01. November 2025

Liebe Leserinnen und Leser November 2025

Jetzt schauen wir in einen Spiegel und sehen nur rätselhafte Umrisse, dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht. Jetzt ist mein Erkennen Stückwerk, dann aber werde ich durch und durch erkennen, so wie ich auch erkannt worden bin. (1 Kor 13,12)
Michael / stock.adobe.com

Auf der ­Titelseite grüßt Sie der hl. Martin. Die Kirche feiert seinen ­liturgischen Gedenktag am 11. November. Gewiss gehört er zu den großen Volksheiligen, der uns – dank Martinszug – schon seit Kindertagen vertraut ist. Bekannte Legenden ranken sich um sein Leben, unter anderem jene, dass er mit einem Bettler seinen Mantel teilt. Der Bischof von Tours: ein großes Vorbild der Nächstenliebe.
In einem Heiligenbuch habe ich folgende, wohl eher wenig bekannte Legende gefunden: „Zur Zeit der Beisetzung des hl. Martin gab es zwei Gesellen, der eine blind, der andere lahm. Der Blinde trug den Lahmen auf dem Rücken, und der Lahme wies dem Blinden den Weg. Sie bettelten miteinander und verdienten großes Gut. Da hörten sie erzählen, dass bei Sankt Martins Leichnam viele Kranke gesund geworden seien. Und weil sein Leib am Tag seiner Überführung in einer Prozession um die Kirche getragen wurde, waren sie bange, der Leib würde bei dem Haus vorübergetragen werden, in dem sie wohnten und sie würden plötzlich geheilt werden. Sie aber wollten nicht geheilt werden, damit sie nicht die Ursache ihres gewinnbringenden Einkommens verlören. Darum flohen sie aus der Straße und gingen in eine andere Gasse, durch die der Leichnam, wie sie glaubten, nicht getragen würde. Aber als sie flohen, begegneten sie dem Leichenzug unversehens. Und weil Gott den Menschen manche Wohltat wider ihren Willen tut, wurden sie beide gegen ihren Willen gesund und waren doch darüber betrübt.“ – Es mutet fast ein wenig paradox an. Sie bleiben lieber krank, anstatt gesund zu werden, um ihr einträgliches Geschäft nicht zu verlieren. Aber es wäre doch gelacht, wenn der hl. Martin sie nicht doch kriegen würde … Und schließlich die Feststellung, dass man manches Gute im Leben vielleicht sogar widerwillig empfängt. Das Gute wird sich am Ende durchsetzen. Diese Gewissheit ist Teil unserer Glaubensüberzeugung. 
„Am Ende wird alles gut –“, so steht auf einer Spruchkarte in meinem Büro, „und wenn es noch nicht gut ist, dann ist es noch nicht das Ende.“ Ich will damit keinem blinden Optimismus das Wort reden. Aber in trüben Novembertagen ist es vielleicht umso wichtiger, den Glauben an das Gute hochzuhalten. 

Mit diesen Gedanken grüßt Sie herzlich Ihr Br. Andreas

Zuletzt aktualisiert: 01. November 2025
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