Römische Weihnachten

21. Dezember 2020 | von

 

Die Feier des Weihnachtsfestkreises wurde in Rom im Lauf der Jahrhunderte immer reicher ausgestaltet. Besonders feierlich zeigten sich die Gottesdienste durch die Teilnahme des Papstes.

Eine Besonderheit des Festes der Geburt des Herrn in der Ewigen Stadt waren die drei weihnachtlichen Messen: um Mitternacht, am frühen Morgen und am Tage. Ursprünglich feierte der Papst den Gottesdienst in den Morgenstunden in St. Peter. Im 5. Jahrhundert kam die mitternächtliche Feier in S. Maria Maggiore hinzu. Seit dem 6. Jahrhundert machte der Papst auf dem Weg von der Marienbasilika auf dem Esquilin nach St. Peter bei Sant’Anastasia am Fuße des Palatinhügels Station und zelebrierte dort eine weitere Heilige Messe – vermutlich war dieser Gottesdienst eine Reverenz gegenüber dem Kaiser in Byzanz, dessen römische „Hofkirche“ Sant’Anastasia war.

Segen und Kanonenschüsse
Am Tag vor Weihnachten hielt der Papst die Vigilfeier in der Sixtinischen Kapelle. Zu deren Ende erteilte der Papst „urbi et orbi“ (der Stadt und dem Erdkreis), den feierlichen Segen. Mit diesem Gottesdienst begann der Weihnachtsfestkreis. Er wurde der Ewigen Stadt durch 30 Kanonenschüsse angezeigt, die bei Sonnenuntergang auf der Engelsburg abgefeuert wurden. In S. Maria Maggiore wurde die hölzerne Krippe aufgestellt, in die das Jesuskind bei seiner Geburt im Stall von Bethlehem gelegt worden sein soll. Das Domkapitel von S. Giovanni in Laterano zog in feierlicher Prozession nach der Kapelle Sancta Sanctorum, wo der Schrein mit dem Bild des Heilandes geöffnet wurde, das dann bis zum ersten Sonntag nach Epiphanie öffentlich ausgestellt blieb.
Der Weihnachtsmorgen wurde mit 14 Salven aus den Geschützen der Engelsburg begonnen. Zur Messe war dann der Kanonendonner 40 Mal zu vernehmen. In den Tagen nach Weihnachten suchte man in Rom die Kirchen auf, in denen Reliquien gezeigt wurden, die sich auf das Weihnachtsgeheimnis bezogen. So waren in S. Francesco a Ripa Stücke der Windeln des göttlichen Kindes ausgestellt; unter dem Altar der Krypta in der Sakramentskapelle von S. Maria Maggiore Steine aus der Grotte von Bethlehem und Heu aus der Krippe, in S. Marco Stroh aus dem Stall und in S. Croce in Gerusalemme Haare des Jesuskindes. In der Basilika S. Maria in Trastevere besuchten die Gläubigen die Stelle, wo im Jahre 38 vor Christi Geburt eine Ölquelle entstanden sein soll, die der Basilika die Bezeichnung „ad fontem olei“ eingetragen hat. Von der damaligen jüdischen Gemeinde Roms (später dann auch von den Christen) wurde das Geschehen auf das baldige Kommen des Messias, des mit Öl Gesalbten, hin gedeutet.

Ansprachen aus Kindermund
Das Fest der Erscheinung des Herrn wurde mit Kanonenschüssen von der Engelsburg eingeleitet. In S. Maria in Aracoeli geleiteten die Franziskaner nach der ersten Vesper das „Santo Bambino“, eine hölzerne Krippenfigur, hinaus auf den Vorplatz zu der großen Treppe, die nach Aracoeli hinaufführt, wo man den Gläubigen mit der Bambinostatue den Segen erteilte. In der Weihnachtszeit  stiegen in dem Gotteshaus beim Kapitol Kinder im Alter von sechs bis zehn Jahren auf eine eigens für sie errichtete Tribüne, um von dort aus Ansprachen an das Jesuskind zu richten. 
Der Tag, an dem man Epiphanie, die Erscheinung des Herrn, feierte, war in Rom traditionsgemäß der Bescherung vorbehalten – waren es doch die drei Weisen aus dem Morgenland, die dem Jesuskind die ersten Gaben brachten. Das griechische Wort „Epiphania“ (Offenbarwerden, Erscheinung) wurde vom italienischen Volksmund zu „Befania“ und später dann zu „Befana“ entstellt. Am Morgen des Festes bereitete die gute alte Hexe Befana den Kindern mit kleinen Geschenken eine Freude. Sie kam durch den Kamin herab und füllte den dort aufgehängten Strumpf mit Süßigkeiten und Spielsachen. Kinder sind neugierig, sie wollten die gute alte Hexe auch sehen. Die Erwachsenen, die die Neugier der Kinder geweckt hatten, machten ihnen daher eine Befana aus Stoff.

Europa auf dem Petersplatz
In unseren Tagen sind die liturgischen Feiern des Papstes zum Weihnachtsfest eher schlicht geworden. Es sind dies vor allem die Mitternachtsmesse in St. Peter und das Hochamt am 25. Dezember, das seinen Ausklang in der Erteilung des Segens „urbi et orbi“ findet.  Beim Obelisken vor der Grabeskirche des Apostelfürsten wird Jahr für Jahr ein gewaltiger Weihnachtsbaum errichtet; er kommt jeweils aus einer anderen Region Italiens oder einem Land Europas. Ihm beigesellt ist seit dem Jahre 1982 eine Krippe mit mannshohen Figuren. Alljährlich präsentiert sich das biblische Geschehen von Bethlehem in einer neuen Version. Von überall aus Europa wetteifert man darum, einmal mit einer Krippenszene vor der Basilika des hl. Petrus vertreten zu sein.
Was die Geschenke angeht, können sich römische Kinder (und Erwachsene) heute zumeist doppelt freuen – sie kommen in ihren Genuss am Weihnachtsfest und dann noch einmal zu Epiphanie.

Zuletzt aktualisiert: 21. Dezember 2020
Kommentar