Liebe Freunde!

21. Januar 2005 | von

In den letzten Tagen des vergangenen Jahres hat eine schreckliche Katastrophe in Südostasien Tod und Verwüstung über Länder im Indischen Ozean gebracht und Tausende Opfer unter Touristen gefordert. Sie hat prompt eine alte Frage aufgeworfen: Gibt es einen Sinn in diesen Tragödien? Und warum hat Gott so viel Tod und Leid zulassen können? Ähnliche Fragen stellen wir uns angesichts von Ereignissen, die uns persönlich betreffen: ein Streit, Krankheit, eine Krise in der Familie… Sie erscheinen uns wie eine Strafe, die einen Unschuldigen trifft - ein Skandal, der unseren Glauben an Gott erschüttert. Selbst Christus hat uns keine Erklärung gegeben für die verschiedenen Formen des Übels, mit denen wir täglich konfrontiert werden. Er hat uns aber mit seinen Taten gezeigt, dass Gott uns liebt. Er hat unsere Existenz geteilt und das Leiden der Menschen bis zum Tod am Kreuz mit gelebt. Er hat uns nicht das Warum des Kreuzes erklärt, aber er hat es aus Liebe auf sich genommen. Er wurde zum barmherzigen Samariter, der sich zum verletzten Menschen herabbeugt, um ihn wieder aufzurichten und ihm Hoffnung zu schenken.
Wenn der Vater das Leiden seiner Söhne zulässt, dann nur deshalb, weil ihnen durch die Prüfung noch viel mehr Gutes zukommt. All dies ist nur für Gott sichtbar, doch auch wir können einige Aspekte davon sehen. Viele von uns haben die Erfahrung gemacht, dass sie durch Schmerz innerlich gereift sind und sensibler wurden für das Leiden anderer. Die menschlichen Dramen und die Verwüstungen, die durch die Tsunamis in Asien hervorgerufen wurden, haben auf der ganzen Welt das Gefühl der Solidarität geweckt. Die Opfer erscheinen uns nicht weit entfernt lebende Menschen, auf die wir einen flüchtigen Blick werfen, sondern Nächste, die  unserer Hilfe bedürfen. Die Erfahrung, dass der Mensch ein zerbrechliches Wesen ist, auch wenn er immer wieder auf seine Errungenschaften stolz und allzu selbstsicher ist, bringt uns dazu, auf das eigene Leben in seiner tatsächlichen Dimension zu blicken.
 Solche Überlegungen liegen einmal mehr nahe, weil wir in diesem Monat auch den Tag der Kranken feiern – dieses Jahr wird er in Kamerun beim Heiligtum „Maria Königin der Apostel“ in Yaoundé begangen.
Wieder ein Anlass, um die Aufmerksamkeit auf die prekäre Situation Afrikas in gesundheitlicher (man denke nur an die Geißel Aids), ökonomischer und politischer Hinsicht zu richten. Vor wenigen Jahren hat der Papst geschrieben, dass der afrikanische Kontinent mit dem Mann verglichen werden kann, der auf der Straße zwischen Jerusalem und Jericho überfallen und ausgeraubt wurde: “Afrika ist ein Kontinent, in dem zahllose Menschen – Männer und Frauen, Kinder und Jugendliche – gleichsam am Straßenrand liegen, krank, verwundet, ohnmächtig, an den Rand geschoben und verlassen. Sie bedürfen dringend barmherziger Samariter, die ihnen zu Hilfe kommen”.
Auch wenn wir uns angesichts dieser Situation ohnmächtig fühlen und den Eindruck haben, keinen effektiven Beitrag zur Veränderung der Dinge leisten zu können, sollen wir dennoch in uns und dort, wo wir leben, die Solidarität mit den Bedürftigen und Armen wach halten.
In seiner interessanten Einführung zum Christlichen Fasten – unser aktuelles Thema des Monats – zeigt P. Anselm Kraus die gleiche Richtung an, als Frucht echten Fastens: “frei und sensibler werden für die Mitmenschen und für Gott”.
Ihnen und Ihren Familien der brüderliche Gruß “Pace e bene!“ zusammen mit dem Segen des heiligen Antonius.

Ihr

P. Sergio

Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016