Liebe Freunde!

01. Januar 1900 | von

Wenn wir am Morgen erwachen, unsere Augen öffnen und ans Fenster treten, blicken wir auf unsere wunderbare und zugleich zerbrechliche Welt. Ich, der Herr, leuchte in meiner Schöpfung so hell auf, dass dieses arme Volk, das mich nicht sieht, wirklich blind sein muss, schrieb der Dichter Charles Péguy.

Nur der mit Blindheit gefesselte Geist und die Weigerung, im Menschen ein geschaffenes Wesen zu sehen führen zu Theorien, die die Entstehung des Universums durch einen Zufall erklären oder auf eine unpersönliche Kraft zurückführen. Diese soll die Ursache der Evolution der Natur und für die verschiedenen Erscheinungsformen des Lebens und der Intelligenz sein. Tiere, Pflanzen, Wasser, Minerale..., dazu die Völker und Kulturen vergangener Zeiten und der Gegenwart, die persönlichen Geschichten von Milliarden Menschen, die auf dieser Erde gelebt haben – sie alle bilden eine Welt von unerschöpflicher Vielfalt und immensem Reichtum.

Wir müssen gar nicht unseren Blick auf die Sterne richten oder nach Zeichen suchen, die von intelligenten Wesen in den fernen Weiten des Universums künden, um Anlass zu Staunen und Bewunderung zu finden.

Die andere Seite der Erde ist ihre Zerbrechlichkeit. Jeden Frühling erscheint sie uns wieder verjüngt. Dieser Eindruck kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch die Erde – wenn wir sie durch die Linse unserer menschlichen Erfahrung betrachten – in gewisser Weise altert. Davon berichten schon die Autoren der Antike. Erdbeben, Flutkatastrophen, Orkane, die oft viele Tausend Opfer nach sich ziehen, scheinen Anzeichen einer mühevollen und schmerzhaften Veränderung der Erde zu sein, die auf die erlösende Wiederkunft Christi wartet. Diese unvermeidliche Zerbrechlichkeit der Erde wurde vor allem in jüngster Zeit wie durch eine Krankheit noch verstärkt: die Zerstörung der Umwelt, gedankenlos vom Menschen selbst hervorgerufen.

Das aktuelle Thema des Monats im Sendboten greift zu Recht eine der drängendsten Aufgaben unserer Zeit auf: die Verantwortung für die Schöpfung. Ihrer muss sich die Kirche und jeder einzelne Christ annehmen. Das zeigt Georg Scheuermann auf überzeugende Weise in seinem Artikel, indem er auf Dokumente und konkrete Initiativen verweist. Dem Beispiel Christi, des guten Samariters, der sich zum verletzten Menschen herabbeugt, folgend haben sich im Laufe der Jahrhunderte die besten Christen der physischen und psychischen Krankheiten der Menschen und der Bedürfnisse der Armen angenommen. Heute sind wir uns eines anderen Aspektes dieser konkreten Sorge um den Nächsten bewusst: der Achtung der Schöpfung, der Aufgabe, jedem menschlichen Wesen einen gesunden Aufenthalt auf der Erde zu ermöglichen, in einer Umwelt, in der wir unbeschwert leben können, indem wir maßvoll die Ressourcen der Erde nutzen. Eine Einstellung die freilich von den Grundsätzen der derzeitigen Ökowelle zu unterscheiden ist.

Wir Mitglieder der Antonianischen Familie sollten in diesem Monat aber vor allem an die Freunde denken, die auf Grund ihres Alters oder einer Krankheit ihre ganz persönliche Zerbrechlichkeit erleben. Seien wir ihnen nahe in Gedanken und im Gebet. Die Brüder der Basilika schließen diese Menschen, und auch Sie liebe Leserinnen und Leser, in ihr Gebet ein. Ich wünsche Ihnen einen heiteren Monat

Pace e Bene

 

Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016