Wo Antonius weiterlebt

30. September 2019 | von

Ganz regelmäßig sind Brüder aus dem Konvent bei der Basilika des heiligen Antonius von Padua mit seinen 
Reliquien unterwegs. Der heilige Wundertäter soll nicht nur vor Ort verehrt werden können, sondern überall auf der ganzen Welt. Von einer Reliquien-Reise in den Süden Italiens berichtet der folgende Beitrag.

Eine schwierige Entbindung, ein kleines Herz, dessen Herzschlag immer langsamer wird, zwei gerettete Leben – das ist die schöne Geschichte, die Br. Luigi Cerea aus dem Krankenhaus von Matera bei der antonianischen Wallfahrt in die Basilikata, eine Region Süditaliens, im vergangenen Mai mitbringt.
Der Frühling in Matera ist schon weit fortgeschritten. Knospen brechen auf, es grünt und blüht. Die Luft ist angenehm warm und eine junge Frau bereitet sich auf ihre erste Entbindung vor. Sie wurde schon von zwei Fehlgeburten gezeichnet und ist deshalb ziemlich besorgt und aufgeregt. Die neun Monate sind schon vorbei, aber noch immer bleiben die Wehen aus. Die Ärzte entscheiden, die Geburt mit Medikamenten einzuleiten und die Frau kommt ins Krankenhaus. Alles scheint unter Kontrolle zu sein. Aber nach ein paar Stunden Behandlung bekommt die Frau fürchterliche Schmerzen. Die sind so schlimm, dass sie bewusstlos wird. Die Ärzte unterschätzen anfangs die Situation, sie bringen diese Reaktion nicht mit einem der Medikamente in Verbindung. Das Leben der jungen Frau ist gefährdet. Auf einmal passiert etwas Unerwartetes. Die junge Frau erinnert sich: „Das Herz des Kindes bekam Aussetzer, je schlechter es mir ging, um so schwächer wurde sein Herzschlag.“ Das war vorher, während der Schwangerschaft, noch nie passiert und auch im Nachhinein hatte es keine Auswirkungen auf das Kind. Falscher Alarm? Vielleicht. Sicher ist aber, dass ohne dieses unerwartete Ereignis die junge Frau uns heute nicht ihre Geschichte erzählen könnte. 

Doppeltes Wunder
Es ist diesem kleinen Herzchen zu verdanken, dass sich das medizinische Team dann für einen Notkaiserschnitt entschieden hat. „Dieser schwache Herzschlag hat mir das Leben gerettet. …Wenn es diese Anomalie nicht gegeben hätte, auf die die Ärzte dann alarmiert reagiert haben, hätte ich sterben können. Wir sind beide gesegnet worden, mein Kind und ich!“ Das berichtet die junge Frau Br. Luigi Cerea in der Kapelle im Krankenhaus von Matera. „Das ist ein doppeltes Wunder. Es hat mich wirklich angerührt“, vertraut der Bruder später seinen Mitbrüdern an. 

Wunder – ohne sich zu wundern
Es gibt viele Geschichten wie diese, die von Glauben und Wiedergeburt handeln, die die Brüder bei der letzten peregrinatio der Antonius-Reliquien in der Basilikata in Süditalien gesammelt haben. „Geschichten von Müttern, die erst nach vielen Gebeten zum heiligen Antonius schwanger geworden sind, Geschichten des Leids und der Freude. Dazu gehört auch der Bericht eines Mannes, der am Hals operiert werden sollte und dann vorher auf unerklärliche Weise gesund wurde.“ Br. Egidio Canil, der zusammen mit Br. Luigi und den Reliquien nach Süditalien gereist ist, zählt diese Geschehnisse auf, ohne sich wirklich darüber zu wundern. „Seit jeher ist der heilige Antonius denen nahe, die leiden. Deshalb ist es auch kein Zufall, dass bei den Wallfahrten der Reliquien immer auch Besuche im Gefängnis und in Altenheimen vorgesehen sind.“ Nach dem Stopp in der Kirche der Kapuziner von Montescaglioso und im Krankenhaus von Matera haben die Reliquien die Gemeinde Cristo Re und das Gefängnis von Matera besucht, wo sie von 180 Häftlingen erwartet wurden. Danach ging es weiter in die Gemeinde des hl. Antonius der Rogationisten und zu den Senioren im Altenheim der Diözese Matera. „Das, was mich am meisten beeindruckt hat, war die gemeinschaftliche Gastfreundschaft von Franziskaner-Minoriten, Kapuzinern und Rogationisten. Wirklich ein wahres Zeichen der Einheit!“, freut sich Br. Egidio. 

Prozession und Feuerwerk
Nach der Basilikata reisten die Antonius-Reliquien weiter an den südlichsten Zipfel des Salento. Nach einem Halt in Copertino, wo die Reliquien das Heiligtum Santa Maria della Grottella und das des heiligen Josephs besucht haben, erreichte die Delegation Tricase mit vier Pfarrgemeinden und fast 20.000 Einwohnern. Auch in dieser Stadt in der Nähe von Lecce wurde der Heilige warmherzig empfangen – Br. Egidio erinnert sich: „Fast zwei Stunden hat die Prozession mit den Fahnenschwenkern von Oria gedauert!“. Dazu kamen noch ein netter Halt in der Kirche der Kapuziner und der Kirche des heiligen Antonius. „Der örtliche Pfarrer, der uns eingeladen hat, ist schon seit fast 50 Jahren dort!“ Außer den Treffen mit den Familien, Messen und Beichten gab es auch ein Feuerwerk zu Ehren des heiligen Antonius. Zwei Pflichtbesuche standen auf dem Programm: das Heiligtum Santa Maria finibus terrae in Leuca und der Friedhof von Alessandria, wo die Brüder am Grab von San Tonino Bello gebetet haben.       

Intensive Frömmigkeit
Am nächsten Tag mussten die Reliquien sich weiter auf den Weg machen, ihr Ziel: das Kloster San Luigi in Bisceglie (in der Provinz Barletta-Andria-Trani), wo neun Klarissen leben. Br. Egidio berichtet: „Wir erlebten sechs oder sieben sehr intensive Stunden dort, ein nicht abreißender Strom von Pilgern!“ Auch wenn wohl die vollsten Tage die in Andria waren. In der Stadt in Apulien sind die Reliquien in einer langen Prozession durch die Stadt gezogen und haben in den Kirchen des heiligen Franziskus, des heiligen Antonius und Santa Maria a Vetere Halt gemacht. „Es war ein kontinuierliches Aufeinanderfolgen von heiligen Messen, Katechese und Beichten.“ Ein konstanter Strom von Gläubigen und Autoritäten in der Atmosphäre einer „schönen und brüderlichen Gastfreundschaft.“  Die Rückreise traten die Reliquien im Auto an, das vollgepackt war mit Brot und Öl aus Apulien. 

Ein Heiliger, der niemals stört
Den letzten Halt auf dem Weg nach Padua machten sie in einer Stadt, die stolz ist auf ihre besondere Verbindung zum heiligen Antonius: Gemona del Friuli. Nach Gemona kam der heilige Antonius um das Jahr 1227 herum, um dort zu predigen, Wunder zu wirken und den Bau der ersten, der heiligen Jungfrau der Gnade geweihten Kapelle in die Wege zu leiten. Heute gibt es in Gemona eine dem Wundertäter geweihte Kirche, die nach dem verheerenden Erdbeben 1976 wieder aufgebaut wurde. In den zwei Tagen im Friaul haben die Reliquien dieses Heiligtum, zwei Seniorenheime und das Mutterhaus der Missionsschwestern des heiligen Herzens besucht, wo zu diesem Zeitpunkt auch das Generalkapitel dieser Gemeinschaft tagte. Aber der heilige Antonius ist kein Heiliger, den man übersehen kann, er ist ein Heiliger, der Berge versetzen kann – und erst recht, wenn es sich um franziskanische Schwestern handelt. Moral der Geschichte: Die Schwestern unterbrachen kurzerhand ihr Kapitel und die Reliquien wurden feierlich aufgenommen. Gerade noch rechtzeitig, um pünktlich wieder in der Antonius-Basilika in Padua einzutreffen, in der Erwartung einer neuen Reise auf den Spuren des heiligen Antonius.  

Zuletzt aktualisiert: 07. Oktober 2019
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