Liebe Freunde!

01. Januar 1900 | von

B

ald geht das erste Jahr des neuen Jahrtausends zu Ende und wir können bereits eine kurze Bilanz zu ziehen: Von dem erhofften neuen Geist, von einer Wende in der Geschichte der Menschheit ist nichts zu spüren. Besonders in den letzten Monaten mussten wir betrübt feststellen, dass die von allen ersehnte Veränderung in den Beziehungen zwischen Menschen und Völkern noch in weiter Ferne liegt. Gewalt hat neue Dramen und Zerstörung provoziert: Krieg als Antwort, gewaltbehaftete Gegenpositionen, die sogar Betlehem in ihren Strudel der Vernichtung ziehen – all das steht im Kielwasser der schrecklichsten Erfahrungen vergangener Jahrhunderte.
Wieder einmal bestätigt sich, dass sich der Mensch ebenso wenig aus eigener Kraft grundlegend ändern, wie er sich am eigenen Schopf aus dem Treibsand herausziehen kann. Die rein menschlichen Versuche, das Reich Gottes auf Erden zu verwirklichen haben sich als tragische Illusionen erwiesen.
Und dennoch – uns bleibt ein solides Fundament, von dem aus wir vertrauensvoll in die Zukunft blicken können. Auch in diesem Jahr gab es, wie im großen Jubiläumsjahr, Zeiten, in denen wir die Güte und das Erbarmen Gottes erfahren konnten. In der Feier der Geburt Christi dürfen wir ihr nun wieder begegnen.
Die göttliche Barmherzigkeit – so schreibt Johannes Paul II – drängt uns, ‘hinauszufahren’, indem wir dankbar der Vergangenheit gedenken, leidenschaftlich die Gegenwart leben und uns vertrauensvoll der Zukunft öffnen in der Überzeugung: ‘Jesus Christus ist derselbe gestern, heute und in Ewigkeit’ (Hebr 13,8) Wenn die ganze Kirche aufgerufen ist, sich aufzumachen, dann bringt die Begegnung mit Gott auch unseren Familien und jedem von uns Hoffnung für den weiteren Weg.
Liebe Freunde der Antoniusfamilie, lassen Sie uns mit wachem Herzen das Geheimnis der Weihnacht betrachten: Gott offenbart sich uns als einer, der die Menschen liebt und sich ihnen in der Schwachheit und mit der Zärtlichkeit eines Kindes zuwendet. Wenn wir als Jünger und Zeugen Christi unseren Weg durch die Welt gehen wollen, müssen wir zunächst vor diesem Kind Halt machen und es liebevoll betrachten.
Wir müssen uns von der Güte Gottes so sehr erfassen lassen, dass wir uns nach ihr sehnen. Darin können uns Franziskus von Assisi und unser Bruder Antonius Vorbild sein: Sie haben sich ganz in die Betrachtung des Geheimnisses der Menschwerdung Gottes, der in Armut und Demut zu uns kommt, versenkt. Diese Begegnung motivierte sie, den Menschen das Evangelium zu verkünden.
Auch wenn die Welt in Gottferne und Zerstreuung befangen scheint, ist es dem Menschen das existentiellste Bedürfnis, Gott zu begegnen und eins mit ihm zu werden.
Ja, Christus ist das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, der in diese Welt kommt (vgl. Joh 1,9): Jeder Mensch versucht, ‘ihn zu ertasten’ (Apg 17,27) aus einem inneren Antrieb heraus, dessen Ursache er selbst nicht genau kennt. Sie ist im Herzen Gottes verborgen, in dem ein universaler Heilswille pulsiert. (Johannes Paul II.).
Meine Mitbrüder der Basilika und ich wünschen Ihnen, dass Sie an diesem Weihnachtsfest tief in Ihrem Innern die Güte Gottes spüren und viel Licht und Kraft im neuen Jahr erfahren werden. Pace e bene.

Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016