Unser Generaldirektor im Interview

30. Januar 2014 | von

Der Direktor des „Messenger of St. Anthony“ stellt dem neuen Generaldirektor des „Messaggero di sant’Antonio“ Fragen zu seinem Leben als Franziskaner-Minorit und zu den Herausforderungen seines Amtes. Damit können sich unsere Leser ein gutes Bild von ihm machen.



Wann kamst Du auf die Idee, ein Franziskaner-Minorit zu werden?

Die Werte von Einfachheit, Brüderlichkeit und Solidarität faszinierten mich immer, und der heilige Franziskus verwirklicht diese Werte wie kein anderer. Über die Gestalt des Franziskus entdeckte ich die Freude an meiner Berufung und den Wunsch, mein Leben Gott und dem Nächsten zu schenken. Mit zehn Jahren trat ich in das Ordensseminar von Camposampiero ein. Das war ein Ort mit gesunden moralischen Prinzipien. Hier wurde eine wertvolle menschliche und christliche Erziehung angeboten. Dort verbrachte ich meine gesamte Jugendzeit unter den Fittichen der Minoriten und verspürte mit zwanzig Jahren den starken Wunsch, ebenfalls ein Minderbruder zu werden.



War das nicht zu früh, schon mit zehn Jahren in ein Seminar einzutreten? Man sagt, das Kind braucht in diesem Alter noch seine Familie.

Das waren ja noch die 60er Jahre, damals fand niemand etwas dabei. Heute ist das anders. Ich als Vater würde meinen Sohn nicht mehr mit zehn Jahren in ein Seminar stecken, nicht einmal in ein Internat, es sei denn, schwierige Familienverhältnisse machten das nötig. In unserem Seminar wurden wir nie dazu gedrängt, als Kind oder Heranwachsender endgültige Entscheidungen zu treffen. Damals träumte ich von ganz anderen Dingen. Erst im Alter von 24 Jahren legte ich in Mailand meine Feierliche Profess ab, das Gelübde auf Lebenszeit; heute muss man dafür 25 Jahre alt sein.



Was tust Du für Deine Beziehung zu Gott?

Der schönste Augenblick ist die Feier der Eucharistie. Ich spüre, wie Gott bei diesem Sakrament im wahrsten Sinne des Wortes an meiner Seite steht. Die Gegenwart Gottes nehme ich auch wahr in der Begegnung mit dem Nächsten. Im Angesicht des Nächsten sehe ich Gottes Antlitz. Jede Person, die ich treffe, zeigt mir einen Aspekt Gottes. Und doch bedeutet die Begegnung mit einem anderen Menschen jedes Mal eine Herausforderung, sie mir zeigt meine eigenen Fehler und Grenzen auf. So lockt Gott auch über den Nächsten das Beste aus mir heraus.



Hattest Du im Gespräch mit Gott je den Eindruck, dass die Verbindung unterbrochen war, dass nur Du gesprochen hast, aber niemand zuhörte?

Dies ist eine normale Erfahrung für jeden Ordenschristen, er macht sie früher oder später in seinem Leben. Der Glaube wäre ja kein Glaube, gäbe es da nicht auch das Element des Zweifels. Tatsächlich empfand ich in einigen Augenblicken meines Lebens diese Unterbrechung der Verbindung mit Gott ganz stark und habe sehr darunter gelitten. Doch immer machte ich die Erfahrung: Das Leben selbst liefert früher oder später die Antworten auf meine Zweifel.

Das Sakrament der Versöhnung, die Beichte, steckt in einer großen Krise.

Vielleicht kann man sagen, dass der Mensch von heute geradezu berauscht ist von sich selber, völlig auf sich bezogen. Das macht ihn taub für die Stimme des Gewissens. Darunter leidet natürlich das Sakrament der Versöhnung, denn hier gilt es, in sich hineinzuhören. Dabei ist die Beichte zusammen mit der Eucharistie das beste Mittel überhaupt, aus uns bessere Menschen zu machen. Diese beiden Sakramente erinnern uns daran, dass Gott noch an uns und unsere Fähigkeiten glaubt.

Man könnte sagen, dass der Mensch noch nie so wenig an sich selbst geglaubt hat. Er sucht seine Antworten, ja seine ganze Seligkeit, in der materiellen Welt. So hört er nicht mehr auf sein Herz, und damit auch nicht mehr auf Gott. Aus meiner persönlichen Erfahrung weiß ich: Je authentischer die Suche nach Gott ist, desto stärker ist das Bedürfnis, Gott zu begegnen im Sakrament der Versöhnung.

Die Beichte steckt freilich auch deshalb in einer Krise, weil es an Priestern fehlt, die bereit sind, genügend Zeit und Aufmerksamkeit darauf zu verwenden. Die Priester haben tausend Dinge zu tun, und doch müssten sie einen Teil ihres Tages dafür freihalten, ihre Gläubigen anzuhören. Wenn die Priester diese Aufgabe ernsthafter angehen, dann begreifen die Leute besser die Wichtigkeit des Beichtsakramentes.



Was bedeutet Dir der heilige Antonius?

Antonius verstand es, die Gottesliebe mit der Nächstenliebe zu verbinden. Er tat dies so leidenschaftlich, dass uns sein Beispiel und Zeugnis bis heute inspirieren. Antonius zeigt uns: Je mehr ich das Evangelium lebe, desto eher kann ich auf die wirtschaftlichen und sozialen Probleme in der Welt eine Antwort zu geben. In der Antoniusbasilika zu Padua spüre ich im Herzen und auf meinen Schultern das Gewicht der Verantwortung gegenüber Millionen von Gläubigen in aller Welt, die in Antonius eine moralische Bezugsperson sehen.



Noch nach achthundert Jahren ist Antonius einer der beliebtesten Heiligen der Kirche.

Die Heiligkeit des Antonius war großartig und mächtig. Die spirituelle Leitlinie unserer Sendung, Evangelium und Caritas, enthält eine große moralische Wahrheit: Wenn ich dem Nächsten das Evangelium nicht zusammen mit jener materiellen Hilfe anbiete, die er braucht, dann gebe ich ihm nicht die Antworten, die er nötig hat. Ich kuriere dann lediglich die Symptome, nicht die Ursachen.



Im Juli 2013 wurdest Du zum Generaldirektor des Messaggero di sant’Antonio ernannt.

Hier in Padua soll ich das pulsierende Herz der großen weltweiten Antoniusfamilie sein, all jener, die sich in Vertrauen an unseren Heiligen wenden. So bete ich unablässig für alle unsere Mitglieder. Ich bringe ihre Bitten und Hoffnungen vor Antonius, damit er sie fürbittend an den Herrn weiterleitet. Darin sehe ich meinen wichtigsten Dienst hier.



Was wünscht Du unseren Lesern für das neue Jahr 2014?

Ich möchte ihnen Mut machen, an ihre Träume zu glauben – freilich mit einer Kontrollfrage: Wenn diese Lebensträume nicht abgesegnet sind von Jesus Christus, handelt es sich um leere, vergängliche Illusionen.

Und natürlich wünsche ich unseren Leserinnen und Lesern, dass sie in den Zeitschriften das finden, was sie brauchen, um ein christliches Leben zu führen innerhalb ihrer Gemeinschaft und Familie – als Beitrag für eine bessere Welt.

Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016