Ein Garten mit Mehrwert

24. November 2025 | von

Mitten in Padua liegt ein botanisches Kleinod von historischer und wissenschaftlicher Bedeutung: der Orto Botanico der Universität. Seit seiner Gründung im Jahr 1545 fasziniert der Garten Besucher nicht nur mit außergewöhnlichen Pflanzen, sondern gilt auch als Inspirationsquelle für botanische Gärten in ganz Europa.

Die Via Orto Botanico ist mir in Padua bestens vertraut, denn unter der Hausnummer 11 befindet sich dort der Sitz des Messaggero di Sant’Antonio und damit die Verlagsadresse für den Sendboten des hl. Antonius. Einigermaßen regelmäßig bin ich dort im Büro, muss aber gestehen, dass ich um den direkt angrenzenden Botanischen Garten immer einen großen Bogen gemacht habe. Bei einer Pilgerreise in die Stadt des hl. Antonius hatte ich den Orto Botanico vor Jahren als optionales Angebot ins Programm geschrieben – und bin dann selbst lieber Eis essen gegangen. Ein Fehler, wie ich vor ein paar Wochen festgestellt habe, als ich endlich den wohl berühmtesten Paduaner Garten besucht habe.

Garten der Universität
Und gleich im Eingangspavillon, wo der nicht ganz günstige Eintrittspreis zu entrichten ist, habe ich gelernt, dass der Botanische Garten mit seinen 22.000 Quadratmetern nicht nur der berühmteste Garten der Stadt sein dürfte, sondern – 1545 angelegt – als der älteste Botanische Garten überhaupt gilt. Obendrein wurde er 1997 in die Liste des UNESCO-Welterbe aufgenommen, weil die grundsätzliche Anlage des Gartens samt Wasserring und einem zentralen Gebäude über die Jahrhunderte weitgehend unverändert erhalten geblieben ist. 
Begründet wurde der Botanische Garten vom Senat der Republik Venedig, und zwar auf dem Grundstück der Benediktinerabtei Santa Giustina, die wir in dieser Serie bereits vorgestellt haben. 1554 war das Anlegen des Gartens abgeschlossen, und weil er der Universität angegliedert wurde, war sein Hauptzweck auch klar: Es wurden Heilpflanzen angebaut und gezüchtet, damit die Studenten sie von anderen, ähnlich aussehenden Pflanzenarten zu unterscheiden lernen konnten. Schon wenige Jahre nach der Gründung konnte der Universitätsgarten 1.500 Pflanzenarten aufweisen – und mit mehreren Premieren aufwarten:1565 wurde hier der erste europäische Flieder gezüchtet, drei Jahre später die ersten Sonnenblumen, und im Orto Botanico wurde wohl auch die erste Kartoffel Europas gezüchtet. 
Auch heute noch dient der Garten der Ausbildung von Biologie- und Pharmaziestudenten. Hierzu dienen nicht nur die mittlerweile 6.000 lebenden Pflanzen, sondern auch die stolze Sammlung von 400.000 getrockneten „Belegexemplaren“. Außerdem sollen weiterhin seltene Arten erhalten und erforscht werden. 
Entsprechend würdigt die UNESCO auch die Anlage: „Der Botanische Garten von Padua, der immer noch seine ursprüngliche Rolle als Zentrum für universitären Unterricht, Bildung und wissenschaftliche Forschung hat, war eine Inspiration für viele andere Gärten in Italien und Europa, sowohl wegen seiner architektonischen und funktionalen Gestaltung als auch wegen seiner pädagogischen und wissenschaftlichen Ansätze zur Erforschung von Heilpflanzen und ähnlichen Themen. Seit seiner Gründung ist der Botanische Garten von Padua ein wichtiger Knotenpunkt für den internationalen Austausch und hat dazu beigetragen, das Wissen über verschiedene Aspekte von Heilpflanzen und Botanik zu verbreiten.“

Besondere Gewächse
Zu den besonderen Pflanzen des Gartens gehört die „Goethe-Palme“. Sie ist in einem eigenen kleinen Gewächshaus zu finden und nach dem deutschen Dichter Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) benannt, weil dieser sie in seinem Werk „Geschichte meines botanischen Studiums“ erwähnt. Gleich daneben wachsen seit 1750 ein mittlerweile 19 Meter hoher Ginkgo-Baum und eine Magnolie, die ebenfalls um diese Zeit herum gepflanzt wurden: Beide gelten als älteste Exemplare ihrer Art in Europa. Auch die Himalaya-Zeder verdient Erwähnung. Sie steht in der Nähe des „Brunnens der vier Jahreszeiten“ und wurde 1828 gepflanzt – und auch für sie gilt: Sie ist die erste, die nach Italien gebracht wurde. Durch das Absinken des Grundwasserspiegels in den letzten Jahren hatte die Zeder einigen „Stress“ zu bewältigen. Mittlerweile sind komplexe Maßnahmen zu Sanierung und Revitalisierung der historischen Pflanzen in die Wege geleitet. 
In einem der wenigen Gewächshäuser der Anlage sind fleischfressende Pflanzen gesammelt. Sie können in stickstoff- und mineralsalzarmer Umgebung gedeihen, weil sie den dadurch entstehenden Nährstoffmangel durch das „Fressen“ von Insekten ausgleichen. 

Pflanzen der ganzen Welt
Zu den jüngeren Entwicklungen der letzten Jahre gehört der 2014 angelegte „Garten der Biodiversität“. Hierzu wurde die ursprüngliche Anlage durch den Kauf eines Grundstücks der Jesuiten deutlich erweitert und man hat mehrere moderne Gewächshäuser gebaut. Diese bilden fünf Lebensräume der Erde nach und beherbergen im künstlich erzeugten Klima von tropischen Regenwäldern bis hin zu trockenen Gebieten hunderte Pflanzenarten. Ansprechend gestaltete Schautafeln bieten umfassende Informationen. 
Seit 2023 kann man außerdem das Botanische Museum besuchen. Es beherbergt historische Kollektionen und gibt einen Überblick über die universitäre Nutzung des Paduaner Botanischen Gartens. – Es gibt also viel zu entdecken! Und wer in Padua jenseits von Kirchen und Museen in seinem Besuchsprogramm ein echtes Highlight sucht, der ist im Orto Botanico genau richtig. 

Zuletzt aktualisiert: 24. November 2025
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