Wunder zum Wundern

17. Juli 2018 | von

Ein wenig skurril muten die beiden Geschichten an, die uns heute der Verfasser der Assidua erzählt. Doch der heilige Antonius scheint auch in den absurdesten Situationen noch helfen zu können – auch wenn Menschen auf seltsame Gedanken kommen...

Eine Schwester aus dem Orden der Armen Frauen namens Olivia näherte sich − als der Körper des heiligen Vaters noch nicht bestattet war − mit inständigen Gebeten, um ihm die Hände zu küssen. Während sie vor dem heiligsten Körper kniete, richtete sie ihre Gebete an Gott. Unter anderem bat sie flehentlich darum, dass der Herr, um der Verdienste des seligsten Vaters Antonius willen, die Strafe wegen ihrer Sünden bereits jetzt über sie verhänge, damit sie im künftigen Leben vor jeder Bestrafung bewahrt sei.

Unerträgliche Schmerzen
Nachdem sie das Gebet beendet hatte, kehrte sie in ihr Kloster zurück. Und sogleich wurde ihr Körper von einem überaus starken Schmerz erfasst, so sehr, dass sie sich auf keine Weise mehr auf den Füßen halten konnte. Und mit ihrer unerträglichen Angst vor dem Bösen brachte sie ihre Mitschwestern in Verwirrung. Am folgenden Tag, als die anderen gerade zu Tisch gingen, da reihte auch sie sich heimlich ein. Aber nach und nach nahm der Schmerz zu und sie konnte kein Essen berühren. Und während ihre Schwestern speisten, wand sie sich von einer Seite zur anderen.
Auf Geheiß der Äbtissin wurde sie in die Krankenstation gebracht, wo sie, die eben noch mit heißem Verlangen darum gebeten hatte, dass ihr die künftigen Strafen schon jetzt auferlegt würden, um ein Heilmittel ersuchte und noch inständiger betete. Endlich erinnerte sich die Frau daran, dass sie bei sich ein Stück vom Habit des seligen Antonius aufbewahrte. Sie ließ es bringen, legte es sich sofort auf den Körper und sogleich verschwand jeder Schmerz.

Pilgerreise mit Hindernis
Eine Frau aus Monselice, die von Kindheit an sehr religiös war, heiratete einen Mann, der in seinem Leben allzu sehr auf irdische Dinge ausgerichtet war. Aber es steht geschrieben, dass der ungläubige Mann durch eine gläubige Frau geheiligt wird. Also wandte er sich eines Tages, den Ermahnungen seiner Frau folgend, an einen Priester und beichtete. Als er nach Hause zurückkam, versprach er, sich mit seiner Frau auf eine Pilgerreise nach Santiago zu begeben. Weil sie über diese Nachricht froh war, beeilte sich die Frau mit den Vorbereitungen der Reise und mit ihren Bitten brachte sie ihren Mann dazu, nach Padua zu gehen, um die nötigen Dinge für die Pilgerreise zu besorgen. Als sie sich zusammen mit einigen Begleitern auf den Weg gemacht hatten und gerade auf der Straße unterwegs waren, die nach Padua führt, gelang es der Frau nicht länger, ihre Zufriedenheit zu verstecken. Und sie frönte dem Lachen und Scherzen und zeigte mit ihrem Verhalten eine übertriebene Lebhaftigkeit der Freude ihres Herzens. Als ihr Ehemann das sah, sagte er, verärgert über das aufgeregte Verhalten seiner Frau: „Warum lässt du dich so gedankenlos zu solchem Geplapper verleiten − und warum gibst du dich, verleitet von dieser vergänglichen Hoffnung, wieder nach Hause zu reisen, dem Lachen und anderen unbedachten Gesten hin? Wisse, dass ich meinen Plan geändert habe und überhaupt nicht vorhabe, dorthin zu gehen, wohin du eilst.“

Selbstmorddrohung
Nachdem sie diese Worte gehört hatte, wurde die Frau blass und zeigte die Niedergeschlagenheit ihres Gemüts durch einen geänderten Gesichtsausdruck. Da ihr Mann fortfuhr, sie mit harten Worten nahezu zur Verzweiflung zu bringen, antwortete sie nach langem Schweigen dem Streitlustigen: „Wenn du das Versprechen nicht hältst, eine Pilgerreise zu machen, dann wisse im Namen Jesu Christi und des heiligen Antonius, dass ich mich ertränken werde.“ Einer solchen Drohung schenkte er keinen Glauben, sondern machte ein ernstes Gesicht, nannte sie eine Verrückte und bekräftigte hartnäckig, dass er nicht beabsichtige, das Gelübde zu halten. Weil die unglückliche Frau so alle Hoffnung verlor und in ihrem Vertrauen enttäuscht war, ließ sie sich von einem selbstmörderischen Gedanken überwältigen und stürzte sich kopfüber, nachdem sie den Namen des seligen Antonius angerufen hatte, in den Fluss, der entlang jener Straße verlief.

Nachahmung nicht empfohlen!
Den Frauen, die dabei waren, blieb vor Erstaunen die Luft weg, als sie sahen, wie die Frau von den Wellen erfasst wurde. Sie liefen sofort schnell hinzu, vergaßen das weibliche Schamgefühl, und es gelang ihnen − auch wenn sie sich das Gesäß und sämtliche Kleider nass machten − , sie aus dem Wasser zu ziehen, das gerade dabei war, sie wegzutreiben. Sie legten sie am Flussufer nieder und man stellte fest − ich erzähle nun etwas wirklich Wundersames! − dass nicht einmal ein Faden ihres Unterrocks nass geworden war, wohingegen ihre Retterinnen sich die eigenen Kleider auswrangen, um das viele Wasser zu entfernen. 
Auch wenn, wie die Schrift sagt, der Herr auf der Seite der Schwachen steht, empfehlen wir ganz und gar nicht, etwas Ähnliches nachzuahmen. Denn wir schreiben es mehr der Unbesonnenheit zu als der Tugend. Aber ohne Zweifel glauben wir, dass die Verdienste des heiligsten Vaters, der von der Frau angerufen worden war, das Wunder beim Herrn erwirkte. Denn wir sind gewiss, dass er immer voll Eifer auf der Seite der einfache Menschen steht.

Zuletzt aktualisiert: 17. Juli 2018
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