Der heilige Antonius in Kampanien

08. Juli 2019 | von

Teano, Ischia, Afragola und das Militär-Gefängnis von Santa Maria Capua Vetere: Das sind die Etappen der letzten antonianischen Pilgertour in Süditalien. Begleitet wurden die Reliquien im vergangenen Februar von zwei Brüdern der Antonius-Basilika: Br. Egidio Canil und Bruder Nicola Zuin.

Aus dem Veneto nach Kampanien, von der Po-Ebene in die Ebene um den Vesuv. Was sind schon 700 Kilometer, wenn es um die Verehrung des heiligen Antonius geht? Das werden sich wohl auch im vergangenen Februar Br. Egidio Canil und Br. Nicola Zuin gefragt haben, die damit beauftragt waren, die Reliquien des Heiligen bis in die Provinz Caserta in Kampanien zu begleiten. 

Ein herzliches Willkommen
Die erste Etappe dieser 10-tägigen Wallfahrt war Teano, wo sich auf einem Hügel, nur wenige Schritte von dem Stadtzentrum entfernt, ein Heiligtum und ein Konvent befinden, die dem Wundertäter geweiht sind. Man muss aber ehrlicherweise sagen, dass die ganze Stadt von einem antonianischen Geist durchweht wird. Und deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die Reliquien, als sie am 8. Februar die Kathedrale der Stadt erreichen, von Bischof Giacomo Cirulli, den Kanonikern, sechs Bürgermeistern der umliegenden Gemeinden mit den Bannern ihrer jeweiligen Städte, Vertretern diverser Vereinigungen und natürlich einer Masse an Verehrern empfangen werden. Ein wirklich feierliches Willkommen für die sterblichen Überreste des heiligen Antonius, die – und das ist wirklich außergewöhnlich – sogar von Reliquien des heiligen Franziskus begleitet wurden. Der Hintergrund: Dieses Jahr feiert man sowohl den 800. Jahrestag der Begegnung des heiligen Antonius mit den franziskanischen Protomärtyrern und seinem daraus folgenden Eintritt in den Franziskanerorden als auch das 800-jährige Jubiläum der Begegnung des heiligen Franziskus mit dem Sultan Al-Malik Al-Kamel in Damiette.

Freude am Glauben
Der zweite Tag der Wallfahrt in Teano war gekennzeichnet von der Prozession durch die Stadt, der Vesper und dem feierlichen Hochamt, das vom Bischof und zwanzig Priestern aus den umliegenden Gemeinden zelebriert wurde. Genau 25 Jahre nach der letzten antonianischen Pilgertour nach Teano waren die Freude und die Aufregung der Gläubigen deutlich zu spüren. Sie klang an in den Gebetsrunden und bei den Anbetungen, in den Erfahrungs-Berichten der Jugendlichen, die auf dem Weltjugendtag gewesen sind, bei den Treffen mit den Senioren und den Kranken. Und natürlich bei den gottesdienstlichen Feiern am antonianischen Heiligtum.

Hinter Gittern
Die nächste Etappe ist das Militärgefängnis von Santa Maria Capua Vetere, von wo aus der franziskanische Gefängniskaplan die Brüder aus Padua kontaktiert und eingeladen hatte. Für die Reliquien ist ein Besuch in einem Gefängnis wahrlich nichts Neues, sie waren schon in vielen Strafanstalten in Italien, aber auch im Ausland zu Gast (Sulmona, Como, Malta, Manila und Lissabon, um nur einige zu nennen). Br. Egidio bestätigt: „Wie es uns die Geschichte von Ezzelino da Romano lehrt (der heilige Antonius war seinerzeit nach Verona gereist, um den Tyrannen dazu zu bringen, Gefangene freizulassen), ist Antonius bekannt für seine besondere Beziehung zu Inhaftierten und grundsätzlich für seinen Einsatz für Menschen in Notsituationen.“ Den Reliquien und ihren Begleitern haben ein paar Stunden im Gefängnis gereicht, um diese Affinität erneut bestätigt zu bekommen. „Mehr als die Hälfte der Gefangenen haben die heilige Messe mitgefeiert und an der Katechese teilgenommen. Und das Seite an Seite mit den Wärtern. Sie haben gemeinsam gesungen, musiziert und dann circa dreißig Briefe an den heiligen Antonius geschrieben. Es war wirklich berührend, diese in der Seele verletzten Menschen zu treffen, die wegen eines Fehlers auf ihre Freiheit verzichten müssen.“ Br. Egidio glaubt, dass der größte Schmerz für die Inhaftierten die Situation ihrer Familien ist, die durch ihre Schuld leiden müssen. Man muss nur einen Blick in die Briefe „Lieber heiliger Antonius…“ werfen. „Ich bitte dich nur darum, mir nahe zu sein auf diesem langen und schmerzhaften Weg“, schreibt einer von ihnen. Oder: „Ich weiß, dass du nicht derjenige bist, der mich aus dem Gefängnis entlassen wird, aber bitte gib mir die Kraft, durchzuhalten. Ich vertraue auf Gott und die Liebe meiner Familie. Gib ihnen die Kraft, weiterzugehen. Sie haben ja keine Schuld!“. Unter denjenigen, die um Vergebung bitten oder auf ein Wunder hoffen oder ihr Schicksal resigniert annehmen, ist auch ein treuer Abonnent des „Messaggero di sant’Antonio“, der sich Sorgen macht um seine Enkeltochter. Es gibt hier auch jemand, der von den Menschen komplett an den Rand gedrängt wird und nun in Gott Hilfe sucht, ohne –  nach eigener Erklärung – ein echter Gläubiger zu sein und der aus ganzem Herzen darum bittet, „eines Tages die nötige Erleuchtung zu bekommen, um Trost bei Gott zu finden“.

In den Fluten
Nach dem Besuch im Gefängnis Santa Maria Capua Vetere und einem kurzen Halt im Klarissenkloster Santa Croce in Pignataro Maggiore ging die Reise der Reliquien weiter nach Ischia. Um die Kathedrale auf der Insel zu erreichen, mussten die Reliquien sogar zweimal verschifft werden. Br. Egidio berichtet: „Die Bewohner von Ischia hatten sich für die Büste ihres geliebten Heiligen einen triumphalen Einzug vom Haupthafen in den kleinen Hafen in der Nähe der Burg gewünscht.“ Leider war das Wetter schlecht und das Meer zu aufgewühlt, so dass die Hafenleitung die Erlaubnis für die Schiffsfahrt vom Haupthafen in den kleinen Hafen verweigert hatte. Eine Stunde vor der geplanten Abfahrt jedoch beruhigte sich das Meer und der Wunderheilige konnte per Schiff den kleinen Hafen erreichen, wo er von den lokalen Würdenträgern, allen voran dem Bischof, empfangen wurde. Von der Kathedrale zur Kirche des heiligen Antonius wurden die Reliquien mit einer Prozession, Feuerwerk und einer stattlichen Zahl von Gläubigen begleitet. 

Im „Padua des Südens“
In den folgenden Tagen wurden weitere Gemeinden besucht, und immer waren viele Menschen und auch eine ganz besondere mystische Stimmung präsent. Nach den paar Tagen auf der Insel war aber für den heiligen Antonius noch lange nicht der Zeitpunkt der Rückreise nach Padua gekommen, denn eine Etappe fehlte noch: Afragola, ungefähr ein Dutzend Kilometer von Neapel entfernt. Dieses Städtchen, das wegen der dort sehr intensiven Antonius-Verehrung auch „Padua des Südens“ genannt wird, hat die Ankunft der Reliquien des Wunderheiligen mit heiligen Messen, Zusammenkünften und Prozessionen gefeiert. Am 17. Februar wurde die Wallfahrt in einem Hochamt, das vom (damaligen) Generalminister der Franziskaner-Minoriten, Br. Marco Tasca, zelebriert wurde, beendet. Die Reliquien konnten die Heimreise nach Padua antreten, mit einem ganz besonderen „Souvenir“ im Gepäck… den fast tausend Briefen, die die Antonius-Verehrer/innen aus Kampanien und die Inhaftierten von Santa Maria Capua Vetere dem heiligen Antonius geschrieben haben. Das ist einer der unzähligen Beweise dafür, dass für den wahren, ursprünglichen Glauben Zeit und Entfernung keine Hinderungsgründe, sondern Verbündete sind. 

Zuletzt aktualisiert: 08. Juli 2019
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