Eine letzte Stätte unter den Menschen

07. Mai 2017 | von

In der Antonius-Biografie Assidua steigen wir wieder ein bei der berühmten Fastenpredigt des heiligen Antonius im Jahr 1231. Seine Worte entfalten eine machtvolle Wirkung, lassen ihn selbst aber auch erschöpft zurück. Vor seinem Tod zieht er sich nach Camposampiero zurück, wo ihm von Graf Tiso die berühmte Zelle im Nussbaum vorbereitet wird. Das wird zu seinen Lebzeiten sein letzter Aufenthaltsort auf dieser Erde sein.

Wo gestritten wurde, stellte Antonius den brüderlichen Frieden wieder her. Er gab den Gefangenen ihre Freiheit wieder zurück. Er sorgte dafür, dass das zurückerstattet wurde, was mit Wucherei oder Gewalt geraubt worden war. Und es kam sogar so weit, dass man Häuser und Grundstücke mit Hypotheken belastete, um den Erlös zu Füßen des Heiligen niederzulegen. Auf seinen Rat hin wurde den Geschädigten ihr Gut zurückgegeben, egal ob es vorher auf gütlichem oder gewaltsamem Weg den Besitzer gewechselt hatte. Er befreite die Prostituierten aus ihrem abscheulichen Geschäft, und für ihre Missetaten berüchtigte Räuber hielt er davon ab, mit ihren Fingern die Sachen anderer zu stehlen. Auf diese Weise hat er dank seines Eifers eine dem Herrn wohlgefällige Ernte eingefahren, nachdem die 40 Tage vergangen waren.

Sünder bekehren sich
Freilich kann ich nicht stillschweigend darüber hinweggehen, wie er die Sünder zur Beichte bewegte: eine so große Anzahl von Frauen und Männer, dass es nicht genügend Brüder und Priester gab – obwohl eine stattliche Zahl ihn begleitete –, um all die Beichten zu hören. Einige Beichtwillige gaben an, sie seien in einer göttlichen Vision ermahnt und zu Antonius geschickt worden, mit dem Auftrag, seinem Rat Folge zu leisten. Andere, die sich nach seinem Tod den Brüdern anvertrauten, bekräftigten, dass ihnen nachts im Traum der selige Antonius erschienen sei, um ihnen die Namen der Brüder zu nennen, zu denen er sie schickte.

Antonius kündigt seinen Tod an
Schon lange im Voraus wusste Antonius, der glorreiche Bekenner Gottes, das Datum, wann er sterben würde. Um den Brüdern aber nicht zu viel Schmerz zu bereiten, versuchte er, durch vorsichtiges Täuschen das nahende Ende zu verheimlichen. Etwa 15 Tage, bevor er die Schulden des Fleisches zahlen sollte und als er gerade die liebliche Ebene Paduas von der Höhe eines Hügels, auf dem er sich befand, betrachtete, pries er mit frohlockender Seele die Lage der Stadt. Er wandte sich einem Bruder zu, der ihn auf der Reise begleitete, und prophezeite ihm, dass dieser Stadt binnen kurzer Zeit eine große Ehre zuteil werde. Welche Ehre dies sei und von wem sie ihr verliehen werde, dazu sagte er weiter nichts. Wir gehen heute mit Sicherheit davon aus, dass die Ehren der Stadt Padua nichts anderes als die Verdienste der Heiligkeit des Antonius waren, für die sie in Kürze berühmt werden sollte. Und schon sehen wir sie mit wunderbarem und ungewohntem Lob überhäuft.

Eine Zelle im Nussbaum
Während sich diese Ereignisse zutragen, näherte sich die Erntezeit. Der treue und umsichtige Diener Gottes entschloss sich, bis auf weiteres seine Predigtreihe zu unterbrechen, weil er sah, dass sich das Volk der nötigen Erntearbeit widmen musste. Nachdem die Menge entlassen war, suchte er sich einen abgelegenen Ort und zog nach Camposampiero. Er sehnte sich danach, ungestörte Einsamkeit zu finden.
Ganz glücklich über seine Ankunft entbot ein Adeliger namens Tiso dem Antonius, dem Diener Gottes, seine höchste Ehrerbietung. Auch die Einsiedelei der Brüder lag auf dem Gebiet seiner Herrschaft. Dieser Herr besaß, nicht weit vom Aufenthaltsort der Brüder entfernt, einen dichten Wald, wo zwischen verschiedenen anderen Pflanzen ein mächtiger Nussbaum gewachsen war. Von dessen Stamm aus streckten sich sechs Äste in die Höhe, die so eine Art Krone aus Zweigen bildeten. Eines Tages hatte der Mann Gottes die Schönheit dieses Baumes bewundert und beschloss sogleich auf Eingebung des Heiligen Geistes, sich auf dem Nussbaum eine Zelle einzurichten. Denn der Ort bot ihm eine ungeahnte Einsamkeit und eine Atmosphäre, die der Betrachtung förderlich war.
Kaum, dass der Adelige Tiso durch die Brüder von diesem Wunsch erfuhr, baute er mit seinen eigenen Händen eine Zelle aus Matten, nachdem er Stangen mit den Ästen verflochten hatte. Ähnliche Zellen baute er auch für die beiden Begleiter, wobei er allerdings für die obere Zelle, die für den Heiligen bestimmt war, mehr Sorgfalt aufwandte. Die anderen baute er nach dem Willen der Brüder, wenn auch mit weniger Sorgfalt. In dieser Zelle führte Antonius, der Diener Gottes, ein Leben, das des Himmelreiches würdig war; er war ausdauernd wie eine Arbeitsbiene in seiner Hingabe an die heilige Betrachtung. Dies war sein letzter Aufenthaltsort unter den Lebenden. Indem er zu seiner Zelle auf dem Baum hinaufstieg, zeigte er, dass er sich dem Himmel näherte.

Zuletzt aktualisiert: 07. Mai 2017
Kommentar