Otto von Bamberg: Missionar, Manager und Mensch

01. Januar 1900

Otto, der achte Bischof von Bamberg und der Dritte im Bund der Bamberger Bistumspatrone (neben Heinrich und Kunigunde), ist eine der großen Gestalten der mittelalterlichen Geschichte, fromm, aber kein Frömmler, vorbildlich als Staatsmann und Landesvater, als Bischof und Seelsorger, als Manager und Missionar – und als Mensch.

Heiliger zum Anfassen. Er ist ein Heiliger zum Anfassen und einer, der selbst zupackte. Otto war ein Heiliger zur rechten Zeit: Er trat im Investiturstreit für die Versöhnung zwischen Kaiser und Papst ein und gab nach seinen eigenen Worten Gott ..., was Gottes ist, aber auch dem Kaiser, was des Kaisers ist. So ergänzte er 1122 seine Unterschrift unter das Wormser Konkordat, mit dem der Konflikt beigelegt wurde.
Der heilige Bischof kann eine eindrucksvolle Lebensbilanz vorweisen. An manchen Stellen seiner Vita sind wir auf Mutmaßungen angewiesen. Dies gilt schon für den Ort und das Jahr seiner Geburt. Sie ist wohl um 1062 anzusetzen, auf einer Burg im Schwäbischen. Dem nachgeborenen Spross einer Adelsfamilie war der Weg in den geistlichen Beruf vorgezeichnet. Seine Ausbildung bekam er in einer Klosterschule; er liebte das monastische Leben und wurde doch Weltpriester.

 In diplomatischer Mission. Otto begann seine Karriere in Regensburg. Dort wurde er Hofkaplan von Judith, der Witwe des Ungarnkönigs, die in zweiter Ehe mit dem polnischen Kaiser Wladislaus verheiratet werden sollte. Otto begleitete sie an den polnischen Hof. Dort war sein diplomatisches Geschick gefordert. Als eine Art Sonderbotschafter pendelte er zwischen dem Polenherzog und dessen Schwager Kaiser Heinrich IV., dem Bruder Judiths, hin und her. Dieser wurde auf die Fähigkeiten Ottos aufmerksam und warb ihn ab. Er beauftragte Otto 1090, den zehn Jahre zuvor begonnenen Umbau des Domes von Speyer zur gigantischen kaiserliche Hauskapelle, zum Mausoleum der Salier fortzuführen. Das war ein großer Vertrauensbeweis, denn Otto musste diese Aufgabe in Abwesenheit Heinrichs erledigen, der sich in Italien herumschlug.

 Bischof wider Willen. Seine Stellung des Hofkaplan war schwierig. Kaiser und Papst lagen im Dauerstreit um die Weltherrschaft. Otto lehnte zweimal die ihm angetragene Bischofswürde ab. Im Jahr 1102 ernannte ihn der Kaiser zum Kanzler.
Am Weihnachtsfest des gleichen Jahres wurde der – freilich vergebens –widerstrebende Hofbeamte zum Bischof von Bamberg ernannt. 
Am 1. Februar 1103 zog Otto in die Stadt Bamberg ein. Es muss ein seltsamer Kontrast gewesen sein. Der Chronist spricht nämlich von prachtvoll herausgeputzten Straßen, durch die der selige Mann... demütig in Trauerkleidung mit nackten Füßen zum Dom schritt.
Otto saß auf dem Bischofsthron und damit zwischen dem kaiserlichen und päpstlichen Stuhl. Er bat – ganz Diplomat - Papst Pascalis II. um die Bischofsweihe, die er erst 1106 in Anagni erhielt. Der Historiker Otto Meyer formulierte es so: Erhebung durch den Kaiser – Weihe durch den Papst, dieser Kompromiss war symptomatisch für den jederzeit um Ausgleich bemühten Charakter Ottos. 
 

Unabhängig und zupackend. Bischof Otto war ein unabhängiger Kopf, kritisch und geradlinig. Die Bamberger hatten ihn anfänglich mit Skepsis empfangen. Diese konnte er schnell zerstreuen. Otto packte mit beiden Händen an. Aus der Glanzzeit der Gründungsjahre des Bistums Bamberg im Jahr 1007 war wenig übrig geblieben. Der reiche Grundbesitz der Erzdiözese lag verstreut von Kärnten bis Thüringen und bis an den Rhein, zerbröckelt unter dem Zugriff gieriger Nachbarn. Die Verwaltung und Seelsorge war in erbärmlichem Zustand. Kirchen zerfallen, Klöster am Sterben. Die Ordensdisziplin lag danieder. Erstaunlich schnell bekam der Bischof die Missstände in den Griff. Er sicherte das Kirchengut, baute Burgen, gewann neuen Besitz.
Auch auf wirtschaftlichem Gebiet zeigte sich der Bischof beschlagen. Weitsichtig kurbelte er die Wirtschaft an; er beschaffte sich das Bamberger Marktrecht und förderte den Fernhandel nach Ungarn und Pommern, wofür  er durch seine Missionsreisen den Weg gebahnt hatten. Otto konnte seine Speyerer Bauherrenerfahrung nutzen bei der Vollendung der Bamberger Jakobskirche und bei der gründlichen Restaurierung des brandgeschädigten Domes. Daneben hatte er noch genug Energie, die Caritas mit der Gründung zweier neuer Spitäler zu fördern.

 Eifriger Gründer. Ottos Aktivitäten gingen über die Bistumsgrenzen hinaus. Nicht weniger als fünfzehn große und sieben kleinere Konvente in sieben Bistümern verdankten ihm ihre Entstehung. Fünf andere hatte er reaktiviert. Eine besonders innige Beziehung hegte er zum Bamberger Michaelsberg, dessen Kirche er zu seiner Grablege bestimmte. In diesem Benediktinerkloster wurde besonders die Gelehrsamkeit gepflegt, aus dessen Schreib- und Malwerkstatt noch heute bedeutende Handschriften erhalten sind.
Der Legendenzyklus der Michaelskirche zeigt auf einem Bild Ottos Werke der Barmherzigkeit, darunter den Bischof, der eine halbverweste Leiche geschultert zu Grabe trägt.

 Pommernmission. Immer wieder wurde Otto als Vermittler im heillosen Streit zwischen Kaiser und Papst gebraucht. Ottos Brückenschlag hatte Eiferer beider Seiten stets erbost: Weil er nicht für die Absetzung Heinrichs V. stimmte, verhängte 1118 der Mainzer Erzbischof Adalbert das Interdikt über ihn und seine Diözese.
Noch eine große Aufgabe kam auf den 60-jährigen Bischof zu: Der Polenherzog Boleslaw, Sohn seiner früheren Arbeitgeberin Judith, rief Otto zur Missionierung der von ihm unterworfenen Pommern. Der Bischof von Bamberg zog 1124 nach Nordosten, ein zweites Mal im Jahr 1128. Das christliche Neuland lag im Schnittpunkt polnischer und deutscher Interessen. Zur Gründung eines eigenen Bistum in Wollin kam es erst 1140, ein Jahr nach Ottos Tod.

 Gegen Kreuzschmerzen. Als Otto 1139 nach längerer Krankheit starb, galt er der Mitwelt auch ohne offiziellen Segen als Heiliger. Am 30. September 1189 wurde Otto auch amtlich ein Heiliger. Seine sterblichen Reste wurden in der Michaelskirche feierlich erhoben. Die Volksfrömmigkeit schreibt ihnen bis heute Heilkraft zu: Wer den Durchschlupf der spätmittelalterlichen Grabanlage passiert, bleibt frei von Kreuzschmerzen.  

Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016