Prozessionswege zum Allerheiligsten

31. Mai 2006 | von

So sind sie doch alle, unsere Lebenswege, und unsere Glaubenswege in gleicher Weise: Mühsam sind sie alle, sehr mühsam, langsam gehen sie vorwärts, sehr langsam. Wir plagen uns ab unterwegs und stochern uns einen Weg zu den Altären. Sie rufen uns zu: Komm!


Übungswege der Seele

Wege zu den Altären sind Anwege aus der Gewöhnlichkeit und Glanzlosigkeit zum Berg, zum Gipfel, hinauf ins Licht. Ja, hinauf muss man, um zu den Altären zu kommen.
Altäre stehen nie in den Niederungen des Lebens, nie in der Ebene. In den Niederungen müssen wir zwar wohnen und leben. Aber man kann wirklich nur „drunten“ wohnen und leben, wenn man von „droben“ kommt, vom Berg, von der Anhöhe, vom Gipfel, vom Licht. Zu Altären muss man sich immer und immer wieder hinauf bemühen.

Altäre rufen uns zu: Komm nur herauf, Mensch – du! Komm den mühsamen Weg, komm auf den Berg! Hier siehst du weiter als in der Ebene unten. Hier atmest du leichter als in der Niederung Tal. Niemand versorgt sich selbst mit Luft und auch der Berg beatmet nicht. Aber dein Gott kann es und tut es. So lass dich nieder, ganz nahe bei IHM. ER öffnet dir heilsam die Augen, beatmet dich göttlich auf deinem Weg.
Eh du die Stufen des Lebens gehst, dem Altare entgegen, verweile erst kurz und lass dich erinnern: Gar oft liegen Brocken herum in jedwedem Leben und manchmal auch türmen sie sich steil aufwärts zur steinigen Wand. Wir stehen vor Mauern. Schau auf den Heiland - Jesus, den Meister des Weges: Lass IHN dir geben, greife nach IHM! Aus IHM fließen dir zu die Kräfte des Heils.


Gott hört uns an. Gott mit uns unterwegs auf den Berg! Also will ich denn „hin zum Altare, der mich erfreut von Jugend auf“. Ein Gott, der uns zum Altare zieht! Wenn das wahr ist und weil das wahr ist nach seinem eigenen Wort, muss er und wird er sich anhören, was uns am Herzen liegt:
Herr, der Weg ist weit, lang und beschwerlich. Auf allen diesen Wegen üben wir nicht nur „Kilometerwege“ ein, die mit den Füßen zu gehen sind, sondern üben „Lebenswege“ ein, die nur mit gläubigem Herzen zu bewältigen sind.

Sag uns ein Wort, das uns aufrichtet und ausrichtet.
Stelle dein Wort wie Leitplanken an unseren Weg, dass er gut geführt und gesichert ist.
Gib uns zum Wort das Lebensmittel Brot am Altar, darin dich selbst, dass wir gehen, durchhalten und ankommen, wo du uns haben willst - in deiner Nähe.


Kommt alle herzu!

Ich weiß es wohl und weiß es wieder nach zurückgelegten Wegen: Wer das Ziel nicht kennt, kann den Weg nicht haben. Wer aber ohne Ziel auf Reisen geht, der wandert sich müde und tot. Jeder Weg zu Gott und mit Gott muss führen zu mir und zu den anderen Menschen, die mir begegnen, und zu der Welt, die mir zugemutet ist.
Auf unseren Prozessionswegen klären wir wieder und immer wieder, wo wir hingehören. Was immer dabei gebetet und gesungen wird, ist verfrommte Sehnsucht nach Zuhause hin. „Zuhause“ ist nicht dort, wo der Mensch Postleitzahl und Hausnummer hat. „Zuhause“ ist ein anders Wort für Gott.


WORT im Brotkleid. Schon gleich an der Tür heißt dich „Herzlich Willkommen“ dein Herr – Freund allen Lebens. ER weiß, was dich beugt, krumm macht unter der Last deines Lebens. Wer lebt, ist allemal gezeichnet von den Spuren der Tage. Gesichtszüge stammen aus der Ritzung des Herzens. So bunt wie das Leben, so vielfältig die Namen der Not. Nimm alles mit! Bring alles herzu! Wohin auch sonst, als hierher: zum Bruder der Menschen, der Menschen alle!
Es ist nicht die Lehre, die mit IHM kam in die Welt. Es kam in eigner Person selbst das ewig-göttliche WORT. Leben zu bringen, Leben in Fülle: das ist die Sendung des Herrn. Niemand soll achtlos vorbei an seiner Gestalt im Brotkleid: Christus, der Lehrer. Mit gewinnender Miene und freundlicher Geste ward ER für dich und alle zugleich der Wegweiser zum Leben. Leben noch einmal und neu und anders, ganz anders: Von Christus erleichtert: DU. Durch Christus beflügelt: DU.


Wir beten stammelnd: Vater, du hast uns versprochen, nicht nur in deinem Himmel, sondern auch auf unserer Erde zu wohnen. Höre unsere Bitte. Höre aus den Worten heraus, was gemeint ist, und höre auch das, was immer unausgesprochen bleibt:

Gib uns genug Mut, auf der Erde zu bleiben und nicht zu fliehen ins Schlaraffenland der Sehnsüchte.
Gib uns genug Kraft, den Werktag zu leben in der Ordnung der Pflicht, der Vorkommnisse und offenen Fragen.
Gib uns genug Phantasie, den Wolken nachzugehen und von deinem Himmel für uns zu träumen.
Gib uns genug Fernsicht, auf Dank zu verzichten und auf Vergelt’s Gott zu bauen.
Gib uns genug Tapferkeit, im Dienst an anderen Leben für uns selbst zu gewinnen.
Gib uns genug Glauben, an deinem Wort entlang und mit deinem Brot den Weg zu gehen, der ansteht.
Gott, wir danken dir, dass wir dich über Jesus kennen gelernt haben.

Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016