Rund um die Heilige Messe

23. Juni 2025 | von

Einen Überblick zur Eucharistie bietet unser Thema des Monats: von der theologischen Bedeutung im Leben der Christen über liturgische Vorgaben bis hin zur Frage des Messstipendiums.

Der als „Internet-Apostel“ oder „Influencer Gottes“ bezeichnete Carlo Acutis wurde am 3. Mai 1991 in London geboren, wuchs in Mailand auf und starb im Alter von 15 Jahren am 12. Oktober 2006 in Monza. Am 27. April 2025 sollte er heiliggesprochen werden. Aufgrund des Todes von Papst Franziskus und der Sedisvakanz wurde die Heiligsprechung nun verschoben. Dennoch ist für Viele klar: ein heiliger Zeitgenosse. Er vereint in seiner Person eine hochmoderne Internetkompetenz und eine eucharistische Frömmigkeit, die eher vormodern anmutet und wohl auf sein polnisches Kindermädchen zurückzuführen ist. Carlos Eltern gingen kaum in die Kirche, er selbst empfing die Erstkommunion im Alter von sieben Jahren. Er pflegte ein intensives religiöses Leben, das sich besonders in häufigen Besuchen der Hl. Messe ausdrückte. Keinen Tag wollte er ohne die Feier der Hl. Messe verbringen, und selbst Ausflüge und Urlaube wurden so geplant, dass Gottesdienstzeiten eingeschlossen waren.

Sinkender Gottesdienstbesuch
Diese Praxis steht im krassen Gegensatz zur aktuellen Situation in den deutschen Bistümern. Nach der letzten verfügbaren Statistik aus dem Jahr 2023 feiern nur noch 6,2 % der Katholiken regelmäßig einen Gottesdienst mit; je nach Bistum liegt die Spanne zwischen 4% und 10% der Katholiken. Mehr als die Hälfte der Katholiken gibt an, niemals einen Gottesdienst mitzufeiern. Gerne wird in diesem Zusammenhang auf den Priestermangel hingewiesen, der unter anderem auch darin zum Ausdruck kommt, dass die Zahl der Eucharistiefeiern spürbar zurückgegangen ist – nicht nur an Wochentagen, sondern auch an Sonntagen. Mehr und mehr hat sich die Praxis von „Wort-Gottes-Feiern“ mit oder ohne Kommunionausteilung eingebürgert. Von manchen Katholiken werden diese Gottesdienste als vollwertiger Ersatz für die Sonntagsmesse betrachtet, andere lehnen sie ab und bleiben diesen Feiern fern.

Höhepunkt und Quelle
Gemeinsam mit der Liturgiekonstitution des II. Vatikanischen Konzils „Sacrosanctum Concilium“ (SC) betont c. 897 CIC (Codex Iuris Canonici; Gesetzbuch der Lateinischen Kirche), dass die Feier der Eucharistie für den gesamten Gottesdienst und für das ganze christliche Leben zugleich Höhepunkt und Quelle ist, aus der alle Kraft für das Tun der Kirche strömt; die Feier der Eucharistie bezeichnet und bewirkt die Einheit des Volkes Gottes und vollendet den Aufbau des Volkes Gottes. Daraus wird mit c. 1247 CIC die Konsequenz gezogen, dass alle katholischen Christen dazu verpflichtet sind, an Sonntagen und an gebotenen Feiertagen die Hl. Messe mitzufeiern; wenn aber aus einem schwerwiegenden Grund die Mitfeier der Eucharistie unmöglich ist, wird mit c. 1248 § 2 CIC sehr empfohlen, dass die Gläubigen an einem Wortgottesdienst teilnehmen, wenn ein solcher in der Pfarrkirche oder in einer anderen Kirche nach den Vorschriften des Diözesanbischofs gefeiert wird. Die sogenannte „Sonntagspflicht“ will und soll nicht als Gängelung der Gläubigen missverstanden werden: Es geht nämlich einerseits darum, dass sie regelmäßig Kraft tanken für ihr christliches Leben, und es geht andererseits darum, dass in der Gottesdienstgemeinschaft die Gemeinschaft der Kirche zum Ausdruck kommt und erfahren werden kann. Ohne die lebendige Mitfeier der Eucharistie wird nicht nur die Kirche schwindsüchtig, sondern es verhungert auch das christliche Leben der einzelnen Gläubigen, so dass es nach und nach verschwindet.

Tätige Teilnahme
Als Gemeinschaftsfeier der Kirche kann die Hl. Messe keine „Ein-Mann-Show“ sein, auch wenn c. 900 § 1 CIC unmissverständlich klarstellt, dass Zelebrant der Eucharistie nur der gültig geweihte Priester sein kann; um diesbezüglich keine Zweifel bei den übrigen Gläubigen aufkommen zu lassen, verbietet c. 907 CIC, dass Diakone oder Laien solche Gebete, insbesondere das Hochgebet oder Teile davon, vortragen oder solche Handlungen verrichten, die dem zelebrierenden Priester vorbehalten sind. Andererseits stellt c. 906 CIC klar, dass ein Priester die Hl. Messe im Normalfall nicht ohne die Teilnahme von Gläubigen feiern darf. Bei „Teilnahme“ denkt das Konzil mit Art. 14 SC nicht an ein bloß passives Dabeisein, sondern an die volle, bewusste und tätige Teilnahme der Gläubigen. Deshalb stellt es in Art. 28 SC den Grundsatz auf: „Bei den liturgischen Feiern soll jeder, sei er Liturge oder Gläubiger, in der Ausübung seiner Aufgabe nur das und all das tun, was ihm aus der Natur der Sache und gemäß den liturgischen Regeln zukommt.“ Und mit Art. 29 SC wird ergänzt: „Auch die Ministranten, Lektoren, Kommentatoren und die Mitglieder der Kirchenchöre vollziehen einen wahrhaft liturgischen Dienst.“ Andere Formen der tätigen Teilnahme können nach Art. 30 SC Akklamationen des Volkes Gottes, gesungene und gesprochene Antworten, Psalmengesang, der Gesang von Antiphonen und Liedern sowie Handlungen, Gesten und Körperhaltungen bis hin zum liturgischen Tanz sein. Aus diesen liturgischen Grundsätzen ergibt sich nach Art. 19 SC insbesondere für Seelsorgerinnen und Seelsorger ein anspruchsvolles Arbeitsprogramm: Sie sollen nämlich die innere und äußere tätige Teilnahme der Gläubigen je nach Alter, Lebensverhältnissen und Grad der religiösen Entwicklung ermöglichen und aktiv fördern. Der „fortlaufende Erfolg“ vieler unserer Gottesdienstfeiern lässt die Frage laut werden, ob diese liturgischen Grundsätze des Konzils tatsächlich verwirklicht wurden.

Liturgische Ordnung
Obwohl dem Priester bei der Feier der Hl. Messe gemäß c. 900 § 1 CIC eine zentrale, ja unverzichtbare Rolle zukommt, darf er sich nicht selbst in den Mittelpunkt spielen und die Feier von seinem persönlichen Geschmack und seinen Vorlieben abhängig machen. So betont c. 899 § 1 CIC, dass die Feier der Eucharistie eine Handlung Christi selbst und der Kirche ist; sie muss sich also nach dem Gebot Christi und nach der liturgischen Ordnung der Kirche richten und ist niemals eine Feier nach dem Gusto des Zelebranten oder nach dem Geschmack einer Gemeinde. Dass sich das Volk Gottes gemäß c. 899 § 2 CIC bei der Feier der Eucharistie unter der Leitung des Bischofs oder des unter seiner Autorität stehenden Priesters, die in der Person und im Namen Christi handeln, zur Einheit versammelt, unterstreicht den öffentlichen und kirchlichen und eben nicht privaten Charakter der Hl. Messe. Um den kirchlichen Charakter zu wahren, verbietet der c. 846 § 1 CIC auch jede Form von liturgischem Missbrauch: „Bei der Feier der Sakramente sind die von der zuständigen Autorität gebilligten liturgischen Bücher getreu zu beachten; deshalb darf niemand dabei eigenmächtig etwas hinzufügen, weglassen oder ändern.“ In Form und Inhalt geht es bei allen Feiern der Sakramente, besonders aber bei der Feier der Hl. Messe, darum, das zu tun, was die Kirche tut – und eben nicht das, was man persönlich für besonders schön oder up-to-date hält.

Vorgesehener Rahmen
In diesem Zusammenhang kann daran erinnert werden, dass gemäß cc. 932 und 933 CIC der reguläre Ort für die Feier der Eucharistie eine katholische Kirche oder Kapelle ist; im Ausnahmefall kann die Messe auch an einem anderen geziemenden Ort und anstelle eines Altars an einem geeigneten Tisch gefeiert werden. Im Bedarfsfall, etwa in Diasporagebieten, kann die Eucharistie auch in einem Gotteshaus einer anderen Kirche oder kirchlichen Gemeinschaft gefeiert werden, sofern der Ortsordinarius das für den Einzelfall oder für den generellen Fall erlaubt. Zudem ist c. 929 CIC zu beachten, wonach Priester und Diakone bei der Feier der Eucharistie die in den Rubriken vorgeschriebenen liturgischen Gewänder zu tragen haben; für Lektoren, Kantoren und andere in ähnlicher Form Beteiligte gilt diese Vorschrift nicht. Ebenso wenig findet die mitunter geübte Praxis, dass Gemeinde- und Pastoralreferentinnen und -referenten, ohne dass sie eine liturgische Aufgabe ausüben, bei der Messfeier in liturgischen Gewändern im Altarraum anwesend sind, in c. 929 CIC eine Rechtfertigung.

Frei von Handel und Geschäft
Es ist nach c. 945 § 1 CIC ein bewährter Brauch der Kirche, dass Priester ein Messstipendium annehmen dürfen, um die Hl. Messe in der besonderen Intention von bestimmten Gläubigen zu feiern. Die Gläubigen bitten den Priester darum, eine Messe in einem besonderen Anliegen zu feiern, und spenden dafür einen gewissen Betrag. Gläubige, die auf diese Weise eine Messe in ihrem Anliegen „bestellen“, verbinden sich gemäß c. 946 CIC in besonderer Weise mit dieser Feier, was in ihrer persönlichen Teilnahme besonders treffend zum Ausdruck kommt; mit ihrer finanziellen Gabe tragen sie zum Wohl der Kirche bei und beteiligen sich an ihrer Sorge für den Unterhalt ihrer Amtsträger und Werke. Nicht nur c. 947 CIC, sondern auch das neue Dekret des Dikasteriums für den Gottesdienst vom 13. April 2025 fordern unmissverständlich, dass vom Messstipendium jeder Anschein von Geschäft oder Handel gänzlich ferngehalten werden muss; es darf nicht der Eindruck erweckt werden, dass Gläubige sich eine Messe „kaufen“ können. Verstärkend hingewiesen wird auf c. 945 § 2 CIC; demnach müsse der Priester auch dann eine Messe nach Meinung der Gläubigen feiern, wenn Bedürftige die übliche Spende nicht leisten können, denn gerade ihnen dürfe die Hilfe der Sakramente nicht vorenthalten werden. Die Bitte um Spenden durch den Priester oder auch die Annahme von Gaben sei verboten, wenn es nicht um die Feier einer Hl. Messe in einer bestimmten Intention, sondern nur um ein einfaches Gedenken an irgendeiner Stelle der Messe gehe; auch für ein Gebetsgedenken in Wort-Gottes-Feiern dürfe kein Messstipendium verlangt werden. Nach c. 951 § 1 CIC darf der Zelebrant immer nur ein Stipendium behalten, selbst wenn er am selben Tag mehrmals zelebriert; die weiteren Stipendien müssen den Zwecken zugeführt werden, die vom Ortsordinarius vorgeschrieben sind, wie etwa die Weitergabe in Missionsländer, wo viele Priester tatsächlich von den Messstipendien leben müssen.

Strenge Vorgaben zur Intention
Eigens geregelt wird vom Dikasterium für den Gottesdienst, dass mehrere Intentionen nicht ohne Weiteres kumuliert werden dürfen: In der Regel gilt, dass es nur eine Intention für eine Hl. Messe geben darf. Falls doch für eine Hl. Messe mehrere Intentionen gelten sollten, muss dem jeder einzelne Stipendiengeber ausdrücklich zustimmen. Auch in einem solchen Fall darf der Zelebrant nur ein Stipendium behalten und muss alle anderen abgeben. Ein Zelebrant, der im Widerspruch zu den cc. 953 und 955 CIC die aus angenommenen Intentionen und Messstipendien resultierenden Messverpflichtungen nicht vorschriftsmäßig erfüllt, der entgegen c. 848 CIC überhöhte Stipendien fordert, der sich weigert, ohne Messstipendium die Hl. Messe für Bedürftige zu feiern oder der sonst aus einem Messstipendium unrechtmäßig Gewinn zieht, macht sich des Straftatbestands gemäß c. 1383 CIC schuldig und soll entsprechend bestraft werden.

Von der Messe zur Tat
Von Carlo Acutis ist bekannt, dass er als Jugendlicher sehr aktiv am Leben seiner Pfarrei teilgenommen hat und sich etwa als Gemeindekatechet engagierte, wobei er auch selbst erstelltes digitales Lehrmaterial einsetzte; ebenso war er als ehrenamtlicher Helfer bei karitativen Aufgaben tätig und setzte sich, auch durch praktische Unterstützung, für Obdachlose ein. Ganz offenkundig ist dieses praktische und diakonische Engagement aus Carlos eucharistischer Frömmigkeit erwachsen. Das wird nur diejenigen verwundern, die einen ursprünglichen Zusammenhang entweder nicht kennen oder längst vergessen haben: Die Einsetzung oder Stiftung der Eucharistie durch Jesus Christus wird am Gründonnerstag gefeiert. Dieser Tag ist in besonderer Weise auch durch den Gestus der Fußwaschung gekennzeichnet (vgl. 1 Kor 11, 23-26 und Joh 13, 1-15). Mit anderen Worten: Die Eucharistie ist nicht ohne die Fußwaschung zu haben; die Erinnerung an das Letzte Abendmahl nicht ohne gelebte Nächstenliebe. Vielleicht ist das auch ein Grund dafür, dass unsere Messfeiern mitunter so blutleer geworden sind und so wenig mit unserem Leben zu tun haben – weil dieser Zusammenhang zwischen Eucharistie und Fußwaschung nicht mehr erlebt wird.

Zuletzt aktualisiert: 23. Juni 2025
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