wir spüren, dass Gott mehr von uns will. Wir möchten ihm eine Möglichkeit geben, eine neue Seite in unserem Leben mit ihm zu beschreiben.” Der Entschluss, Arbeit, Wohnung und Auto zu lassen, um ein Jahr mit anderen Familien in einer Siedlung nach dem Evangelium zu leben, schlug wie eine Bombe ein. Mit ihren zwei kleinen Kindern ließen sich Tanja und Rafail auf ihr Abenteuer mit Gott ein. Bei ihrer Rückkehr nach Russland waren sie erfüllt von einem Licht, dass sie jetzt versuchen, an andere Familien weiterzugeben.

Konkrete Zeichen. Wir treffen uns regelmäßig und sprechen über Kindererziehung, Haushalt und Ökonomie, aber alles hat einen religiösen Hintergrund. Die Liebe zu Gott drückt sich ja darin aus, wie wir mit den Kindern sprechen, das Essen kochen oder Geld verdienen. Rafail hat zum Beispiel eine sehr gut bezahlte Stellung ausgeschlagen, als er bemerkt hat, dass in der Firma illegale Geschäfte betrieben wurden. In dem Moment wurde mir eine Arbeit als  Buchhalterin  angeboten. Das hat uns über die finanzielle Durststrecke hinübergerettet und mit Rafail sahen wir darin ein konkretes Zeichen der Liebe Gottes für uns. Er verlässt seine Kinder nicht, die für ihn leben wollen.
Heute arbeitet Rafail in einer großen Transportfirma. Mittlerweile ist er zum stellvertretenden Direktor aufgestiegen, und das in einer Zeit, in der Russland unter allerstärkster Arbeitslosigkeit leidet: Ich bin natürlich kaum zu Hause und oft ist das für Tanja nicht leicht. Da gibt es schon mal Reibereien, aber wir haben beschlossen, nie die Sonne über unserem Zorn untergehen zu lassen.“
 
Antwort der Liebe. Jakob und Danilo wachsen in einer Familie auf, die in allen Aspekten des täglichen Lebens immer wieder das Eingreifen Gottes spürt und darauf mit Liebe antworten möchte. In meiner Klasse will keiner neben Mischa sitzen erzählt Jakop. Da habe ich mich neben ihn gesetzt. Mischa hatte einen Schokoriegel für die Pause. Ich hatte keinen. Da hat er mir seinen geschenkt. Das war toll.
Danilo wurde im Kindergarten von Nastja schmerzhaft in den Arm gekniffen. Vergeblich versuchte die Erzieherin, die Kleine davon abzubringen. Plötzlich sah sie, wie Danilo Nastja die Hand ausstreckte und sagte: Frieden. Die Erzieherin war  beeindruckt: In diesem Kind ist keine Aggression, höchst ungewöhnlich für unseren Kindergarten. Danilo bringt mit seinen 5 Jahren eine neue Atmosphäre in unseren Kindergarten.

Pioniere des Geistes. In all diesen Jahren habe ich unzählig viele Menschen kennen gelernt, Gespräche geführt, freudige und schmerzliche Momente mit ihnen geteilt. Oft fühle ich mich geradezu ohnmächtig angesichts der ungeheueren Probleme eines Landes, dessen Menschen grundsätzlich umlernen müssen, wenn sie sich den neuen Anforderungen stellen wollen. Auch die nahe Zukunft zeigt keine wesentlich besseren Perspektiven.
Es ist die Generation von Tanja und Rafail, Grischa, Ira und Natascha, die heute 20 – 35-Jährigen, die sich engagieren müssen, um ihr Land in dieser Phase der Umwälzung, des Übergangs mitzugestalten. Sie müssen einen Weg beschreiten, der nicht vorgezeichnet ist. Es braucht diese Pioniere des Geistes, um eine gewisse Stabilität, eine Kultur des Vertrauens und der Gegenseitigkeit in eine Gesellschaft hineinzutragen, die auf der Suche nach neuen tragfähigen Werten ist, und sie vor Korruption, Karrierismus und  Konsumdenken zu bewahren. In zahllosen Begegnungen und Gesprächen habe ich in diesen Jahren erleben dürfen, wie schwer es ist, gerade diesen eigenen Weg zu finden. Zugleich aber habe ich immer wieder gesehen, wie die individuell und gemeinsam gelebte Erfahrung des Glaubens jene Orientierung auf eine Mitte hin stiftet, aus der das Leben in Kirchen und Gesellschaft erneuert wird.
 
Wunschtraum christliche Zukunft. Tanja und Rafail, Grischa, Ira und Natascha mit ihren Freunden sind eine verschwindend kleine Gruppe in diesem unendlichen Land, aber sie machen mich durch ihre Freude, ihre Natürlichkeit und ihre Authentizität  betroffen.
Eine alte Volksweisheit besagt: Um ein Land und ein Volk zu ändern, braucht es zwei oder drei Generationen. Ich wünsche Jakop und Danilo, den strahlenden Kindern von Tatiana, dass sie ein Russland erleben werden, in dem christliche Werte immer mehr eine Gesellschaft zu prägen beginnen, die offen ist für die Erfahrung des Anderen – in der Begegnung mit einem Gott, der unter den Menschen lebt.

Beatriz Lauenroth unterrichtet deutsche Landeskunde und Sprachpraxis an der Lomonossow-Universität in Moskau. Daneben arbeitet sie dort seit 12 Jahren als Auslandskorrespondentin für den „Sendboten des hl. Antonius“. Davor – von 1986 bis Ende 1991 – war sie bereits sehr intensiv für unseren Heiligen im Einsatz: als Redaktionssekretärin beim „Messaggero di Sant’ Antonio“ in Padua.    

 

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016