Missionseinsatz auf Zeit

22. August 2022 | von

Viele junge Menschen zieht es nach Ausbildung oder Schule ins Ausland. Einige verbinden diese Sehnsucht mit einem Freiwilligeneinsatz, so auch Felix Imhof. Er ist der Neffe von Br. Vicente Imhof, Missionar der deutschen Ordensprovinz in Peru. Auf den nächsten beiden Seiten berichtet er von seinen Erfahrungen.

Kurz zu mir: Ich heiße Felix Imhof, bin 20 Jahre alt und wohne zwischen Karlsruhe und Heidelberg. Im letzten Sommer habe ich meine Tischlerausbildung abgeschlossen und bin mittlerweile ausgelernter Tischlergeselle. Mein Onkel ist Br. Vicente Imhof. Er ist Franziskaner-Minorit und lebt seit nunmehr 31 Jahren in Peru. Daher war es für mich schon immer ein Traum, ihn in Südamerika zu besuchen. Eigentlich wollte ich mit meiner Schwester im Sommer 2020 nach Peru fliegen. Die Flüge waren auch schon gebucht, aber leider musste dieser Urlaub aufgrund der Grenzschließungen wegen der Corona-Pandemie verschoben werden. Daher habe ich den Entschluss gefasst, dass ich nun nach meiner Ausbildung für längere Zeit in Peru sein und mich dort engagieren und mitarbeiten möchte.

Handarbeit auf 4.000 Metern Höhe

Bei sommerlichen Temperaturen landete ich also im November 2021 in Lima und verbrachte dort die ersten Tage, um mich an das Klima und die neue Zeit zu gewöhnen. Mein Onkel ist im Süden Perus eingesetzt, in Puno am Titicacasee auf knapp 4.000 Metern Höhe. Um sich langsam auf die enorme Höhe einzustellen, muss man mit dem Bus zuerst 16 Stunden nach Arequipa fahren. Dort übernachteten wir auf knapp 2.300 Metern, bevor wir dann weitere acht Stunden nach Puno fuhren.

Die meiste Zeit verbrachte ich am Titicacasee und unterstützte meinen Onkel bei seinen Projekten.

Br. Vicente ist Teil des Netzwerkes „Red Kawsay – peruanische Ordenschristen gegen Menschenhandel“. In Puno gibt es zwei Aktionslinien: Zunächst die Workshops für betroffene minderjährige Mädchen, Opfer von Menschenhandel und/oder sexueller Gewalt, die in Schutzhäusern des Staates („Kinderheimen“) untergebracht sind. Die Workshops finden zwei Mal im Monat in Chucuito statt. Das Projekt läuft seit 2018. Außerdem verantwortet das Netzwerk das Haus der „Gemeinschaft Desatanudos –Knotenlöserin“, das offen ist für die Mädchen, die ab dem 18. Lebensjahr die Einrichtungen des Staates verlassen müssen, aber in der eigenen Familie keine Zukunft haben, weil diese entweder keine Mittel hat oder selbst in die Ausbeutung verwickelt war. Das Haus der „Gemeinschaft Desatanudos – Knotenlöserin“ wurde im Mai 2021 in der Stadt Puno eröffnet, hatte aber viele Nachteile. Darum sind sie etwa 15 Kilometer weiter nach Chucuito umgezogen. Aufgrund der dort notwendigen Renovierung des Hauses verbrachte ich die meiste Zeit in Chucuito und half bei allen möglichen Arbeiten mit. Unter anderem mussten die Böden gestrichen, Schreibtische gebaut, Wege angelegt und viele weitere kleine Renovierungen ausgeführt werden.

Mein Tag begann fast immer mit einem Morgenspaziergang mit dem Hund „Happy“, der deutschen Dogge meines Onkels Br. Vicente, einem anschließenden Frühstück und dann startete ich mit meiner Arbeit, immer abhängig davon, was aktuell benötigt wurde. Happy ist sogar ein Therapie-Hund für tiergestützte Therapie und wird auch in der Arbeit mit den Mädchen aus dem Menschenhandel eingesetzt. Außerdem ist mein Onkel aus Peru Verantwortlicher der kirchlichen Migrantenpastoral in Puno, in der Nähe der Grenzstadt Desaguadero (Grenze zu Bolivien). Er hat bei der Einrichtung eines Schutzhauses für Flüchtlinge mitgearbeitet und ist auch heute noch in Kontakt mit diesem Haus. Die Verantwortung dort liegt jetzt aber in den Händen einer lokalen Nicht-Regierungsorganisation.

Lokale Kultur, Besuch aus der Heimat

Für die Menschen in Peru ist es eine sehr große Ehre und Wertschätzung, wenn Familienangehörige eines Freundes zu Besuch kommen. Deswegen waren wir sehr oft auf Familienfesten, religiösen Festen und zum Essen eingeladen. Da gab es immer viel selbstgekochtes Essen, andine Bräuche und Tänze in der andinen Tracht.

Ende Februar besuchte mich meine Schwester für vier Wochen. In dieser Zeit reisten wir durch den Süden Perus. Wir besuchten unter anderem Arequipa, Cusco, Macchu Picchu und verbrachten die übrige Zeit am Titicacasee. Wir feierten Karneval bei der Familie eines Mitbruders auf dem Altiplano, vier Stunden Fahrt entfernt von Puno. Dort wurden ein Schaf und ein Alpaka geschlachtet und es war so kalt, dass wir die Nacht nur mit Anisschnaps, Whiskey im Tee und zehn Decken überstanden. Die Landschaft dort war atemberaubend und es war beeindruckend, wie das Leben auf dem Land ohne wirkliche Zivilisation funktioniert. Außerdem waren wir zu einem weiteren großen Karnevalsfest am See eingeladen. In der restlichen Zeit besuchten wir viele Freunde von Br. Vicente, die sich alle freuten, uns zu sehen.

Ernte und Abschied

Die Zeit mit meiner Schwester verging unglaublich schnell, und als sie nach Hause flog, brachen auch meine letzten fünf Wochen an. In dieser Zeit organisierten wir den Umzug der Mädchen vom Haus in Puno in das neu renovierte Haus nach Chucuito, das zwar noch nicht fertig, aber bewohnbar ist. Ein besonderes Erlebnis in dieser Zeit war die Kartoffelernte mit den Mitbrüdern fünf Tage vor meinem Abflug. Schwierig für mich war besonders der Abschied von „Happy“… Zurück bleiben eine große Dankbarkeit gegenüber meinem Onkel Br. Vicente, der mir diesen „Missionseinsatz“ ermöglicht hat – und die Freude über zahlreiche neue Freundschaften. Auch wenn Ende April für mich diese besondere Zeit zu Ende ging, freue ich mich schon jetzt auf ein Wiedersehen.

Zuletzt aktualisiert: 12. September 2022
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