Franziskanisches Leben in Japan

16. Dezember 2019 | von

In einem Interview mit der Zeitschrift El Jesuita vertraute der damalige Kardinal Jorge Maria Bergoglio, unser heutiger Papst Franziskus, im Jahr 2010 dem Interviewer an: „In mir gab es den immer stärker werdenden Wunsch, als Missionar nach Japan zu gehen – in das Land, in dem die Jesuiten schon seit langer Zeit einen sehr wichtigen Beitrag für das Leben der Kirche leisten.“ Auch wenn er seinen Traum nie verwirklichen konnte, hat der argentinische Papst sein Interesse für Japan und seine christliche Geschichte nie verloren. 

 

Mission mit Langzeitwirkung

Für diese christliche Geschichte spielt die Ankunft des heiligen Franz Xaver in Kagoshima am 15. August 1549 eine wichtige, ja eine zentrale Rolle. Hier beginnt nämlich die erste Welle der Evangelisierung Japans durch die Gemeinschaft der Jesuiten und die überraschende Geschichte der oft im Versteckten lebenden Christen. Denn in der Tat weiß man, dass – obwohl Christen über zwei Jahrhunderte lang schreckliche Verfolgungen erleiden mussten und der Inselstaat hermetisch von der westlichen Welt abgeschlossen war – die Missionare bei ihrer Rückkehr in den 1860er Jahren sehr überrascht davon waren, auf Christen zu stoßen. Diesen war es trotz der völligen Abwesenheit von Priestern gelungen, von Generation zu Generation den Wesenskern des christlichen Glaubens zu überliefern. 

 

Zum Tod verurteilte Glaubensboten

Aber zur Geschichte des Christentums in Japan gehören nicht nur die Jesuiten und die im Untergrund agierenden Gläubigen. Beim Besuch von Nagasaki hat Papst Franziskus auch einem Denkmal einen Besuch abgestattet, das an die Märtyrer des Jahres 1597 erinnert. Die Mehrheit von ihnen dürfen wir zur franziskanischen Familie zählen. Von den Philippinen aus kamen 1593 spanisch-stämmige Minderbrüder auf die Insel Japan. Es gelang ihnen, einige Konvente zu gründen und in der Nähe von Nagasaki ein Leprosenheim zu errichten. Da man ihnen aber ungerechterweise unterstellte, eine spanische Invasion vorzubereiten, wurden sie zusammen mit anderen Missionaren verhaftet. Der Tyrann Hideyoshi verurteilte 26 von ihnen zum Tod, darunter Petrus Baptist und fünf spanische Franziskaner (unter ihnen Philipp von Jesus, geboren in Mexiko als Kind spanischer Eltern), drei japanische Jesuiten (einer von ihnen: Paul Miki) und schließlich 17 Mitglieder des sogenannten Dritten Ordens der Franziskanischen Familie – unter ihnen auch zwei junge Buben mit elf bzw. dreizehn Jahren, Ludwig und Antonius. Mitten im Winter mussten die zum Tod Verurteilten von Kyoto aus einen 800 Kilometer langen Kreuzweg zu Fuß marschieren. Am 5. Februar 1597 wurden sie auf einem Hügel von Nagasaki schließlich gekreuzigt. 

 

Franziskanische Aufbrüche

Drei Jahrhunderte später wird die franziskanische Geschichte Japans auf unerwartete Weise wiederbelebt. Maurice Bertin (1870-1968), ein Polytechniker, angestellt auf einem Schiff, tritt 1896 in die Gemeinschaft der Franziskaner (OFM) ein, nachdem er im Hafen von Nagasaki Halt und eine Art mystische Erfahrung gemacht hatte: Er empfand es als seinen Auftrag, den Orden des heiligen Franziskus in Japan wiederzubegründen. Nach seiner Priesterweihe jedoch gehört er zu der Gruppe von Ordensleuten, die 1903 aus Japan vertrieben werden, und er landet in Québec, Kanada, wo er in Trois-Rivières ein Kloster gründet. 1906 endlich kann er wieder Richtung Japan aufbrechen und er predigt gemeinsam mit Brüdern der Provinz Thuringia, Deutschland, in Sapporo. Bald unterstützen ihn einige kanadische Mitbrüder.

1921 wurde den Franziskanern aus Québec die Mission von Kagoshima in der Diözese Nagsaki offiziell von der Ordensleitung in Rom anvertraut. Japan blieb aber weiter misstrauisch gegenüber ausländischen Missionaren und übergab das Gebiet einheimischen Klerikern. Die Brüder zogen sich schließlich nach Urawa, nördlich von Tokio, zurück und gründeten dort Konvente und Pfarreien. Sie versuchten, japanische Berufungen für den Orden zu gewinnen und auch Schwesterngemeinschaften zu gründen. Schon 1936 konnte ein sogenanntes Provinzkommissariat errichtet werden, 1977 schließlich eine Provinz mit 118 japanischen Mitgliedern und 108 Brüdern aus dem Ausland. 

 

Maximilian Kolbe in Japan

Dank des heiligen Maximilian M. Kolbe haben auch die Franziskaner-Minoriten (OFM Conv.) einen positiven Beitrag zur Neuevangelisierung Japans geleistet. Seit seinem Aufenthalt in Rom träumte der polnische Minorit davon, als Missionar nach Asien zu reisen. 1917 gründete er gemeinsam mit einigen anderen Brüdern die Militia Immaculatae, einen marianischen Gebetsbund mit einem starken missionarischen Akzent. Nach Besuchen in Lourdes und Lisieux kann er 1930 nach Japan reisen: Mit vier polnischen Brüdern kommt er am 24. April 1930 in Nagasaki an.

Schon einen Monat später erscheint die erste Ausgabe des Seibo no kishi, des „Ritters der Unbefleckten“ – eine Zeitschrift, die noch in den 1980er Jahren mit einer Auflage von 40.000 Exemplaren erscheint. 

In Japan zeigt Maximilian M. Kolbe seine geniale Begabung als Missionar, als Organisator und als einer, der sich um echte Inkulturation bemüht. Die kleine „Stadt der Unbefleckten“ (auf japanisch: Mugenazi no Sono, „Garten der Unbefleckten“), die er zu Füßen des Berges Hikosang als Kloster gründet, zeigt, dass er den japanischen Sinn für die Kontemplation wirklich verinnerlicht hat. Die Büros aber und die Druckerei, in der seine Zeitschrift hergestellt wird, befinden sich in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs, um einen schnellen Versand im ganzen Land zu gewährleisten.

 

In der Tradition Kolbes

Einer der Gefährten des heiligen Maximilian, Br. Zenon Żebrowski († 1982), wird sich in den nächsten Jahrzehnten mit ganzem apostolischen Eifer der Mission in Japan widmen – auch nach dem Atombombenabwurf von 1945. Er gründet Waisenhäuser und ein „Dorf der Lumpensammler“ in der Nähe von Tokio. 

Unter seinem Einfluss schreibt sich eine junge Christin, Elisabeth Maria Satoko Kitahara (1929-1958), der Militia Immaculatae ein und opfert ihr Leben für die Armen auf, bis sie schließlich im Ruf der Heiligkeit an Tuberkulose stirbt. 

 

Auf dem Rückzug?

Heute scheint der Katholizismus Japans auf der Stelle zu treten oder gar den Rückzug angetreten zu haben. Auch wenn Franziskaner, Kapuziner und Franziskaner-Minoriten noch immer vor Ort sind: Ihre Anzahl ist geringer geworden. Die Franziskaner sind heute ein bisschen mehr als 100 Brüder, die Minoriten unterhalten etwa 15 Konvente. 

Im Jahr 2015 wurde der heroische Tugendgrad von Maria Satoko Kitahara bestätigt – eine wichtige Etappe auf dem Weg zur Seligsprechung. Die Minoriten wollen ihre sterblichen Überreste in eine franziskanische Kirche in Japan überführen. Vielleicht können die Seelen der Heiligen Japan aus seiner geistlichen Erstarrung befreien... 

Zuletzt aktualisiert: 16. Dezember 2019
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