Liebe Freunde

21. Oktober 2003 | von

In dieser Jahreszeit überfallen uns oft triste Gedanken, denn der November ist der Monat der Erinnerung an die Verstorbenen. Auch das Fest Allerheiligen lenkt unseren Blick auf das zukünftige Leben – und all diese Impulse werfen in uns die Frage auf: Was wird von unseren Plänen, Träumen und Interessen bleiben, die unsere Zeit und Energie während des Jahres in Anspruch genommen haben?
Vielleicht entdecken wir eine neue Falte im Gesicht, vielleicht hat das voranschreitende Alter eine neue Einschränkung in unser Leben gebracht:
 “Vom Baum des Lebens fällt / mir Blatt um Blatt” – so übersetzte Hermann Hesse dieses Gefühl der Vergänglichkeit in Worte.
Es sind heilsame Überlegungen, wenn sie uns helfen, unsere Art zu denken und zu leben wieder auf das Wesentliche auszurichten.
Doch wir würden uns des gottgewollten Menschseins entfremden, wenn uns der Gedanke ans Jenseits und an die Zerbrechlichkeit unserer Welt in einer trägen und tristen Erwartungshaltung des Zukünftigen verharren ließe. Dann würden wir die Talente, die uns Gott geschenkt hat, nicht fruchtbar einsetzen.
Aktueller und noch besorgniserregender finde ich eine andere Form der Entfremdung: die Angst vor der Vergänglichkeit unseres Körpers. Sie sorgt für eine atemlose Suche nach Therapien und Ansätzen, um die Zeichen des Alters auszulöschen, um eine künstliche und illusorische Jugendlichkeit zu gewinnen. Zeichen der Zeit in den Wohlstandsgesellschaften.
Unser aktuelles Thema des Monats gibt einen detaillierten Überblick zum  befremdlichen Fitness- und Gesundheitswahn, der tatsächlich – wie unser Autor Bernhard Dagner bemerkt – zu einer Art von Ersatzreligion erhoben wurde.
Der Mensch entfremdet sich seiner selbst, wenn er vergisst, dass er nicht nur aus Körper, Aussehen und dem Bild besteht, das er für die anderen erschafft; Er pervertiert sein Menschsein, wenn er alles dafür gibt, eine Fassade zu verschönern, hinter der sich gähnende Leere auftut. Christus mahnte uns: “Ist nicht das Leben mehr als die Nahrung und der Leib mehr als das Kleid? ... Suchet vielmehr zuerst das Reich und seine Gerechtigkeit, und all das (Nahrung, Kleid)  wird euch drein gegeben werden” (Matthäus 6, 25ff).
Gesundheit, körperliche Fitness können für Menschen zu einem „Kleid“ werden, mit dem sie versuchen, ihre Hoffnungslosigkeit und ihre Gedanken an den Tod zu verdecken. Sie machen sich damit zu ihrem eigenen Idol - und zu dessen Sklaven.
Unser Heiliger hatte keine Angst davor, seinen Körper durch seine aufreibende Predigttätigkeit zu verschleißen, auch nicht, sein Leben zu verlieren indem er Christus nachfolgte. Er, dessen Geist unsere Antonianische Familie eint, nennt uns  allen das Ziel des Weges in einem Gebet, das er in seinen Sermones festhielt: „Möge er uns in der Armseligkeit unseres Körpers so würdig machen, dass er uns mit sich hineinnehmen kann in das Ewige Leben. Ihm sei Lob von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“
Gemeinsam mit meinen Mitbrüdern wünsche ich Ihnen einen besinnlich-heiteren Monat sowie den Frieden und Segen des Herrn.

Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016