Verkündigung durch buntes Glas

02. Dezember 2019 | von

Fenster dienen dazu, Licht in geschlossene Räume zu lassen – das ist soweit ja nichts Besonderes. Wenn man es jedoch mit einem heiligen Raum zu tun hat, kann diese banale Funktion fast zu einem Vorwand werden, um etwas anderes zu erzählen. In diesem Sinne werden die Fenster und Rosetten, auf denen die Künstler Bilder und Farben zu einzigartigen Lichtspielen, angereichert mit religiösen Symbolen, komponiert haben, zu wahren katechetischen Erzählungen, zu Botschaftsträgern für unseren Glauben.

Wir sprechen von Licht und denken dabei in erster Linie an das Sonnenlicht. Auch Christus ist Licht, und ebenso die Heiligen, die der Spiegel des Lichtes im Leben derjenigen sind, die bei ihnen Vertrauen und Hoffnung suchen.

 

Bedeutungsreiche Glasfenster

Aber zurück zur Antonius-Basilika. Wir beschränken uns in diesem Artikel darauf, die Geschichte der drei Rosettenfenster zu erzählen, vor allem die der Rosette, die sich an der Südseite befindet – sie ist die interessanteste und bedeutungsreichste.

Das erste Rosettenfenster, das den Pilger empfängt, ist das, welches die Fassade des Heiligtums ziert. Es wurde im 19. Jahrhundert geschaffen. Inspiriert wurde es von der Gotik und hat die Form einer Blüte mit acht, von leuchtend bunten Glasstücken gebildeten Blütenblättern, die sich um die runde, helle Mitte entwickeln.

 

Stiftung einer wohlhabenden Familie

Die beiden anderen Rosettenfenster durchbrechen die Seiten-wände, eines ungefähr auf der Höhe der Grabeskapelle, das andere gegenüber bei der Kapelle des heiligen Georg. Sie entstanden zu einer Zeit großer Restaurierungsarbeiten im Bereich der Apsis, die im Frühjahr des Jahres 1394 schwer zerstört wurden, als ein Glockenturm nach einem Blitzeinschlag einstürzte. Bei diesem Wiederaufbau wurde der gesamte Bereich der Apsis umgestaltet, er wurde erhöht, was auch Auswirkungen auf die Größe der Seitenschiffe hatte, an deren Seite zwischen 1439 und 1441 zwei große Rosetten in die Mauer gebrochen wurden – sie haben einen Durchmesser von neun Metern, unterscheiden sich aber sehr voneinander. Die auf der Nordseite behält den gotischen Stil in Form einer Blüte bei, während die auf der Südseite zwar auch gotische Züge aufweist, aber ganz anders, und zwar mit senkrechten Elementen, die wiederum ein Rechteck innerhalb des Kreises ausfüllen, aufgebaut ist. Nachdem die Steinmetze ihren Teil verrichtet hatten, ließ die wohlhabende Familie Zabarella aus Padua im Jahr 1485 in die südliche Rosette ein reichverziertes Glasfenster, das höchstwahrscheinlich von Glaskünstlern aus Murano gefertigt wurde, einsetzen. Wie dieses Fenster, das von den Paduanern „Auge der Zabarella“ genannt wurde, genau ausgesehen hat, wissen wir nicht, denn es ging zusammen mit allen anderen Glasfenstern der Basilika zu Bruch, als im Jahr 1617 die nahegelegene Pulverfabrik Maglio explo-dierte. Die Veneranda Arca di sant'Antonio, jene Einrichtung, die sich um den Schutz und den Erhalt der Kunst-

werke rund um die Basilika kümmert, gab bereits im darauffolgenden Jahr Antonio de Biagio den Auftrag, die Rosette neu zu gestalten; jener „hielt sich lobenswerterweise an die antike Version“, wie der Historiker Bruder Bernardo Gonzati wohlwollend vermerkte – er war wohl sehr erleichtert, dass der Künstler nicht den zu diesem Zeitpunkt vorherrschenden Barock-Stil verwendet hatte, der diesem Bruder ganz und gar nicht gefiel.

 

Von einer Restaurierung zur anderen

Das Rosettenfenster hat im Laufe der Jahre einige Restaurierungen erlebt, die aufgrund von Abnutzung im Laufe der Zeit oder Unglücksfällen wie dem Brand, der 1749 in der Antonius-Basilika ausgebrochen war, notwendig geworden waren. Damals hatte sich so eine große Hitze entwickelt, dass das Blei der Dächer und sogar die Glocken des südlichen Glockenturms, der sich über unserem Rosettenfenster erhebt, geschmolzen sind. Sicherlich gingen dabei auch die Glaselemente, die ja in Blei eingefasst sind, zu Bruch. Auch in diesem Fall wurde der Schaden schnell behoben, allerdings nicht in so vortrefflicher Weise, was wir aus der Tatsache schließen können, dass die Veneranda 

Arca im Jahr 1866 erneut den Auftrag einer Neugestaltung gegeben hatte. Nachdem ein Entwurf entwickelt worden war, bekam die berühmte Glasmanufaktur von Alberto Neuhauser aus Innsbruck den Auftrag. Und seine Arbeit können wir noch heute bewundern. Sie ist aufgeteilt in fünf senkrechte Elemente, je-des davon zeigt einen Heiligen: In der Mitte der heilige Anto-nius, an seiner Seite der heilige Bonaventura und Prosdozimus und ganz außen die Heiligen Daniel und Giustina. Ursprünglich waren die Heiligen in leuchtkräftigen, bunten Farben gestaltet, die freudige, bunt-gedämpfte Lichtspiele in das darunterliegende Schiff zauberten. Vielleicht zu gedämpft in den Augen des Architekten Camillo Boito, der beauftragt worden war, die Restaurierungsarbeiten anlässlich des 700. Jahrestages der Geburt des Heiligen zu überwachen (1895). Der Architekt, der zu diesem Anlass auch einen neuen Hauptaltar schaffen sollte, um den er die Statuen des Donatello vereinen wollte, entschied nämlich, die bunten Glaselemente der beiden Rosettenfenster durch hellere zu ersetzen, um mehr Licht im Altarraum zu haben. Diese Erneuerung wurde nicht besonders geschätzt, so dass bei den Restaurierungsarbeiten zwischen 2006 und 2012 mit Hilfe von moderner Technologie die ursprünglichen Farben der Glaselemente wieder hergestellt wurden.

Zuletzt aktualisiert: 02. Dezember 2019
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