Sein Grab wird herrlich sein!

15. Dezember 2009 | von

 Am 4. Dezember wurde der Blick auf die Cappella dell’Arca, die Grabkapelle des heiligen Antonius in seiner Basilika zu Padua, wieder freigegeben. Nach zwanzig Monaten Restaurierungsarbeiten können sich nun Besucher, Touristen und Kunstsachverständige ungestört am neuen Glanz erfreuen. Die Gebeine des Heiligen verbleiben zur Verehrung noch für einige Monate in der Jakobuskapelle im rechten Seitenschiff.



Unter den imposanten Klängen des Te Deums von Wolfgang Amadeus Mozart, dargeboten von der Cappella Musicale der Basilika und dem Chor Voci Bianche Cesare Pollini von Padua, öffneten sich am Abend des 4. Dezember die Vorhänge an der Grabkapelle des heiligen Antonius und effektvoll wurde die neu installierte Beleuchtung langsam hochgefahren. Die Kapelle bot sich unseren Blicken in ihrem prachtvollen Glanz. Jeder Quadratmillimeter war ja in den vergangenen Monaten bearbeitet worden. Jahreszeitlich bedingt, genossen vor allem Paduaner die Wiedereröffnung, in einer Feier von 20.30 bis 23 Uhr.



Bedrohte Kunstwerke



Erinnern wir uns. Am 12. April 2008 wurde die Urne mit den Gebeinen des heiligen Antonius von seiner Grabkapelle in die gegenüberliegende Jakobuskapelle im rechten Seitenschiff der Basilika übertragen. Sofort begannen die umfassenden Restaurierungsarbeiten. Das nördliche Mauerwerk musste saniert werden, da es infolge der hochkriechenden Feuchtigkeit und der Witterungseinflüsse gelitten hatte. Bereits im 16. Jahrhundert waren ja aus dem gleichen Grund die ursprünglichen Fresken durch Marmor und Bronze ersetzt worden. Diese wertvollen Hochreliefs aus Marmor waren nun infolge der Feuchtigkeit in Gefahr, sich abzulösen und zu splittern. Hinzu kamen chemische Einflüsse durch Staubablagerungen, Kerzenruß, Weihrauch und die Veränderung des Mikroklimas durch die alljährlich vier Millionen Pilger in der Basilika.



Die Renovierung brachte keinerlei „architektonische" Veränderungen innerhalb der Grabkapelle, nichts wurde hinzugefügt, nichts wurde weggenommen. Das Vorhandene wurde aufpoliert, freigelegt und erstand so in seinem ursprünglichen Glanz. Ein neues Konzept war nicht nötig. Es genügte, die herrliche Seitenkapelle so, wie sie im 16. Jahrhundert als Meisterwerk der italienischen Hochrenaissance gestaltet worden war, wieder aufstrahlen zu lassen. Dies gilt auch für den Altar mit der Tomba (dem Grab) beziehungsweise der Arca (dem Sarkophag) des Heiligen. Dessen heutige Form geht auf Tiziano Aspetti (1593 – 1594) zurück. Sieben Stufen führen hinauf. Man betritt ihn durch ein Gittertor, das sich zu einer Balustrade verlängert.



Aufpoliert und Goldverziert



Glänzend neu aufpoliert sind der Fußboden und die reichlich goldverzierte Stuckdecke. Zur vollen Geltung kommen jetzt wieder die neun Hochreliefs aus hellem Marmor, sozusagen die drei Wände der Grabkapelle. Das erste Relief links zeigt, wie der Augustiner-Chorherr Fernando in Coimbra, Portugal, mit dem Franziskanerhabit bekleidet wird und fortan den Namen Antonius trägt. Dann folgen acht Darstellungen von Wundern, die der Heilige gewirkt hat – was die Hilfesuchenden in ihrem Vertrauen bestärkt.



Diese neun Hochreliefs entstanden in einem Zeitraum von 60 Jahren. Das erste, ein Werk von Antonio Lombardo (1505), zeigt den Heiligen, wie er einen Neugeborenen zum Sprechen bringt. Das letzte, von Danese Cattaneo 1572 begonnen und von Gerolamo Campagna 1577 vollendet, zeigt die Erweckung eines ermordeten jungen Mannes. In den Lehrbögen sind Darstellungen aus der Stadt Padua zu sehen, so die Gesamtanlage der Basilika und das Justizgebäude.



Mir persönlich imponieren besonders die beiden herrlichen Kandelaber, jeweils 2,12 Meter hoch und aus massivem Silber gefertigt, ein Werk des Venezianers Giovanni Balbi. Sie ruhen auf erlesenen Marmorsockeln, geschaffen von Filippo Parodi (1689) und Orazio Marinali (1712). Man hatte sie mit einer Bronzepatina überzogen, die sie schwarz und unansehnlich werden ließ. Damit sollten die kostbaren Kunstwerke vor den habgierigen Blicken von Eroberern und Eindringlingen, etwa Kaiser Napoleons, geschützt werden. Wenn jetzt das natürliche Licht durch die mundgeblasenen und bleigefassten Fensterscheiben auf die Silberkandelaber fällt, leuchten sie wie Gold auf.



Besichtigung ohne Belästigung



Es zeugt vom Kunstsinn der Italiener und ihrer Ehrfurcht vor dem Heiligen, dass der Termin der Wiedereröffnung der Grabkapelle nicht zusammenfällt mit der Überführung der Gebeine des heiligen Antonius. So wie das Ewige Licht in einer Kirche nur brennt, wenn das Allerheiligste darin aufbewahrt wird, sind auch die hoch hängenden silbernen Lampen noch nicht entzündet. Das wird erst geschehen, wenn die Gebeine des Heiligen wieder hier an ihrem vorgesehenen Platz ruhen. Für die nächsten Monate ist das Prachtstück der Basilika sozusagen zur Besichtigung freigegeben, für Pilger, Besucher, Touristen und vor allem Kunststudenten. Sie können ungehindert den fachlichen Erläuterungen lauschen und stören dabei nicht die andächtigen Beter und Verehrer. Bis zur Übertragung der Gebeine des Heiligen, die im Laufe des Jahres 2010 erfolgen wird, gilt ein Satz aus dem Buch des Propheten Jesaja (11,10), dessen hebräischen Urtext die Vulgata so übersetzt: „Erit sepulcrum eius gloriosum" – „Sein Grab wird herrlich sein".



Für Sie, liebe Leser des Sendboten und Verehrer unseres Heiligen, gibt es ab sofort ein Motiv mehr, sich nach Padua aufzumachen und dem heiligen Antonius persönlich Bitten vorzutragen und Dank abzustatten.



 

Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016