Liebe Freunde

25. Februar 2004 | von

Liebe Freunde!

Ein Wort kehrt immer wieder, besonders in der österlichen Bußzeit: “Umkehr“.
Die Notwendigkeit einer Veränderung wird einem besonders bewusst angesichts gesellschaftlicher Ungerechtigkeiten, aber noch essentieller ist für jeden von uns eine Revision des eigenen Lebens vor Gott. Die Notwendigkeit zur Umkehr erkennen wir auch, wenn wir einen Blick auf die Geschichte der Christen und Katholiken werfen, denn bei vielen Gelegenheiten haben sie tatsächlich die Lehre des Evangeliums vergessen. Das “Thema des Monats“ in der aktuellen Ausgabe des Sendboten konfrontiert uns mit dem belasteten Verhältnis, gewebt aus Licht und Schatten, zwischen Christentum Gewalt und Krieg. Ich wünsche mir, dass Sie durch diesen  Artikel dazu angeregt werden, das Thema durch weitere Lektüre zu vertiefen, damit Sie den historischen Hintergrund der Ereignisse verstehen, wie beispielsweise den der Kreuzzüge, die in dem Artikel (was nicht zu vermeiden ist) nur gestreift werden können. Dabei wollen wir uns nicht in die Schar der mehr oder weniger maßgeblichen Journalisten und Historiker reihen, denen es nicht in erster Line darum geht, diese dunklen Seiten der Geschichte auszuleuchten. Sie wollen sie vielmehr als Waffen für den täglichen Angriff auf die Kirche von heute einsetzen: Seit der Aufklärung haben viele Anhänger der Information und der Belehrung dazu beigetragen, an einer “schwarzen Legende“ zu stricken, welche die Kirche als gewalttätig, rückschrittlich und lebensfeindlich hinstellt.
In den USA wurde vor kurzem festgestellt, dass das antikatholische Vorurteil das “letzte akzeptable Vorurteil“ sei: Die Menschen erheben sich entrüstet angesichts von Angriffen auf Schwarze, Juden, Indianer und andere, über die vorurteilsbehaftete Anklage gegen Priester und die katholische Kirche hingegen erregt sich keiner. In Europa ist es nicht anders.   
Im großen Jubiläumsjahr 2000 hat eine Geste des Papstes die Menschen berührt: Er bat Gott und die Menschheit um Vergebung für die Ungerechtigkeiten und Gewalttaten, in die während zweier Jahrtausende christliche Gruppen verwickelt waren. Eine gerechte Haltung, eine prophetische und einzigartige Geste. Wir Christen haben keine Angst davor, die Sünden anzuerkennen, die in der Geschichte unsere Gemeinschaft verübt wurden, aber wir danken Gott auch für die großen leuchtenden Seiten, die er im Lebensbuch der Kirche geschrieben hat.
Kardinal Ratzinger hat einmal daran erinnert, dass die Väter der Kirche diese widersprüchlichen Aspekte in den Worten der Braut im Hohelied zusammen gefasst haben: “Nigra sum sed formosa, ich bin schwarz, von Sünden befleckt und trotzdem schön, durch die Gnade des Herrn.Wir sitzen nicht über die Geschichte zu Gericht, wir urteilen nicht über und verurteilen nicht die Christen der Vergangenheit. Aber wir tun gut daran, auch die Sünden und die Gewalt früherer Jahrhunderte zu bekennen, als Anstoß zur Umkehr in unseren Tagen.                       
Ich wünsche Ihnen eine fruchtbare Fastenzeit, eine Zeit der Erneuerung und der Freude im Herrn.
Pace e bene.

Ihr
p. Sergio

 


 

Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016