Antonius-Biografie Assidua: Rekordverdächtig in Padua

09. April 2017 | von

Manch Prediger wird vor Neid erblassen, wenn er hört, welche Heerscharen nach Padua eilten, um dort dem heiligen Antonius bei der Auslegung des Evangeliums zu lauschen.

Es würde zu lange dauern, zu erzählen, in wie vielen Provinzen er unterwegs war, auf wie viele Teile der Erde er den Samen des göttlichen Wortes in Fülle verteilte. Deshalb wenden wir uns nun den Taten zu, die uns noch bedeutsamer erscheinen und die noch deutlicher den Beweis für seine Größe liefern.

Endlich wieder Padua
Während des Generalkapitels – als die Reliquien des seligen Vaters Franziskus in die Kirche gebracht wurden, wo man sie gebührend verehrte (und zwar am 25. Mai 1230, einen Tag vor Pfingsten, als die sterblichen Überreste des heiligen Franziskus in die heutige Unterkirche der Basilika in Assisi überführt wurden) – erhielt Antonius, der Diener Gottes, vom Generalminister die volle Freiheit zur Predigt, nachdem man ihn von der Leitung der Brüder entbunden hatte (er war ja Provinzialminister für ganz Norditalien, einschließlich der Romagna). Und weil er sich schon einmal zu anderer Gelegenheit, als er nämlich die Predigten für die Sonntage des Jahres zusammenstellte, in der Nähe von Padua aufhielt – das war im Jahr 1229 –, und dort vom starken Glauben der Bewohner erfuhr und sich ihnen seitdem mit innigen Gefühlen verbunden wusste, beschloss er, sie in der ersten Phase seiner eben erhaltenen Freiheit zu besuchen, auch weil er sich angezogen fühlte von ihrer bewundernswerten Frömmigkeit.

Entstehung der Sermones
Als er gemäß dem göttlichen Plan in Padua ankam, predigte er nur ab und an. Den ganzen Winter über gab er sich nämlich ganz den Studien hin und machte sich auf Bitten des Bischofs von Ostia (Bischof Rainaldo, 1231-32, anschließend als Alexander IV. zum Papst gewählt) daran, Predigten für die Heiligenfeste, die das Jahr über gefeiert werden, zu verfassen. Während der Diener Gottes zum Nutzen seiner Nächsten beschäftigt war, näherte sich die Fastenzeit. Als er sah, dass die Gelegenheit günstig war und die Tage des Heils bevorstanden, unterbrach er die begonnene Arbeit und widmete sich ganz der Predigt für das dürstende Volk.
Er wurde von einem so brennenden Verlangen zur Predigt ergriffen, dass er sich vornahm, vierzig Tage ununterbrochen zu predigen – etwas, das er dann auch wirklich in die Tat umsetzte. Es mag gewiss verwundern, dass er – obwohl er geplagt war von einer gewissen natürlichen Beleibtheit und darüber hinaus durch ständige Krankheiten eingeschränkt – dennoch aufgrund seines unermüdlichen Seeleneifers im Predigen, im Unterweisen und im Hören der Beichte bis zum Sonnenuntergang aushielt, und dies oft mit nüchternem Magen. 

Versuchung und Abhilfe
Der Neider der Tugend, der altbekannte Widersacher, hört nie auf, die Werke des Guten zu behindern. Da er Antonius, den Diener Gottes, von seinen Heilswerken abbringen wollte, versteifte er sich darauf, ihn mit nächtlichen Täuschungen zu verfolgen. Ich berichte von einem Ereignis, das sich tatsächlich zugetragen hat, und das der Heilige Gottes selbst – als er noch am Leben war – einem Mitbruder anvertraute.
Eines Nachts zu Beginn der Fastenzeit, von der eben die Rede war, während er die ermatteten Glieder mit der Wohltat des Schlafs zu erneuern suchte, wagte es der Teufel, mit Gewalt den Hals des Gottesmannes zusammenzudrücken und versuchte auf diese Weise, ihn zu erdrosseln. Antonius aber rief den Namen der glorreichen Jungfrau an, zeichnete auf die Stirn das Zeichen des lebensspendenden Kreuzes und fühlte sich sofort erleichtert, nachdem er so den Feind des Menschengeschlechts in die Flucht geschlagen hatte. Und weil er den Fliehenden sehen wollte, öffnete er die Augen – und sah, wie die Zelle, in der er schlief, in himmlischem Licht erstrahlte. Wir sind sicher, dass dieses helle Licht dank göttlicher Kraft in seine Zelle gelangte und der Bewohner der Finsternis verstört zurückwich, weil er die Lichtstrahlen nicht ertragen konnte.

Eifrige Zuhörerscharen
Nachdem dem Diener Gottes die Möglichkeit zur Predigt äußerst günstig erschien und das Volk in einer dichten Menge gleich einem nach Regen lechzenden Boden von überall her bei ihm zusammenströmte, legte er tägliche Zusammenkünfte in den Kirchen der Stadt fest. Aber das Fassungsvermögen der Kirchen stellte sich bald als völlig unzureichend heraus, solche Mengen aufzunehmen, da so viele Frauen und Männer herbeieilten. Und weil die Anzahl der Zuhörer weiter beständig anwuchs, ging er nach draußen, um dort auf den weitläufigen Plätzen zu predigen.
Es kamen fast unzählbare Scharen beider Geschlechter aus der Stadt, von den Burgen und Dörfern um Padua herum. Alle waren begierig, mit größter Andacht das Wort des Lebens zu hören, weil sie die feste Hoffnung hatten, etwas für ihr eigenes Heil zu tun, wenn sie seinen Unterweisungen folgten. Sie standen bereits mitten in der Nacht auf, weil der eine schneller als der andere sein wollte, und ausgestattet mit Lampen eilten sie in großer Erwartung zu dem Ort, wo die Predigt stattfinden würde. 

Einzigartige Stimmung
Du hättest Edelherren und adelige Damen zu nächtlicher Stunde herbeieilen sehen können, und Leute, die gewöhnlich einen nicht geringen Teil des Tages damit zubrachten, sich in weichen Betten zu rekeln, und die nun, so wird erzählt, ohne Mühe wach blieben, um den Prediger sehen zu können.
Es kamen die Alten, es rannten die Jungen herbei, Frauen und Männer jeden Alters und jeglicher Stellung. Und alle trugen sie, nachdem aller Schmuck abgelegt war, etwas wie – so würde ich fast sagen – einen Habit nach Art der Ordensleute.
Auch der ehrwürdige Bischof der Paduaner, Bischof Jakob di Corrado (1229-1239), folgte gemeinsam mit seinem Klerus andächtig der Predigt des Antonius, des Dieners Gottes, und indem er seiner Herde als Vorbild voranging, lehrte er sie das Zuhören durch sein demütiges Beispiel. 
Das Verlangen aller, das zu hören, was der Heilige predigte, war so stark, dass man – wie man sich erzählt –, und obwohl nicht selten 30.000 Personen anwesend waren, um die Predigt zu hören, kein Seufzen oder Murmeln aus der Menschenmenge vernahm. In ausdauernder Stille und so, als ob nur eine einzelne Person anwesend wäre, waren Herz und Ohr dem zugewandt, der da sprach. Und selbst die Händler, die in ihren Läden Waren aller Art zum Verkauf hatten, boten ihre Produkte den Vorübergehenden erst nach dem Ende der Predigt an, weil auch sie von dem Wunsch beseelt waren, ihn zu hören. 

Reliquien vom lebendigen Leib
Die Frauen trugen Scheren mit sich und versuchten, im Feuer-
eifer der Frömmigkeit, ein Stück aus seiner Kutte herauszuschneiden, so als ob diese eine Reliquie wäre. Diejenigen, denen es gelang, auch nur den Saum seines Habits zu berühren, schätzten sich glücklich. Er hätte sich nicht vor dem Gedränge schützen können, wenn er nicht umgeben gewesen wäre von einer ordentlichen Zahl starker junger Männer oder wenn er sich nicht eilig an einen geeigneten Ort zurückgezogen hätte, um dort zu warten, bis die Menschenmenge sich verlaufen hätte.  
 

Zuletzt aktualisiert: 09. April 2017
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