Antonius von Padua

27. Mai 2014

Assisi und Padua, Franziskus und Antonius – dazwischen scheinen Welten zu liegen in Theologie, Frömmigkeit und Lebensstil. Doch Antonius gehört in die Reihe der ersten Gefährten des Franziskus. Auf dem Mattenkapitel in Portiunkula im Jahre 1221 lernte er Franziskus persönlich kennen. Später betraute der Ordensvater ihn in einem eigenen Brief mit der Aufgabe, die Brüder in Theologie zu unterrichten. Lebensweise, apostolisches Wirken und innere Haltung des Antonius sind durch und durch

franziskanisch geprägt.




Fernando di Martino – das ist der Taufname des Antonius – wurde nach der Tradition im Jahr 1195 in Lissabon geboren. Sein Vater Martino di Alfonso war Ritter und diente am Königshof. Sein Onkel war Domherr. Fernando lernte die Privilegien, aber auch die Belastungen einer Adelsfamilie kennen. Standesgemäß besuchte er das Gymnasium der Kathedrale von Lissabon und trat schon mit 15 Jahren in das Kloster der Augustiner-Chorherren von San Vincenzo ein.



KONTAKT MIT FRANZISKANERN

Fernando nahm das Klosterleben ernst. Ihn störten die vielen Besuche durch Verwandte und Freunde. Deswegen bat er um Versetzung in das Kloster Santa Cruz in Coimbra. Hier hatte er ideale Studienbedingungen. Er widmete sich dem Gebet und dem Studium der Theologie. Sein Schwerpunkt war die Heilige Schrift. In dieser großen Kommunität gab es allerdings auch Spannungen. Die Macht des Hofes und der Arm des Diözesan-bischofs wirkten sich ungünstig aus, so dass es auch Spannungen unter den Chorherren gab.

Mit 25 Jahren wurde er zum Priester geweiht. Äußerlich stimmte alles für Fernando. Innerlich war er unzufrieden und unruhig. Genau zu diesem Zeitpunkt kommen fünf Franziskusbrüder aus Assisi, die nach Marokko ziehen wollen, um zu missionieren. Sie sind arm, pflegen Brüderlichkeit und strahlen Freude aus. Im Januar 1220 erreicht ihn die Nachricht, dass diese fünf Brüder aus Assisi, die er kennengelernt und als Gastpater bewirtet hatte, in Marrakesch in Marokko zu Märtyrern geworden sind und in seinem Kloster Santa Cruz in Coimbra beigesetzt werden sollen.



GEPLATZTER TRAUM VOM MARTYRIUM

Fernando ist erschüttert. Das Lebens- und Sterbenszeugnis dieser Brüder fällt in sein unruhiges Herz. Es ist ein Stachel und eine Hoffnung. Er tritt aus dem Augustinerorden aus und bei den Brüdern des heiligen Franziskus ein und trägt nun den Namen Antonius. Er will unbedingt auch Märtyrer werden.

Noch im gleichen Jahr 1220 bricht Antonius nach Marokko auf. Doch seine Pläne werden durchkreuzt. Eine schwere Krankheit lähmt jede Initiative; er muss nach Portugal zurück. Doch ein Seesturm verschlägt sein Schiff an den Strand von Sizilien, wo ihn die Brüder in Messina aufnehmen.

Im Jahr 1221 musste also Antonius seinen Traum von einem blutigen Martyrium in Marokko für immer begraben. Er war 26 Jahre alt. Ihm blieben noch gut acht Lebensjahre, die besonders fruchtbar wurden. Stationen seines künftigen Weges: Mit sizilianischen Mitbrüdern nimmt er am sogenannten „Mattenkapitel“ in Assisi teil, wo er seinem Ordensvater Franziskus persönlich begegnet. Anschließend ist er in der Einsiedelei Monte Paolo, wo er in der Küche mitarbeitet und ein Leben des Gebetes und Schweigens pflegt. Als bei einer Priesterweihe in Forlì im Jahr 1223 der Prediger ausfällt und Antonius einspringen muss, löst er „wegen der unerwarteten Tiefe seiner Redegabe“ allgemeines Erstaunen aus. Er wird Wanderprediger und „muss seine schweigende Einsamkeit“ aufgeben.



THEOLOGE UND PREDIGER

Die Romagna ist damals eine Hochburg der Irrlehrer der Katharer. Sie wird sein erstes Apostolatsfeld. Er predigt dem Volk, bespricht sich mit dem Klerus und spendet das Sakrament der Versöhnung, die Beichte. Den Mitbrüdern hält er theologische Vorträge. Dafür hat er die schriftliche Bestätigung seines Ordensvaters Franziskus eingeholt. Der schreibt ihm: „Dem Bruder Antonius, meinem Bischof, wünsche ich, Bruder Franziskus, Heil. Es gefällt mir, dass du den Brüdern die heilige Theologie vorträgst, wenn du nur nicht durch dieses Studium den Geist des Gebetes und der Hingabe auslöschst, wie es in der Regel steht“ (FQ 108). Antonius wird immer bekannter und sein Wirkungsfeld erweitert sich.

Nächste Station nach der Romagna und Bologna ist Frankreich. Dort im Süden sind die Irrlehrer, die man Albigenser nennt. Berühmt geworden ist seine Predigt bei dem Kapitel der Brüder zu Arles über die Kreuzesinschrift: Jesus von Nazareth, König der Juden. Die franziskanischen Quellen berichten übereinstimmend, wie während dieser Predigt Bruder Monaldus den heiligen Franziskus „mit leiblichen Augen in der Luft schwebend mit seinen in Kreuzesform ausgebreiteten Händen die Brüder segnend sah. Da fühlten sich alle Brüder mit reicher und außergewöhnlicher Tröstung des Geistes erfüllt“ (FQ 229). Im Jahr 1226 wird Antonius zum Kustos der Brüder in Limoges ernannt.



VOR PAPST UND KARDINÄLEN

Sein weiterer Weg führt ihn wieder nach Italien, wo er als Provinzial in den nördlichen Regionen für die Brüder und das Volk wirkt. Im Jahr 1230 ist er wieder einmal in Assisi und kommt auch nach Rom. Dort predigt er vor dem Papst und den Kardinälen. Obwohl unter den Zuhörern Griechen, Lateiner, Franzosen, Deutsche, Slawen, Engländer und andere waren und Antonius „vom Heiligen Geist entflammt, das Wort Gottes so kraftvoll, so voller Hingabe, so feinsinnig, so klar und so sachkundig darlegte, verstanden alle Anwesenden … alle seine Worte so klar und deutlich, als ob er in der Sprache eines jeden Einzelnen von ihnen gepredigt hätte“. Alle, besonders der Papst, waren verwundert über die Tiefgründigkeit seiner Worte. Der Papst (Gregor IX.) sagte: „Wahrhaftig, dieser ist die Lade des Bundes und der Schrein der Heiligen Schrift“ (FQ 1411). Wie Franziskus predigt Antonius Menschen und Tieren.



CAMPOSAMPIERO UND ARCELLA

Padua wird immer mehr Schwerpunkt seines Lebens und Wirkens. Die Fastenzeit 1231 wird der Höhepunkt seiner apostolischen Tätigkeit. Er schreibt aber auch die Sermones dominicales und die Sermones festivi. In dieser Fastenzeit hält er jeden Tag auf einem freien Platz eine Predigt. Dazu kommen – natürlich im Team mit einer Reihe von Mitbrüdern – Katechese, Beichte und soziale Initiativen z. B. der Kampf gegen den Wucher. Hier hat er auch Erfolg.

Im Mai sucht Antonius Ezzelino III. da Romano in Verona auf, um sich für die Gefangenen Paduas zu engagieren. Die Mission ist ohne Erfolg. Ebenfalls im Monat Mai geht Antonius nach Camposampiero. Es geht ihm gesundheitlich schlecht. Er braucht Ruhe und Erholung. Er lässt sich auf einem mächtigen Nussbaum eine Zelle bauen, wo er die Kontemplation pflegt und gelegentlich zum Volk spricht.

Seit seinem Aufenthalt in Afrika ist Antonius gesundheitlich angeschlagen und die Krankheit zehrt ihn langsam auf. Sein totaler Einsatz hat ihn erschöpft. Er spürt das nahe Ende. Auf dem Weg nach Padua, wo er gerne sterben möchte, stirbt er bei den Brüdern in Arcella am 13. Juni 1231, etwa 36 Jahre alt. Schon im nächsten Jahr wird er heilig gesprochen.



OFFEN FÜR ÜBERRASCHUNGEN

Antonius hatte zeitlebens ein Überraschungsherz. Er plante Schritte für sein Leben; Gott störte seine Planungen und führte ihn häufig in eine andere Richtung. Der Heilige lässt sich stören und gehorcht. Einige Beispiele: Er geht ins Kloster, um freier zu sein für Gott, die Verwandten stören ihn. Er tritt bei den Augustiner-Chorherren ein und spürt einen inneren Ruf, Franziskaner zu werden. Er will Märtyrer in Marokko werden; er wird krank und muss zurück in die Heimat. Er will von Afrika in seine Heimat Portugal zurück und wird nach Sizilien verschlagen. Er ist ausgebildet für die wissenschaftliche Laufbahn und landet in Monte Paolo in der Küche bzw. in der Stille einer Höhle. Er ringt sich zu einem beschaulichen Leben durch und wird zum großen Volksprediger.



MANN DES EVANGELIUMS

Antonius ist ein „Mann des Evangeliums“. So hat ihn Papst Johannes Paul II. genannt. Ähnlich waren die Worte von Papst Gregor IX., der ihn persönlich hörte. Die Bibel ist dem Heiligen das „fruchtbare Land“. Sie ist Erzählung von Jesus Christus, dem Barmherzigen und Mitleidsvollen, dem Demütigen und Gekreuzigten. Sie ist Impuls zur Tat, d.h. sie muss gelebt werden.

Das Denken, Reden und Handeln des Antonius ist auf Christus ausgerichtet (Christozentrik). Christus ist Modell der Demut, der Vergebung und der Geduld. Er ist der Heiland, Befreier, der Arme und Gehorsame.

Antonius handelt ganzheitlich. Er will mit Kopf und Herz, mit Leib und Seele das tun, was gerade dran ist. Mit Halbheiten gibt er sich nicht zufrieden. Beispiele: Auszug aus dem bürgerlichen Leben; Nutzung der möglichen Zeit für Kontemplation; und gleichzeitig voller Einsatz in der Küche in Monte Paolo; Rückzug, aber auch Verkündigung bis zur Erschöpfung aus Liebe. Antonius ist ein Mann der Aktion und Kontemplation. Er weiß beides gut zu verbinden.



BUCH UND JESUSKIND

In der Ikonografie wird Antonius gewöhnlich mit dem Evangelienbuch oder dem Jesuskind oder auch mit beiden dargestellt. Wie Franziskus liebt er das Jesuskind, aber für ihn, den Wissenschaftler, ist Jesus auch das Wort Gottes. Die Darstellung mit dem Kind geht auf ein Erlebnis des Grafen Tiso in Camposampiero zurück, der bei einem abendlichen Besuch den Heiligen in Ekstase sah, wie er ein Gespräch mit dem Jesuskind führte.

In der Volksfrömmigkeit gilt Antonius als Wiederbringer verlorener Sachen, man nennt ihn auch den Patron der Schlamper. Heilige sind nach katholischem Verständnis auch unsere Fürbitter bei Gott. Gerade auf die Fürbitte des heiligen Antonius haben im Laufe der Jahrhunderte unzählige Gläubige ein fast unbegrenztes Vertrauen gesetzt und wurden in ihren Anliegen erhört. Die Brüder in Padua, die den Dienst in seiner Basilika versehen, erfahren immer wieder, wie Menschen auf die Fürbitte des heiligen Antonius ihren Glauben wiederfinden.





Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016