Liebe Freunde!

01. Januar 1900 | von

Liebe Leserinnen und Leser, wie jeden Monat begegnen wir uns über die Seiten des Sendboten und bei der Gelegenheit möchten wir, ich und meine Mitbrüder, Sie aus Padua ganz herzlich grüßen. Ich hoffe, dass dieser Sommer, der schon wieder dem Ende entgegengeht, für Sie einige Tage der Erholung und der Lebensfreude gebracht hat, an denen Sie mit wachen Sinnen Ihre Umgebung neu entdecken konnten.

Unser aktuelles Thema des Monats möchte uns in eine wertvolle Kunst einführen: das Staunen-Können. Die renommierte Historikerin (Mediävistin oder Forscherin der mittelalterlichen Geschichte) Régine Pernoud, die vor zwei Jahren starb, betonte in einer Erinnerung an ihren Freund, den Maler Henri Matisse, dass sie bei ihm eine Schule des Staunens besucht habe. Sie erhielt aus seiner Hand Briefe, die der Künstler mit floralen Motiven verschönt hatte. Einmal zeichnete er eine Pflanze, die Pernoud etwas bizarr erschien: einen blühenden Kohl.

Das war nun wirklich eine Pflanzenart, die normalerweise keiner beachtet und wenig geeignet erscheint für die Dekoration eines Briefes, außer der Schreiber erlaubt sich gerade einen Scherz. Aber Matisse hatte in dieser Pflanze eine Schönheit gesehen, die weit entfernt von gemeiner Normalität war. Er war sein ganzes Leben lang so. In seiner Gegenwart erlebte man eine Überraschung nach der anderen. Und diese Überraschungen erwuchsen seiner Fähigkeit, die Dinge staunend zu betrachten. Für Matisse war Gott Schönheit in Vollendung. Für sein Leben erachtetet er es als grundlegend, sich dieser Schönheit zu nähern, was auf seine Weise bedeutete, sich an Gott und seinem Willen auszurichten. Gläubig, wenn auch als Christ nach seiner Fasson, brachte der Künstler es fertig, die Kunst des Staunens zu lehren.

Auf einer anderen Ebene kann auch unser heiliger Antonius als ein Meister der Schule des Staunens betrachtet werden. Sein Titel Wundertäter könnte auch so interpretiert werden: Jener, der durch seine Wundertaten die Wunder Gottes sichtbar macht.

Antonius gibt uns Anleitung, wie wir Gott, den Urheber alles Wunderbaren, kennen- und lieben lernen können. Die großen Wunder oder die kleinen Gnaden die uns durch die Heiligen bei Gott erwirkt werden – sie mögen vielleicht unbedeutend erschienen, sind aber reich an Bedeutung, wie uns Ihre Briefe und Zeugnisse beweisen - sind immer Zeichen der Güte des himmlischen Vaters. Er sorgt sich um die Menschen und hält für sie ein Leben überreich an Wundern für die Zeit nach der irdischen Pilgerreise bereit.

Wir können also auch an der Seite des Santo genauso wie in der Gesellschaft von Künstlern, die einen tiefergehenden Blick auf die Wirklichkeit haben, das Staunen lernen und uns darüber freuen, wie viel Wunderbares uns begegnet. So gibt es unendlich viele Gründe in sich zu gehen und Dank zu sagen, vor allem für die Wunder, die Gott durch seinen Sohn Jesus vor 2000 Jahren vollbracht hat und heute noch vollbringt. Drei Arten von Samenkörnern hat Christus auf Erden ausgesät, schriebt der heilige Antonius in seinen Sermones, sein heiliges, lobwürdiges Leben, die Verkündigung des Himmelreiches und seine Wunderwerke. Wie das Wort Gottes ein Same ist, aus dem viel erwächst, so sind auch die Wunder Christi und Gottes, die er durch die Menschen vollbringt, Samen. Sie müssen auf guten Boden fallen, um später Früchte des Vertrauens und der Liebe zu tragen.

Ich wünsche Ihnen einen Monat reich an kleinen und großen Wundern. Pace e bene.

Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016